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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.
Der feurige Thesbit, dem seel und leib zusammen
Gen himmel ward geholt, vom kutschen voller flammen,
Der muste gleichwohl vor der Jsebel entgehn:
Den Christus sonderlich ließ an der seiten stehn,
Den er so trefflich sehr vor andern pflag zu lieben,
Ward durch des kaysers bann in Pathmos hin vertrieben;
Doch kömmt man anderswo bißweilen besser an,
Als kaum ein guter freund zu hause rathen kan.
Es gieng dem Joseph traun in solchem elends-stande
Weit besser, als zuvor, in seinem vaterlande,
Dieweil er alle noth, so auf die brüder fiel,
Jn guter ruh verschlief im lande, wo der Nil
An statt des regens ist. Jn meinem strengen orden,
Darein ich war gesetzt, ist Breßlau endlich worden
Der hafen meiner ruh, so mir nicht mißgefällt.
Es ehre, wer da will, die göttin dieser welt,
Die grosse mutter Rom; Jch rühme mehr die gaben,
Mit welchen Breßlau ist, die edle stadt, erhaben,
Der auszug der natur, der erden schöne zier:
Doch meiner Musen schutz und aufenthalt in ihr,
Herr Rhenisch! euch noch mehr. Viel eher soll der wagen
Des hellen Phaethons durch alle häuser jagen,
Als ich durch euren ruhm. Das hertze voller treu,
Und immer wohl zu thun, das führt ihr blos und frey:
Jhr dencket, was ihr redt, und redet, was ihr dencket,
Tragt nicht was heimliches im hertzen tieff versencket,
Das andern schaden bringt: Jhr schencket klaren wein,
Seyd sonder alles falsch, und haßt der worte schein,
Die glatte henckerey: Wornach wir sollen hauen,
Das können wir an euch, als einem spiegel, schauen.
O wohl dem, welcher so, wie ihr, kein anders thut,
Herr Rhenisch! als wozu ein junges freyes blut
Gantz sicher kommen mag, und auf die wage setzen
Das wesen, so er führt. Ein stein pflegt stahl zu wetzen,
Ein lehrer junges volck; Der lehrt in wahrheit nicht,
Den seine lehre selbst mit schanden unrecht spricht.
Jhr
Vermiſchte Getichte.
Der feurige Thesbit, dem ſeel und leib zuſammen
Gen himmel ward geholt, vom kutſchen voller flammen,
Der muſte gleichwohl vor der Jſebel entgehn:
Den Chriſtus ſonderlich ließ an der ſeiten ſtehn,
Den er ſo trefflich ſehr vor andern pflag zu lieben,
Ward durch des kayſers bann in Pathmos hin vertrieben;
Doch koͤmmt man anderswo bißweilen beſſer an,
Als kaum ein guter freund zu hauſe rathen kan.
Es gieng dem Joſeph traun in ſolchem elends-ſtande
Weit beſſer, als zuvor, in ſeinem vaterlande,
Dieweil er alle noth, ſo auf die bruͤder fiel,
Jn guter ruh verſchlief im lande, wo der Nil
An ſtatt des regens iſt. Jn meinem ſtrengen orden,
Darein ich war geſetzt, iſt Breßlau endlich worden
Der hafen meiner ruh, ſo mir nicht mißgefaͤllt.
Es ehre, wer da will, die goͤttin dieſer welt,
Die groſſe mutter Rom; Jch ruͤhme mehr die gaben,
Mit welchen Breßlau iſt, die edle ſtadt, erhaben,
Der auszug der natur, der erden ſchoͤne zier:
Doch meiner Muſen ſchutz und aufenthalt in ihr,
Herꝛ Rheniſch! euch noch mehr. Viel eher ſoll der wagen
Des hellen Phaethons durch alle haͤuſer jagen,
Als ich durch euren ruhm. Das hertze voller treu,
Und immer wohl zu thun, das fuͤhrt ihr blos und frey:
Jhr dencket, was ihr redt, und redet, was ihr dencket,
Tragt nicht was heimliches im hertzen tieff verſencket,
Das andern ſchaden bringt: Jhr ſchencket klaren wein,
Seyd ſonder alles falſch, und haßt der worte ſchein,
Die glatte henckerey: Wornach wir ſollen hauen,
Das koͤnnen wir an euch, als einem ſpiegel, ſchauen.
O wohl dem, welcher ſo, wie ihr, kein anders thut,
Herꝛ Rheniſch! als wozu ein junges freyes blut
Gantz ſicher kommen mag, und auf die wage ſetzen
Das weſen, ſo er fuͤhrt. Ein ſtein pflegt ſtahl zu wetzen,
Ein lehrer junges volck; Der lehrt in wahrheit nicht,
Den ſeine lehre ſelbſt mit ſchanden unrecht ſpricht.
Jhr
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[276/0300] Vermiſchte Getichte. Der feurige Thesbit, dem ſeel und leib zuſammen Gen himmel ward geholt, vom kutſchen voller flammen, Der muſte gleichwohl vor der Jſebel entgehn: Den Chriſtus ſonderlich ließ an der ſeiten ſtehn, Den er ſo trefflich ſehr vor andern pflag zu lieben, Ward durch des kayſers bann in Pathmos hin vertrieben; Doch koͤmmt man anderswo bißweilen beſſer an, Als kaum ein guter freund zu hauſe rathen kan. Es gieng dem Joſeph traun in ſolchem elends-ſtande Weit beſſer, als zuvor, in ſeinem vaterlande, Dieweil er alle noth, ſo auf die bruͤder fiel, Jn guter ruh verſchlief im lande, wo der Nil An ſtatt des regens iſt. Jn meinem ſtrengen orden, Darein ich war geſetzt, iſt Breßlau endlich worden Der hafen meiner ruh, ſo mir nicht mißgefaͤllt. Es ehre, wer da will, die goͤttin dieſer welt, Die groſſe mutter Rom; Jch ruͤhme mehr die gaben, Mit welchen Breßlau iſt, die edle ſtadt, erhaben, Der auszug der natur, der erden ſchoͤne zier: Doch meiner Muſen ſchutz und aufenthalt in ihr, Herꝛ Rheniſch! euch noch mehr. Viel eher ſoll der wagen Des hellen Phaethons durch alle haͤuſer jagen, Als ich durch euren ruhm. Das hertze voller treu, Und immer wohl zu thun, das fuͤhrt ihr blos und frey: Jhr dencket, was ihr redt, und redet, was ihr dencket, Tragt nicht was heimliches im hertzen tieff verſencket, Das andern ſchaden bringt: Jhr ſchencket klaren wein, Seyd ſonder alles falſch, und haßt der worte ſchein, Die glatte henckerey: Wornach wir ſollen hauen, Das koͤnnen wir an euch, als einem ſpiegel, ſchauen. O wohl dem, welcher ſo, wie ihr, kein anders thut, Herꝛ Rheniſch! als wozu ein junges freyes blut Gantz ſicher kommen mag, und auf die wage ſetzen Das weſen, ſo er fuͤhrt. Ein ſtein pflegt ſtahl zu wetzen, Ein lehrer junges volck; Der lehrt in wahrheit nicht, Den ſeine lehre ſelbſt mit ſchanden unrecht ſpricht. Jhr

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/300>, abgerufen am 25.11.2024.