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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Hochzeit-Getichte.
Halt ein, Berlin! du klagst zu sehr.
Dein hof hat in Charlottens gaben
Mehr, als viel königreiche haben.
Bleibt diese hier, was wilst du mehr?
Der himmel hat gantz recht gethan.
Gieb Cassel, was es dir geliehen.
Stund dir von ihm die mutter an:
So laß auch nun die tochter ziehen.
O! sprach die frohe stadt hierauf:
Wer will den schluß des Höchsten trennen?
Zeuch hin, du tugend-stern der Brennen!
Und geh nunmehr in Hessen auf!
Du nimmst des vaters hertz mit dir:
Ach! schaffe, daß sein wunsch gedeye,
Und bring bald einen held herfür,
Der Teutschland, ihn, und dich erfreue!



Auf die Linck- und Regiußische
vermählung,

den 8 Junii anno 1700.
B. N.
JHr Musen! helfft mir doch! Jch soll schon wieder singen,
Und ein verliebtes paar in Teutsche verse bringen:
Und zwar in Schlesien. Jhr kennt diß land und mich,
Jhr wißt auch, wenn ihr wolt, wie vor Budorgis sich
Zum theil an mir ergetzt. Jetzt scheinen meine lieder
Jhm, wo nicht gantz veracht, doch mehr, als sonst zuwider.
Mein reim klingt vielen schon sehr matt und ohne krafft,
Warum? Jch träuck ihn nicht in muscateller-safft;
Jch speis' ihn auch nicht mehr mit theuren amber-kuchen:
Denn er ist alt genung, die nahrung selbst zu suchen.
Zibeth und bisam hat ihm manchen dienst gethan:
Nun will ich einmahl sehn, was er alleine kan.
Alleine?
G 3
Hochzeit-Getichte.
Halt ein, Berlin! du klagſt zu ſehr.
Dein hof hat in Charlottens gaben
Mehr, als viel koͤnigreiche haben.
Bleibt dieſe hier, was wilſt du mehr?
Der himmel hat gantz recht gethan.
Gieb Caſſel, was es dir geliehen.
Stund dir von ihm die mutter an:
So laß auch nun die tochter ziehen.
O! ſprach die frohe ſtadt hierauf:
Wer will den ſchluß des Hoͤchſten trennen?
Zeuch hin, du tugend-ſtern der Brennen!
Und geh nunmehr in Heſſen auf!
Du nimmſt des vaters hertz mit dir:
Ach! ſchaffe, daß ſein wunſch gedeye,
Und bring bald einen held herfuͤr,
Der Teutſchland, ihn, und dich erfreue!



Auf die Linck- und Regiußiſche
vermaͤhlung,

den 8 Junii anno 1700.
B. N.
JHr Muſen! helfft mir doch! Jch ſoll ſchon wieder ſingen,
Und ein verliebtes paar in Teutſche verſe bringen:
Und zwar in Schleſien. Jhr kennt diß land und mich,
Jhr wißt auch, wenn ihr wolt, wie vor Budorgis ſich
Zum theil an mir ergetzt. Jetzt ſcheinen meine lieder
Jhm, wo nicht gantz veracht, doch mehr, als ſonſt zuwider.
Mein reim klingt vielen ſchon ſehr matt und ohne krafft,
Warum? Jch traͤuck ihn nicht in muſcateller-ſafft;
Jch ſpeiſ’ ihn auch nicht mehr mit theuren amber-kuchen:
Denn er iſt alt genung, die nahrung ſelbſt zu ſuchen.
Zibeth und biſam hat ihm manchen dienſt gethan:
Nun will ich einmahl ſehn, was er alleine kan.
Alleine?
G 3
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[101/0125] Hochzeit-Getichte. Halt ein, Berlin! du klagſt zu ſehr. Dein hof hat in Charlottens gaben Mehr, als viel koͤnigreiche haben. Bleibt dieſe hier, was wilſt du mehr? Der himmel hat gantz recht gethan. Gieb Caſſel, was es dir geliehen. Stund dir von ihm die mutter an: So laß auch nun die tochter ziehen. O! ſprach die frohe ſtadt hierauf: Wer will den ſchluß des Hoͤchſten trennen? Zeuch hin, du tugend-ſtern der Brennen! Und geh nunmehr in Heſſen auf! Du nimmſt des vaters hertz mit dir: Ach! ſchaffe, daß ſein wunſch gedeye, Und bring bald einen held herfuͤr, Der Teutſchland, ihn, und dich erfreue! Auf die Linck- und Regiußiſche vermaͤhlung, den 8 Junii anno 1700. B. N. JHr Muſen! helfft mir doch! Jch ſoll ſchon wieder ſingen, Und ein verliebtes paar in Teutſche verſe bringen: Und zwar in Schleſien. Jhr kennt diß land und mich, Jhr wißt auch, wenn ihr wolt, wie vor Budorgis ſich Zum theil an mir ergetzt. Jetzt ſcheinen meine lieder Jhm, wo nicht gantz veracht, doch mehr, als ſonſt zuwider. Mein reim klingt vielen ſchon ſehr matt und ohne krafft, Warum? Jch traͤuck ihn nicht in muſcateller-ſafft; Jch ſpeiſ’ ihn auch nicht mehr mit theuren amber-kuchen: Denn er iſt alt genung, die nahrung ſelbſt zu ſuchen. Zibeth und biſam hat ihm manchen dienſt gethan: Nun will ich einmahl ſehn, was er alleine kan. Alleine? G 3

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/125>, abgerufen am 04.05.2024.