Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Begräbniß-Getichte. Gebt Persien den ruhm, daß es die kunst gebahr,Des nahmens ewigkeit in stein und kalck zu prägen! Last Syrien den grund zur wunder-säulen legen, Und sagt, daß Griechenland im bauen meister war: Erhebet Rom mit ruhm, die mutter der paläste, Und nennet diese stadt der städte wunder-werck: Entwerfft das Vatican, rühmt des Quirinus berg, Das grosse Capitol und Alexanders veste: Sagt, was Farnesius und was Colonn gebaut, Auch was sich prächtiges von dem Borghesi schreibet! Doch wenn ihr alles diß entsetzlich angeschaut, So findet ihr doch nichts, was immer etwas bleibet. Geht weiter in die welt! seht, was Europa hat! Wie sich Jberien mit Philipps kloster zieret: Und wie Versailles der liljen scepter führet! Vergesset nicht den Haag, das dorff trotz einer stadt! Last euch das Witehall, das haus von Ryßwick zeigen: Beschauet das Serrail, wo Gog und Magog sitzt: Seht, wo der printzen printz sich auf die fürsten stützt, Und wo paläste sich vor unsern adler neigen: Bewundert Brennus bau, den hand und klugheit schmückt: Fragt jegliche provintz, wodurch sie kenntlich werde! Doch sagt mir, ob ihr auch was ewiges erblickt? Mich deucht, die antwort fällt: Die erde trägt nur erde. Drum schliest die augen auf, ihr bürger dieser welt! Erkennt des lebens traum, die schwindsucht dieser zeiten! Last grosser fürsten fuß auf alabaster gleiten! Der tod hemmt ihren gaug, der moder frist ihr zelt. Und wenn ihr berg auf berg, thürm' über thürme setzet; So bleibt doch wirth und haus des wechsels unterthau. Rom sah des Nero burg mit blassem eyfer an, Bey dem rubin und gold vor scherbel nur geschätzet; Nach Vejos, rieff das volck: Rom wird ein eintzig haus! So wird auch neid und zeit der kühnen nach-welt lachen! Ja beyde ruffen schon in allen grentzen aus: Man will die gantze welt zu einem hause machen. Wer
Begraͤbniß-Getichte. Gebt Perſien den ruhm, daß es die kunſt gebahr,Des nahmens ewigkeit in ſtein und kalck zu praͤgen! Laſt Syrien den grund zur wunder-ſaͤulen legen, Und ſagt, daß Griechenland im bauen meiſter war: Erhebet Rom mit ruhm, die mutter der palaͤſte, Und nennet dieſe ſtadt der ſtaͤdte wunder-werck: Entwerfft das Vatican, ruͤhmt des Quirinus berg, Das groſſe Capitol und Alexanders veſte: Sagt, was Farneſius und was Colonn gebaut, Auch was ſich praͤchtiges von dem Borgheſi ſchreibet! Doch wenn ihr alles diß entſetzlich angeſchaut, So findet ihr doch nichts, was immer etwas bleibet. Geht weiter in die welt! ſeht, was Europa hat! Wie ſich Jberien mit Philipps kloſter zieret: Und wie Verſailles der liljen ſcepter fuͤhret! Vergeſſet nicht den Haag, das dorff trotz einer ſtadt! Laſt euch das Witehall, das haus von Ryßwick zeigen: Beſchauet das Serrail, wo Gog und Magog ſitzt: Seht, wo der printzen printz ſich auf die fuͤrſten ſtuͤtzt, Und wo palaͤſte ſich vor unſern adler neigen: Bewundert Brennus bau, den hand und klugheit ſchmuͤckt: Fragt jegliche provintz, wodurch ſie kenntlich werde! Doch ſagt mir, ob ihr auch was ewiges erblickt? Mich deucht, die antwort faͤllt: Die erde traͤgt nur erde. Drum ſchlieſt die augen auf, ihr buͤrger dieſer welt! Erkennt des lebens traum, die ſchwindſucht dieſer zeiten! Laſt groſſer fuͤrſten fuß auf alabaſter gleiten! Der tod hemmt ihren gaug, der moder friſt ihr zelt. Und wenn ihr berg auf berg, thuͤrm’ uͤber thuͤrme ſetzet; So bleibt doch wirth und haus des wechſels unterthau. Rom ſah des Nero burg mit blaſſem eyfer an, Bey dem rubin und gold vor ſcherbel nur geſchaͤtzet; Nach Vejos, rieff das volck: Rom wird ein eintzig haus! So wird auch neid und zeit der kuͤhnen nach-welt lachen! Ja beyde ruffen ſchon in allen grentzen aus: Man will die gantze welt zu einem hauſe machen. Wer
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Begraͤbniß-Getichte.
Gebt Perſien den ruhm, daß es die kunſt gebahr,
Des nahmens ewigkeit in ſtein und kalck zu praͤgen!
Laſt Syrien den grund zur wunder-ſaͤulen legen,
Und ſagt, daß Griechenland im bauen meiſter war:
Erhebet Rom mit ruhm, die mutter der palaͤſte,
Und nennet dieſe ſtadt der ſtaͤdte wunder-werck:
Entwerfft das Vatican, ruͤhmt des Quirinus berg,
Das groſſe Capitol und Alexanders veſte:
Sagt, was Farneſius und was Colonn gebaut,
Auch was ſich praͤchtiges von dem Borgheſi ſchreibet!
Doch wenn ihr alles diß entſetzlich angeſchaut,
So findet ihr doch nichts, was immer etwas bleibet.
Geht weiter in die welt! ſeht, was Europa hat!
Wie ſich Jberien mit Philipps kloſter zieret:
Und wie Verſailles der liljen ſcepter fuͤhret!
Vergeſſet nicht den Haag, das dorff trotz einer ſtadt!
Laſt euch das Witehall, das haus von Ryßwick zeigen:
Beſchauet das Serrail, wo Gog und Magog ſitzt:
Seht, wo der printzen printz ſich auf die fuͤrſten ſtuͤtzt,
Und wo palaͤſte ſich vor unſern adler neigen:
Bewundert Brennus bau, den hand und klugheit ſchmuͤckt:
Fragt jegliche provintz, wodurch ſie kenntlich werde!
Doch ſagt mir, ob ihr auch was ewiges erblickt?
Mich deucht, die antwort faͤllt: Die erde traͤgt nur erde.
Drum ſchlieſt die augen auf, ihr buͤrger dieſer welt!
Erkennt des lebens traum, die ſchwindſucht dieſer zeiten!
Laſt groſſer fuͤrſten fuß auf alabaſter gleiten!
Der tod hemmt ihren gaug, der moder friſt ihr zelt.
Und wenn ihr berg auf berg, thuͤrm’ uͤber thuͤrme ſetzet;
So bleibt doch wirth und haus des wechſels unterthau.
Rom ſah des Nero burg mit blaſſem eyfer an,
Bey dem rubin und gold vor ſcherbel nur geſchaͤtzet;
Nach Vejos, rieff das volck: Rom wird ein eintzig haus!
So wird auch neid und zeit der kuͤhnen nach-welt lachen!
Ja beyde ruffen ſchon in allen grentzen aus:
Man will die gantze welt zu einem hauſe machen.
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