Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Getichte.


Geehrter Weissenborn! den heut der weisen rath
An ihre seite setzt, dich muß man hier befragen:
Dich, den der weißheits-brunn bißher vergnüget hat.
Du wirst ein frohes ja zu unsern worten sagen;
Denn wer der weisen schrifft so hurtig durchgesucht,
Und, was nach thorheit schmeckt, mit recht und ernst verflucht:
Ja wen die Gratien sich selber zugesellen,
Der wird den besten schluß von diesem brunnen fällen.


Wohlan! so quelle denn dein weißheits-brunn stets klar,
Und zeige dir den weg zu höhern ehren-bühnen!
Der abfluß stelle sich zu keinen zeiten dar,
Damit du kanst der welt mit raren früchten dienen!
Uns aber, die dein glück, gleichwie dich selbst, ergetzt,
Laß, wenn der himmel es noch künfftig fester setzt,
Und wenn dir glück und zeit was mehrers wird bestellen,
Aus deinem freundschaffts-brunn vergnügungs-ströme quellen!



Als Herr J. P. Artopoeus an. 1706 d. 20 Jan.
zu Halle Medic. Doct. wurde.

E. G.
JHr! die ihr, von dem wahn des pöbels eingenommen,
Das werck der medicin als gauckel-possen schmäht,
Jhr habt vorlängsten zwar schon euren text bekommen;
Jedoch, weil ihr noch offt durch staar und hülsen seht,
So will die poesie ohn alles kopff-zerbrechen,
Aus lieb euch noch einmahl das fell von augen stechen.
Gefällt euch dieses nicht, so reist es selbst entzwey,
Und sprecht die medicin von eurem schimpffen frey.


Der ehrgeitz darff sie nicht zum werck der götter machen?
Sie braucht zu ihrem ruhm nicht abgeschmackten wahn;
Sie pfleget selbst den schwarm der alten zu verlachen,
Und liebet einen schluß, den man beweisen kan.
Die
Vermiſchte Getichte.


Geehrter Weiſſenborn! den heut der weiſen rath
An ihre ſeite ſetzt, dich muß man hier befragen:
Dich, den der weißheits-brunn bißher vergnuͤget hat.
Du wirſt ein frohes ja zu unſern worten ſagen;
Denn wer der weiſen ſchrifft ſo hurtig durchgeſucht,
Und, was nach thorheit ſchmeckt, mit recht und ernſt verflucht:
Ja wen die Gratien ſich ſelber zugeſellen,
Der wird den beſten ſchluß von dieſem brunnen faͤllen.


Wohlan! ſo quelle denn dein weißheits-brunn ſtets klar,
Und zeige dir den weg zu hoͤhern ehren-buͤhnen!
Der abfluß ſtelle ſich zu keinen zeiten dar,
Damit du kanſt der welt mit raren fruͤchten dienen!
Uns aber, die dein gluͤck, gleichwie dich ſelbſt, ergetzt,
Laß, wenn der himmel es noch kuͤnfftig feſter ſetzt,
Und wenn dir gluͤck und zeit was mehrers wird beſtellen,
Aus deinem freundſchaffts-brunn vergnuͤgungs-ſtroͤme quellen!



Als Herꝛ J. P. Artopœus an. 1706 d. 20 Jan.
zu Halle Medic. Doct. wurde.

E. G.
JHr! die ihr, von dem wahn des poͤbels eingenommen,
Das werck der medicin als gauckel-poſſen ſchmaͤht,
Jhr habt vorlaͤngſten zwar ſchon euren text bekommen;
Jedoch, weil ihr noch offt durch ſtaar und huͤlſen ſeht,
So will die poeſie ohn alles kopff-zerbrechen,
Aus lieb euch noch einmahl das fell von augen ſtechen.
Gefaͤllt euch dieſes nicht, ſo reiſt es ſelbſt entzwey,
Und ſprecht die medicin von eurem ſchimpffen frey.


Der ehrgeitz darff ſie nicht zum werck der goͤtter machen?
Sie braucht zu ihrem ruhm nicht abgeſchmackten wahn;
Sie pfleget ſelbſt den ſchwarm der alten zu verlachen,
Und liebet einen ſchluß, den man beweiſen kan.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0274" n="250"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Getichte.</hi> </fw><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg n="18">
              <l>Geehrter Wei&#x017F;&#x017F;enborn! den heut der wei&#x017F;en rath</l><lb/>
              <l>An ihre &#x017F;eite &#x017F;etzt, dich muß man hier befragen:</l><lb/>
              <l>Dich, den der weißheits-brunn bißher vergnu&#x0364;get hat.</l><lb/>
              <l>Du wir&#x017F;t ein frohes ja zu un&#x017F;ern worten &#x017F;agen;</l><lb/>
              <l>Denn wer der wei&#x017F;en &#x017F;chrifft &#x017F;o hurtig durchge&#x017F;ucht,</l><lb/>
              <l>Und, was nach thorheit &#x017F;chmeckt, mit recht und ern&#x017F;t verflucht:</l><lb/>
              <l>Ja wen die Gratien &#x017F;ich &#x017F;elber zuge&#x017F;ellen,</l><lb/>
              <l>Der wird den be&#x017F;ten &#x017F;chluß von die&#x017F;em brunnen fa&#x0364;llen.</l>
            </lg><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg n="19">
              <l>Wohlan! &#x017F;o quelle denn dein weißheits-brunn &#x017F;tets klar,</l><lb/>
              <l>Und zeige dir den weg zu ho&#x0364;hern ehren-bu&#x0364;hnen!</l><lb/>
              <l>Der abfluß &#x017F;telle &#x017F;ich zu keinen zeiten dar,</l><lb/>
              <l>Damit du kan&#x017F;t der welt mit raren fru&#x0364;chten dienen!</l><lb/>
              <l>Uns aber, die dein glu&#x0364;ck, gleichwie dich &#x017F;elb&#x017F;t, ergetzt,</l><lb/>
              <l>Laß, wenn der himmel es noch ku&#x0364;nfftig fe&#x017F;ter &#x017F;etzt,</l><lb/>
              <l>Und wenn dir glu&#x0364;ck und zeit was mehrers wird be&#x017F;tellen,</l><lb/>
              <l>Aus deinem freund&#x017F;chaffts-brunn vergnu&#x0364;gungs-&#x017F;tro&#x0364;me quellen!</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head><hi rendition="#b">Als Her&#xA75B; J. P. <hi rendition="#aq">Artop&#x0153;us an. 1706 d. 20 Jan.</hi><lb/>
zu Halle <hi rendition="#aq">Medic. Doct.</hi> wurde.</hi><lb/>
E. G.</head><lb/>
            <lg n="20">
              <l><hi rendition="#in">J</hi>Hr! die ihr, von dem wahn des po&#x0364;bels eingenommen,</l><lb/>
              <l>Das werck der medicin als gauckel-po&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chma&#x0364;ht,</l><lb/>
              <l>Jhr habt vorla&#x0364;ng&#x017F;ten zwar &#x017F;chon euren text bekommen;</l><lb/>
              <l>Jedoch, weil ihr noch offt durch &#x017F;taar und hu&#x0364;l&#x017F;en &#x017F;eht,</l><lb/>
              <l>So will die poe&#x017F;ie ohn alles kopff-zerbrechen,</l><lb/>
              <l>Aus lieb euch noch einmahl das fell von augen &#x017F;techen.</l><lb/>
              <l>Gefa&#x0364;llt euch die&#x017F;es nicht, &#x017F;o rei&#x017F;t es &#x017F;elb&#x017F;t entzwey,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;precht die medicin von eurem &#x017F;chimpffen frey.</l>
            </lg><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg n="21">
              <l>Der ehrgeitz darff &#x017F;ie nicht zum werck der go&#x0364;tter machen?</l><lb/>
              <l>Sie braucht zu ihrem ruhm nicht abge&#x017F;chmackten wahn;</l><lb/>
              <l>Sie pfleget &#x017F;elb&#x017F;t den &#x017F;chwarm der alten zu verlachen,</l><lb/>
              <l>Und liebet einen &#x017F;chluß, den man bewei&#x017F;en kan.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0274] Vermiſchte Getichte. Geehrter Weiſſenborn! den heut der weiſen rath An ihre ſeite ſetzt, dich muß man hier befragen: Dich, den der weißheits-brunn bißher vergnuͤget hat. Du wirſt ein frohes ja zu unſern worten ſagen; Denn wer der weiſen ſchrifft ſo hurtig durchgeſucht, Und, was nach thorheit ſchmeckt, mit recht und ernſt verflucht: Ja wen die Gratien ſich ſelber zugeſellen, Der wird den beſten ſchluß von dieſem brunnen faͤllen. Wohlan! ſo quelle denn dein weißheits-brunn ſtets klar, Und zeige dir den weg zu hoͤhern ehren-buͤhnen! Der abfluß ſtelle ſich zu keinen zeiten dar, Damit du kanſt der welt mit raren fruͤchten dienen! Uns aber, die dein gluͤck, gleichwie dich ſelbſt, ergetzt, Laß, wenn der himmel es noch kuͤnfftig feſter ſetzt, Und wenn dir gluͤck und zeit was mehrers wird beſtellen, Aus deinem freundſchaffts-brunn vergnuͤgungs-ſtroͤme quellen! Als Herꝛ J. P. Artopœus an. 1706 d. 20 Jan. zu Halle Medic. Doct. wurde. E. G. JHr! die ihr, von dem wahn des poͤbels eingenommen, Das werck der medicin als gauckel-poſſen ſchmaͤht, Jhr habt vorlaͤngſten zwar ſchon euren text bekommen; Jedoch, weil ihr noch offt durch ſtaar und huͤlſen ſeht, So will die poeſie ohn alles kopff-zerbrechen, Aus lieb euch noch einmahl das fell von augen ſtechen. Gefaͤllt euch dieſes nicht, ſo reiſt es ſelbſt entzwey, Und ſprecht die medicin von eurem ſchimpffen frey. Der ehrgeitz darff ſie nicht zum werck der goͤtter machen? Sie braucht zu ihrem ruhm nicht abgeſchmackten wahn; Sie pfleget ſelbſt den ſchwarm der alten zu verlachen, Und liebet einen ſchluß, den man beweiſen kan. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/274
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/274>, abgerufen am 25.11.2024.