Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Begräbniß-Getichte. Du weinst und herrschest auch: Und beyderley geschiehetVon dir mit solcher art, als man von keinem siehet, Der doch nur eines thut. Der könig strahlt und bricht Aus allen thaten vor: Und wer ist, der ihn nicht Bey deiner trauer findt? Charlotte hatte gaben, Die wenig eintzeln kaum, die meisten gar nicht haben: Allein du führst sie auch mit solcher pracht dahin, Herr! als begrübest du der erden königin. Sie war allein geschickt, dein auge zu ergetzen: Du bist allein geschickt, sie in die grufft zu setzen. Jedoch, was sag ich grufft? Du bist allein geschickt Zu überwinden, held! was andre niederdrückt. Viel würden, hätten sie nur halb so viel besessen, Bey solcher änderung pflicht und sich selbst vergessen; Du bleibst stets, der du bist: Und da dein hertze sich Kaum für betrübniß kennt, gehst du doch ordentlich Jn allem deinen thun, und läßt ein grabmahl bauen, Bey dessen glantze man dich und zugleich kan schauen, Wieviel du, herr! begräbst. Eh' dieses kaum gethan, So legt dein eyfer schon ein hauß der tugend an: Und zwar hier in Berlin, wo man nun alles lernet, Was unsern adel sonst reich nach Pariß entfernet, Und arm zurücke schickt: Ja, wo an dir allein, Held! mehr zu lernen ist, als alle künste seyn. Fürwahr das rechte maas in lieb und leid zu finden, Jm felde schrecklich seyn, academien gründen, Sind dinge, die wohl nie auf einen tag geschehn. Und hier geschehn sie doch. Wir können nicht mehr sehn, Was nicht auch seltsam ist, und andern, die es hören, Als eine fabel klingt. Stadt, land und reich vermehren, Und nachbarn hülffe thun, ist viel; nicht aber hier: Europa hoffet noch was grösseres von dir. Und ach! was solte man von deiner hand nicht hoffen, Da, was kein mensch gehofft, so herrlich eingetroffen? Wie glücklich sind wir denn, da uns der himmel schlägt, Daß er die gröste last auf deine schulter legt, Die
Begraͤbniß-Getichte. Du weinſt und herꝛſcheſt auch: Und beyderley geſchiehetVon dir mit ſolcher art, als man von keinem ſiehet, Der doch nur eines thut. Der koͤnig ſtrahlt und bricht Aus allen thaten vor: Und wer iſt, der ihn nicht Bey deiner trauer findt? Charlotte hatte gaben, Die wenig eintzeln kaum, die meiſten gar nicht haben: Allein du fuͤhrſt ſie auch mit ſolcher pracht dahin, Herꝛ! als begruͤbeſt du der erden koͤnigin. Sie war allein geſchickt, dein auge zu ergetzen: Du biſt allein geſchickt, ſie in die grufft zu ſetzen. Jedoch, was ſag ich grufft? Du biſt allein geſchickt Zu uͤberwinden, held! was andre niederdruͤckt. Viel wuͤrden, haͤtten ſie nur halb ſo viel beſeſſen, Bey ſolcher aͤnderung pflicht und ſich ſelbſt vergeſſen; Du bleibſt ſtets, der du biſt: Und da dein hertze ſich Kaum fuͤr betruͤbniß kennt, gehſt du doch ordentlich Jn allem deinen thun, und laͤßt ein grabmahl bauen, Bey deſſen glantze man dich und zugleich kan ſchauen, Wieviel du, herꝛ! begraͤbſt. Eh’ dieſes kaum gethan, So legt dein eyfer ſchon ein hauß der tugend an: Und zwar hier in Berlin, wo man nun alles lernet, Was unſern adel ſonſt reich nach Pariß entfernet, Und arm zuruͤcke ſchickt: Ja, wo an dir allein, Held! mehr zu lernen iſt, als alle kuͤnſte ſeyn. Fuͤrwahr das rechte maas in lieb und leid zu finden, Jm felde ſchrecklich ſeyn, academien gruͤnden, Sind dinge, die wohl nie auf einen tag geſchehn. Und hier geſchehn ſie doch. Wir koͤnnen nicht mehr ſehn, Was nicht auch ſeltſam iſt, und andern, die es hoͤren, Als eine fabel klingt. Stadt, land und reich vermehren, Und nachbarn huͤlffe thun, iſt viel; nicht aber hier: Europa hoffet noch was groͤſſeres von dir. Und ach! was ſolte man von deiner hand nicht hoffen, Da, was kein menſch gehofft, ſo herꝛlich eingetroffen? Wie gluͤcklich ſind wir denn, da uns der himmel ſchlaͤgt, Daß er die groͤſte laſt auf deine ſchulter legt, Die
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Begraͤbniß-Getichte.
Du weinſt und herꝛſcheſt auch: Und beyderley geſchiehet
Von dir mit ſolcher art, als man von keinem ſiehet,
Der doch nur eines thut. Der koͤnig ſtrahlt und bricht
Aus allen thaten vor: Und wer iſt, der ihn nicht
Bey deiner trauer findt? Charlotte hatte gaben,
Die wenig eintzeln kaum, die meiſten gar nicht haben:
Allein du fuͤhrſt ſie auch mit ſolcher pracht dahin,
Herꝛ! als begruͤbeſt du der erden koͤnigin.
Sie war allein geſchickt, dein auge zu ergetzen:
Du biſt allein geſchickt, ſie in die grufft zu ſetzen.
Jedoch, was ſag ich grufft? Du biſt allein geſchickt
Zu uͤberwinden, held! was andre niederdruͤckt.
Viel wuͤrden, haͤtten ſie nur halb ſo viel beſeſſen,
Bey ſolcher aͤnderung pflicht und ſich ſelbſt vergeſſen;
Du bleibſt ſtets, der du biſt: Und da dein hertze ſich
Kaum fuͤr betruͤbniß kennt, gehſt du doch ordentlich
Jn allem deinen thun, und laͤßt ein grabmahl bauen,
Bey deſſen glantze man dich und zugleich kan ſchauen,
Wieviel du, herꝛ! begraͤbſt. Eh’ dieſes kaum gethan,
So legt dein eyfer ſchon ein hauß der tugend an:
Und zwar hier in Berlin, wo man nun alles lernet,
Was unſern adel ſonſt reich nach Pariß entfernet,
Und arm zuruͤcke ſchickt: Ja, wo an dir allein,
Held! mehr zu lernen iſt, als alle kuͤnſte ſeyn.
Fuͤrwahr das rechte maas in lieb und leid zu finden,
Jm felde ſchrecklich ſeyn, academien gruͤnden,
Sind dinge, die wohl nie auf einen tag geſchehn.
Und hier geſchehn ſie doch. Wir koͤnnen nicht mehr ſehn,
Was nicht auch ſeltſam iſt, und andern, die es hoͤren,
Als eine fabel klingt. Stadt, land und reich vermehren,
Und nachbarn huͤlffe thun, iſt viel; nicht aber hier:
Europa hoffet noch was groͤſſeres von dir.
Und ach! was ſolte man von deiner hand nicht hoffen,
Da, was kein menſch gehofft, ſo herꝛlich eingetroffen?
Wie gluͤcklich ſind wir denn, da uns der himmel ſchlaͤgt,
Daß er die groͤſte laſt auf deine ſchulter legt,
Die
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