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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Vermischte Gedichte.
Leanders gegen-antwort.
Sonnet.
LEanders poesie lag auf dem krancken-bette,
Und sann, nach schwanen art, schon auf ein sterbe-lied:
Es drang der kalte schweiß fast durch ein iedes glied:
Man wuste keinen artzt, der ihr gerathen hätte.
Biß deine Muse sich, o himmlische Florette!
Mit einer schnellen cur zu ihrem heil bemüht.
Denn als dein schreiben ihr kaum in die hand gerieth,
So brach, ich weiß nicht wie, Morbonens harte kette.
Der nebel, so bereits der augen licht umfieng.
Die kälte, so sich schon an hertz und adern hieng,
Verlohr sich, als ein blitz, vor deinen schönen versen.
Komm nun, und leugne mehr, Florette! daß dein geist,
Der krancken Musen hilfft und sie dem grab entreißt,
Wie Phöbus, fähig sey den Pindus zu beherrschen.


An Floretten, da sie ihm auflegte,
eine arie von der hoffnung zu ver-
fertigen.
LEanders hertze muß mit der verzweifflung ringen,
Weil ihm Florettens kiel kein wort zur antwort giebt.
Wie kan die Muse nun, die sich so tieff betrübt,
Ein angenehmes lied von süsser hoffnung singen?


Florette an Leandern.
LEander solte mir zuvor von hoffnung singen,
Noch eh mein stumpffer kiel die antwort aufgesetzt.
Denn eben diese könt' ihn zur * verzweifflung bringen,
Und also würde ja mein hoffnungs-lied verletzt.
Leanders
* Wegen meiner abgeschmackten gedancken.
U 3
Vermiſchte Gedichte.
Leanders gegen-antwort.
Sonnet.
LEanders poeſie lag auf dem krancken-bette,
Und ſann, nach ſchwanen art, ſchon auf ein ſterbe-lied:
Es drang der kalte ſchweiß faſt durch ein iedes glied:
Man wuſte keinen artzt, der ihr gerathen haͤtte.
Biß deine Muſe ſich, o himmliſche Florette!
Mit einer ſchnellen cur zu ihrem heil bemuͤht.
Denn als dein ſchreiben ihr kaum in die hand gerieth,
So brach, ich weiß nicht wie, Morbonens harte kette.
Der nebel, ſo bereits der augen licht umfieng.
Die kaͤlte, ſo ſich ſchon an hertz und adern hieng,
Verlohr ſich, als ein blitz, vor deinen ſchoͤnen verſen.
Komm nun, und leugne mehr, Florette! daß dein geiſt,
Der krancken Muſen hilfft und ſie dem grab entreißt,
Wie Phoͤbus, faͤhig ſey den Pindus zu beherrſchen.


An Floretten, da ſie ihm auflegte,
eine arie von der hoffnung zu ver-
fertigen.
LEanders hertze muß mit der verzweifflung ringen,
Weil ihm Florettens kiel kein wort zur antwort giebt.
Wie kan die Muſe nun, die ſich ſo tieff betruͤbt,
Ein angenehmes lied von ſuͤſſer hoffnung ſingen?


Florette an Leandern.
LEander ſolte mir zuvor von hoffnung ſingen,
Noch eh mein ſtumpffer kiel die antwort aufgeſetzt.
Denn eben dieſe koͤnt’ ihn zur * verzweifflung bringen,
Und alſo wuͤrde ja mein hoffnungs-lied verletzt.
Leanders
* Wegen meiner abgeſchmackten gedancken.
U 3
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[309/0311] Vermiſchte Gedichte. Leanders gegen-antwort. Sonnet. LEanders poeſie lag auf dem krancken-bette, Und ſann, nach ſchwanen art, ſchon auf ein ſterbe-lied: Es drang der kalte ſchweiß faſt durch ein iedes glied: Man wuſte keinen artzt, der ihr gerathen haͤtte. Biß deine Muſe ſich, o himmliſche Florette! Mit einer ſchnellen cur zu ihrem heil bemuͤht. Denn als dein ſchreiben ihr kaum in die hand gerieth, So brach, ich weiß nicht wie, Morbonens harte kette. Der nebel, ſo bereits der augen licht umfieng. Die kaͤlte, ſo ſich ſchon an hertz und adern hieng, Verlohr ſich, als ein blitz, vor deinen ſchoͤnen verſen. Komm nun, und leugne mehr, Florette! daß dein geiſt, Der krancken Muſen hilfft und ſie dem grab entreißt, Wie Phoͤbus, faͤhig ſey den Pindus zu beherrſchen. An Floretten, da ſie ihm auflegte, eine arie von der hoffnung zu ver- fertigen. LEanders hertze muß mit der verzweifflung ringen, Weil ihm Florettens kiel kein wort zur antwort giebt. Wie kan die Muſe nun, die ſich ſo tieff betruͤbt, Ein angenehmes lied von ſuͤſſer hoffnung ſingen? Florette an Leandern. LEander ſolte mir zuvor von hoffnung ſingen, Noch eh mein ſtumpffer kiel die antwort aufgeſetzt. Denn eben dieſe koͤnt’ ihn zur * verzweifflung bringen, Und alſo wuͤrde ja mein hoffnungs-lied verletzt. Leanders * Wegen meiner abgeſchmackten gedancken. U 3

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/311>, abgerufen am 24.11.2024.