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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.


Erfahrung und verstand hat dir ja längst entdeckt,
Wie nur des hofes luft auf lauterm eise leite,
Und offtmahls sonder schuld ein fallen zubereite,
Wenn ihre falsche kost am allerbesten schmeckt.
Hier will die sonne nicht stets sonder wolcken scheinen:
Der, so den morgen lacht, muß offt den abend weinen.


Daß auch nicht allezeit herr, oder vaterland,
Mit gleicher danckbarkeit bezahle müh und wunden,
Die mancher braver held nur blos um sie empfunden,
Als er sein tapffres blut in ihren dienst verwand;
Das würde, wenn er nur anitzo noch am leben,
Uns der - - - - ein wahres zeugniß geben.


Wie manchem wird gelohnt, als ob er mit verrath,
Mit untreu, trug und list, sich überall beschmützet,
Der doch der unschuld selbst in ihrem schose sitzet,
Und nichts denn reine treu erwiesen in der that.
Hier ist Parmenio, und zeigt die mörder-wunde,
Die vor den langen dienst er sonder schuld empfunde.


Was that nicht Mutius, als mit der rechten hand
Jm auge seines feinds er jeue flamme nehrte,
Die zwar derselben fleisch, doch nicht den ruhm verzehrte,
Den ruhm, der sonder schlacht den feind hier überwand.
Den feind, der sich getraut viel reiche zu bekriegen,
Kan blos ein Mutius mit seinem muth besiegen.


Nun dieser nahm die hand; du nimmst den ehren-ruhm,
Und lernest ihn anitzt die feuer-proben kennen:
Jtzt muß er in der gluth der grösten neider brennen;
Doch bleibt die reinigkeit sein stetes eigenthum.
Dein felsen-fester mund wird seinen lorbeer finden,
Und mehr, denn Mutius, die neider überwinden.
Dein
R 5
Vermiſchte Getichte.


Erfahrung und verſtand hat dir ja laͤngſt entdeckt,
Wie nur des hofes luft auf lauterm eiſe leite,
Und offtmahls ſonder ſchuld ein fallen zubereite,
Wenn ihre falſche koſt am allerbeſten ſchmeckt.
Hier will die ſonne nicht ſtets ſonder wolcken ſcheinen:
Der, ſo den morgen lacht, muß offt den abend weinen.


Daß auch nicht allezeit herꝛ, oder vaterland,
Mit gleicher danckbarkeit bezahle muͤh und wunden,
Die mancher braver held nur blos um ſie empfunden,
Als er ſein tapffres blut in ihren dienſt verwand;
Das wuͤrde, wenn er nur anitzo noch am leben,
Uns der ‒ ‒ ‒ ‒ ein wahres zeugniß geben.


Wie manchem wird gelohnt, als ob er mit verrath,
Mit untreu, trug und liſt, ſich uͤberall beſchmuͤtzet,
Der doch der unſchuld ſelbſt in ihrem ſchoſe ſitzet,
Und nichts denn reine treu erwieſen in der that.
Hier iſt Parmenio, und zeigt die moͤrder-wunde,
Die vor den langen dienſt er ſonder ſchuld empfunde.


Was that nicht Mutius, als mit der rechten hand
Jm auge ſeines feinds er jeue flamme nehrte,
Die zwar derſelben fleiſch, doch nicht den ruhm verzehrte,
Den ruhm, der ſonder ſchlacht den feind hier uͤberwand.
Den feind, der ſich getraut viel reiche zu bekriegen,
Kan blos ein Mutius mit ſeinem muth beſiegen.


Nun dieſer nahm die hand; du nimmſt den ehren-ruhm,
Und lerneſt ihn anitzt die feuer-proben kennen:
Jtzt muß er in der gluth der groͤſten neider brennen;
Doch bleibt die reinigkeit ſein ſtetes eigenthum.
Dein felſen-feſter mund wird ſeinen lorbeer finden,
Und mehr, denn Mutius, die neider uͤberwinden.
Dein
R 5
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[265/0289] Vermiſchte Getichte. Erfahrung und verſtand hat dir ja laͤngſt entdeckt, Wie nur des hofes luft auf lauterm eiſe leite, Und offtmahls ſonder ſchuld ein fallen zubereite, Wenn ihre falſche koſt am allerbeſten ſchmeckt. Hier will die ſonne nicht ſtets ſonder wolcken ſcheinen: Der, ſo den morgen lacht, muß offt den abend weinen. Daß auch nicht allezeit herꝛ, oder vaterland, Mit gleicher danckbarkeit bezahle muͤh und wunden, Die mancher braver held nur blos um ſie empfunden, Als er ſein tapffres blut in ihren dienſt verwand; Das wuͤrde, wenn er nur anitzo noch am leben, Uns der ‒ ‒ ‒ ‒ ein wahres zeugniß geben. Wie manchem wird gelohnt, als ob er mit verrath, Mit untreu, trug und liſt, ſich uͤberall beſchmuͤtzet, Der doch der unſchuld ſelbſt in ihrem ſchoſe ſitzet, Und nichts denn reine treu erwieſen in der that. Hier iſt Parmenio, und zeigt die moͤrder-wunde, Die vor den langen dienſt er ſonder ſchuld empfunde. Was that nicht Mutius, als mit der rechten hand Jm auge ſeines feinds er jeue flamme nehrte, Die zwar derſelben fleiſch, doch nicht den ruhm verzehrte, Den ruhm, der ſonder ſchlacht den feind hier uͤberwand. Den feind, der ſich getraut viel reiche zu bekriegen, Kan blos ein Mutius mit ſeinem muth beſiegen. Nun dieſer nahm die hand; du nimmſt den ehren-ruhm, Und lerneſt ihn anitzt die feuer-proben kennen: Jtzt muß er in der gluth der groͤſten neider brennen; Doch bleibt die reinigkeit ſein ſtetes eigenthum. Dein felſen-feſter mund wird ſeinen lorbeer finden, Und mehr, denn Mutius, die neider uͤberwinden. Dein R 5

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/289>, abgerufen am 18.05.2024.