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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Hochzeit-Getichte.


Wie sehr ist doch dein hertz von dieser art entfernt,
Mein Seide! den man nie sieht in die ferne sorgen.
Du hast von jugend auf GOtt recht vertrau'n gelernt;
Wie dir der abend ist, so ist dir auch der morgen.
Du hast dir zwar die welt niemahls zu leicht gemacht;
Doch hast du niemahls auch so weit voraus gedacht.


Die heyrath, die du thatst, geschah' nach GOttes willen;
Nicht aber nach der kunst der überklugen welt.
Man sah' dich nicht vorher mit geld den kasten füllen:
Du dachtst an keinen dienst, doch war er schon bestellt,
Allein was vielen fehlt, die ohne sorgen leben,
War, daß du keinen tag ohn arbeit hingegeben.


Drum ist dir auch dein thun biß diesen tag geglückt:
Du hast, was ihrer viel umsonst zu früh begehren.
Wer deine freunde kennt, und deinen tisch anblickt,
Der denckt, sie müsten dich das erste jahr verzehren.
Es leben viel von dir, und gleichwohl sieht man nicht,
Daß ihnen hülff und rath, dir jemahls brod gebricht.


Wie du mit dir gethan, thust du mit deinem kinde.
Du giebst es mit bedacht und ohne kummer hin.
Ob sich dein schwieger-sohn auch in die nahrung finde!
Ob er bemittelt sey? das kommt dir nicht in sinn.
Du siehest auf sein hertz, und läst den Höchsten rathen.
Der GOtt, der menschen schafft, der schafft auch wohl dueaten.


Ach! dächte jeder so, wie glücklich wären wir!
Man würde nicht so viel bey ehen unruh fehen.
Hier wirfft ein wüster mann der frau die mängel für;
Warum? Dieweil ihm nicht an gelde gnug geschehen:
Dort pocht ein stoltzes weib auf ihren klumpen gold,
Und billich; weil sie doch uns jeden kuß verzollt.
Dein
G 5
Hochzeit-Getichte.


Wie ſehr iſt doch dein hertz von dieſer art entfernt,
Mein Seide! den man nie ſieht in die ferne ſorgen.
Du haſt von jugend auf GOtt recht vertrau’n gelernt;
Wie dir der abend iſt, ſo iſt dir auch der morgen.
Du haſt dir zwar die welt niemahls zu leicht gemacht;
Doch haſt du niemahls auch ſo weit voraus gedacht.


Die heyrath, die du thatſt, geſchah’ nach GOttes willen;
Nicht aber nach der kunſt der uͤberklugen welt.
Man ſah’ dich nicht vorher mit geld den kaſten fuͤllen:
Du dachtſt an keinen dienſt, doch war er ſchon beſtellt,
Allein was vielen fehlt, die ohne ſorgen leben,
War, daß du keinen tag ohn arbeit hingegeben.


Drum iſt dir auch dein thun biß dieſen tag gegluͤckt:
Du haſt, was ihrer viel umſonſt zu fruͤh begehren.
Wer deine freunde kennt, und deinen tiſch anblickt,
Der denckt, ſie muͤſten dich das erſte jahr verzehren.
Es leben viel von dir, und gleichwohl ſieht man nicht,
Daß ihnen huͤlff und rath, dir jemahls brod gebricht.


Wie du mit dir gethan, thuſt du mit deinem kinde.
Du giebſt es mit bedacht und ohne kummer hin.
Ob ſich dein ſchwieger-ſohn auch in die nahrung finde!
Ob er bemittelt ſey? das kommt dir nicht in ſinn.
Du ſieheſt auf ſein hertz, und laͤſt den Hoͤchſten rathen.
Der GOtt, der menſchen ſchafft, der ſchafft auch wohl dueaten.


Ach! daͤchte jeder ſo, wie gluͤcklich waͤren wir!
Man wuͤrde nicht ſo viel bey ehen unruh fehen.
Hier wirfft ein wuͤſter mann der frau die maͤngel fuͤr;
Warum? Dieweil ihm nicht an gelde gnug geſchehen:
Dort pocht ein ſtoltzes weib auf ihren klumpen gold,
Und billich; weil ſie doch uns jeden kuß verzollt.
Dein
G 5
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[105/0129] Hochzeit-Getichte. Wie ſehr iſt doch dein hertz von dieſer art entfernt, Mein Seide! den man nie ſieht in die ferne ſorgen. Du haſt von jugend auf GOtt recht vertrau’n gelernt; Wie dir der abend iſt, ſo iſt dir auch der morgen. Du haſt dir zwar die welt niemahls zu leicht gemacht; Doch haſt du niemahls auch ſo weit voraus gedacht. Die heyrath, die du thatſt, geſchah’ nach GOttes willen; Nicht aber nach der kunſt der uͤberklugen welt. Man ſah’ dich nicht vorher mit geld den kaſten fuͤllen: Du dachtſt an keinen dienſt, doch war er ſchon beſtellt, Allein was vielen fehlt, die ohne ſorgen leben, War, daß du keinen tag ohn arbeit hingegeben. Drum iſt dir auch dein thun biß dieſen tag gegluͤckt: Du haſt, was ihrer viel umſonſt zu fruͤh begehren. Wer deine freunde kennt, und deinen tiſch anblickt, Der denckt, ſie muͤſten dich das erſte jahr verzehren. Es leben viel von dir, und gleichwohl ſieht man nicht, Daß ihnen huͤlff und rath, dir jemahls brod gebricht. Wie du mit dir gethan, thuſt du mit deinem kinde. Du giebſt es mit bedacht und ohne kummer hin. Ob ſich dein ſchwieger-ſohn auch in die nahrung finde! Ob er bemittelt ſey? das kommt dir nicht in ſinn. Du ſieheſt auf ſein hertz, und laͤſt den Hoͤchſten rathen. Der GOtt, der menſchen ſchafft, der ſchafft auch wohl dueaten. Ach! daͤchte jeder ſo, wie gluͤcklich waͤren wir! Man wuͤrde nicht ſo viel bey ehen unruh fehen. Hier wirfft ein wuͤſter mann der frau die maͤngel fuͤr; Warum? Dieweil ihm nicht an gelde gnug geſchehen: Dort pocht ein ſtoltzes weib auf ihren klumpen gold, Und billich; weil ſie doch uns jeden kuß verzollt. Dein G 5

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/129>, abgerufen am 23.11.2024.