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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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verliebte Gedichte.
Wer an dem ufer steht, der wünscht ihm auf die höhe,
Und denckt nicht daß es da so ungewiß hergehe,
Daß man gefahr besorgt, und daß da alle lust
Jn unlust sich verkehrt. Wie manche freye brust
Hat in den ehestand zu treten ihm begehret,
Doch wenn das glücke sie des wunsches hat gewähret,
So kehrte sich das spiel - - doch mag es immer seyn,
Wer fragt darnach? mich kan die freyheit noch erfreun.
Jch küsse deren gold, und fühle stets vergnügen,
Da dort ein andrer muß an liebes-fesseln liegen:
Dem himmel sey gedanckt, der mich noch so geliebt,
Daß mich kein böses weib noch zu der zeit betrübt.
Der mensch ist zwar beglückt, der ihm bey seiner frauen
Auf ihre klugheit kan ein rechtes lusthauß bauen,
Die nicht verbissen ist, nicht zänckisch, noch erhitzt,
Wenn ihr was irgend nicht, wie sies verlanget, sitzt;
Mit welcher er denn kan die last der sorgen theilen,
Und den verwundten geist mit ihrer tugend heilen,
Die auch nicht extra geht. Doch stille, nicht zu weit,
Damit die feder nicht aus ihrem circkel schreit,
Und gleichfalls extra geht; doch ist die, die man liebet,
Der tugend spinnen-feind, wie wird man da betrübet!
Da ruffet man den tod, da wünschet man das grab,
Und seufftzet: Himmel, hilff doch meinem übel ab[!]
Alleine da muß man das creutze länger tragen,
Die lieb ist da gemischt mit bösen weiber-plagen,
Es hört so bald nicht auf, es muß gelitten seyn,
Biß uns die freyheit kan mit ihrem gold erfreun.
Doch stille mit der wurst! wer wird es gerne lesen,
Jedweder fürchtet sich vor solchen scharffen besen,
Man flieht den namen auch, geschweige denn das thier,
Denn dessen grausamkeit bringt uns ums leben schier.


Auf ihre Spatzierfahrt.
CHlorinde, wenn du dich hinaus aufs feld bemühst,
Und da vergnügungen aus allen blumen ziehst,
So
B 3
verliebte Gedichte.
Wer an dem ufer ſteht, der wuͤnſcht ihm auf die hoͤhe,
Und denckt nicht daß es da ſo ungewiß hergehe,
Daß man gefahr beſorgt, und daß da alle luſt
Jn unluſt ſich verkehrt. Wie manche freye bruſt
Hat in den eheſtand zu treten ihm begehret,
Doch wenn das gluͤcke ſie des wunſches hat gewaͤhret,
So kehrte ſich das ſpiel ‒ ‒ doch mag es immer ſeyn,
Wer fragt darnach? mich kan die freyheit noch erfreun.
Jch kuͤſſe deren gold, und fuͤhle ſtets vergnuͤgen,
Da dort ein andrer muß an liebes-feſſeln liegen:
Dem himmel ſey gedanckt, der mich noch ſo geliebt,
Daß mich kein boͤſes weib noch zu der zeit betruͤbt.
Der menſch iſt zwar begluͤckt, der ihm bey ſeiner frauen
Auf ihre klugheit kan ein rechtes luſthauß bauen,
Die nicht verbiſſen iſt, nicht zaͤnckiſch, noch erhitzt,
Wenn ihr was irgend nicht, wie ſies verlanget, ſitzt;
Mit welcher er denn kan die laſt der ſorgen theilen,
Und den verwundten geiſt mit ihrer tugend heilen,
Die auch nicht extra geht. Doch ſtille, nicht zu weit,
Damit die feder nicht aus ihrem circkel ſchreit,
Und gleichfalls extra geht; doch iſt die, die man liebet,
Der tugend ſpinnen-feind, wie wird man da betruͤbet!
Da ruffet man den tod, da wuͤnſchet man das grab,
Und ſeufftzet: Himmel, hilff doch meinem uͤbel ab[!]
Alleine da muß man das creutze laͤnger tragen,
Die lieb iſt da gemiſcht mit boͤſen weiber-plagen,
Es hoͤrt ſo bald nicht auf, es muß gelitten ſeyn,
Biß uns die freyheit kan mit ihrem gold erfreun.
Doch ſtille mit der wurſt! wer wird es gerne leſen,
Jedweder fuͤrchtet ſich vor ſolchen ſcharffen beſen,
Man flieht den namen auch, geſchweige denn das thier,
Denn deſſen grauſamkeit bringt uns ums leben ſchier.


Auf ihre Spatzierfahrt.
CHlorinde, wenn du dich hinaus aufs feld bemuͤhſt,
Und da vergnuͤgungen aus allen blumen ziehſt,
So
B 3
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[21/0023] verliebte Gedichte. Wer an dem ufer ſteht, der wuͤnſcht ihm auf die hoͤhe, Und denckt nicht daß es da ſo ungewiß hergehe, Daß man gefahr beſorgt, und daß da alle luſt Jn unluſt ſich verkehrt. Wie manche freye bruſt Hat in den eheſtand zu treten ihm begehret, Doch wenn das gluͤcke ſie des wunſches hat gewaͤhret, So kehrte ſich das ſpiel ‒ ‒ doch mag es immer ſeyn, Wer fragt darnach? mich kan die freyheit noch erfreun. Jch kuͤſſe deren gold, und fuͤhle ſtets vergnuͤgen, Da dort ein andrer muß an liebes-feſſeln liegen: Dem himmel ſey gedanckt, der mich noch ſo geliebt, Daß mich kein boͤſes weib noch zu der zeit betruͤbt. Der menſch iſt zwar begluͤckt, der ihm bey ſeiner frauen Auf ihre klugheit kan ein rechtes luſthauß bauen, Die nicht verbiſſen iſt, nicht zaͤnckiſch, noch erhitzt, Wenn ihr was irgend nicht, wie ſies verlanget, ſitzt; Mit welcher er denn kan die laſt der ſorgen theilen, Und den verwundten geiſt mit ihrer tugend heilen, Die auch nicht extra geht. Doch ſtille, nicht zu weit, Damit die feder nicht aus ihrem circkel ſchreit, Und gleichfalls extra geht; doch iſt die, die man liebet, Der tugend ſpinnen-feind, wie wird man da betruͤbet! Da ruffet man den tod, da wuͤnſchet man das grab, Und ſeufftzet: Himmel, hilff doch meinem uͤbel ab! Alleine da muß man das creutze laͤnger tragen, Die lieb iſt da gemiſcht mit boͤſen weiber-plagen, Es hoͤrt ſo bald nicht auf, es muß gelitten ſeyn, Biß uns die freyheit kan mit ihrem gold erfreun. Doch ſtille mit der wurſt! wer wird es gerne leſen, Jedweder fuͤrchtet ſich vor ſolchen ſcharffen beſen, Man flieht den namen auch, geſchweige denn das thier, Denn deſſen grauſamkeit bringt uns ums leben ſchier. Auf ihre Spatzierfahrt. CHlorinde, wenn du dich hinaus aufs feld bemuͤhſt, Und da vergnuͤgungen aus allen blumen ziehſt, So B 3

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/23>, abgerufen am 21.11.2024.