Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
So steht er doch getrost. Er lässet seinem muthe
Jn voller freudigkeit den muntern zügel ab.
Er fällt! Ein Simson sucht mit seinem eignen blute,
Jn seiner feinde sturtz ein edles helden-grab:
Er fällt! Jan Wilhelm fällt! Vermaledeyte wälle,
Bey welchen dieser Fürst als opffer niedersinckt!
Vermaledeyter platz! verworffne lager-stelle,
Wo man ein solches garn vor große Helden schlingt!
Verfluchtes bley, das sich darff auf den scheitel wagen,
Dem unsre demuth schon die göldnen cronen beut!
Verfluchtes bley, so darff ein solches auge schlagen,
Vor dessen blitzen sich doch iedes auge scheut!
So fällt der Printz dahin! Wer will den schluß ergründen,
Den nun des Höchsten zorn auf Deutschlands grentzen macht?
Vielleicht ist dis die frucht von unsern schweren sünden!
Wer weiß nun, welches schwerd auf unsre rache wacht?
Jm fall ein pfeiler sinckt, so muß das hauß zerschüttern:
Jm fall ein eckstein bricht, so fällt das mürbe dach,
Und will ein starcker riß den festen grund zersplittern,
So stürtzt der gantze bau in noth und ungemach.
GOtt reißt die Helden weg; Er hat vielleicht den waffen
Und ihrem frischen lauff ein kurtzes ziel gesetzt.
Ach Toulon kan ja schon in sichrer ruhe schlaffen,
Seit dem es seinen fuß in Wilhelms blut genetzt.
Kaum ist die harte post die zelter durchgestrichen,
Als ein gezognes ach auf allen zungen schwebt:
Die bange stimme klagt: Es ist ein Held verblichen,
Der unsrer deutschen welt zu ruhm und trost gelebt.
Es seufftzt Eugenens mund, daß ihm sein aug und hertze;
Daß ihm sein treuster Held zu früh entfallen sey.
Faßt sich ein tapffrer muth schon mitten in dem schmertze,
So bringt doch der verlust hier manchen jammer bey.
Des großen Josephs hof läst seine klagen hören,
Und nimmt den trauer-brief als unglücks-boten an;
Die Britten wollen ihn mit ihrem beyleid ehren,
Es traurt der zwölffte Carl um seinen Jonathan.
Ja Preussens Friederich, der sich mit ihm verbunden,
Und ihn, als seinen Sohn, in voller gunst erkannt,
Klagt,
Begraͤbniß-Gedichte.
So ſteht er doch getroſt. Er laͤſſet ſeinem muthe
Jn voller freudigkeit den muntern zuͤgel ab.
Er faͤllt! Ein Simſon ſucht mit ſeinem eignen blute,
Jn ſeiner feinde ſturtz ein edles helden-grab:
Er faͤllt! Jan Wilhelm faͤllt! Vermaledeyte waͤlle,
Bey welchen dieſer Fuͤrſt als opffer niederſinckt!
Vermaledeyter platz! verworffne lager-ſtelle,
Wo man ein ſolches garn vor große Helden ſchlingt!
Verfluchtes bley, das ſich darff auf den ſcheitel wagen,
Dem unſre demuth ſchon die goͤldnen cronen beut!
Verfluchtes bley, ſo darff ein ſolches auge ſchlagen,
Vor deſſen blitzen ſich doch iedes auge ſcheut!
So faͤllt der Printz dahin! Wer will den ſchluß ergruͤnden,
Den nun des Hoͤchſten zorn auf Deutſchlands grentzen macht?
Vielleicht iſt dis die frucht von unſern ſchweren ſuͤnden!
Wer weiß nun, welches ſchwerd auf unſre rache wacht?
Jm fall ein pfeiler ſinckt, ſo muß das hauß zerſchuͤttern:
Jm fall ein eckſtein bricht, ſo faͤllt das muͤrbe dach,
Und will ein ſtarcker riß den feſten grund zerſplittern,
So ſtuͤrtzt der gantze bau in noth und ungemach.
GOtt reißt die Helden weg; Er hat vielleicht den waffen
Und ihrem friſchen lauff ein kurtzes ziel geſetzt.
Ach Toulon kan ja ſchon in ſichrer ruhe ſchlaffen,
Seit dem es ſeinen fuß in Wilhelms blut genetzt.
Kaum iſt die harte poſt die zelter durchgeſtrichen,
Als ein gezognes ach auf allen zungen ſchwebt:
Die bange ſtimme klagt: Es iſt ein Held verblichen,
Der unſrer deutſchen welt zu ruhm und troſt gelebt.
Es ſeufftzt Eugenens mund, daß ihm ſein aug und hertze;
Daß ihm ſein treuſter Held zu fruͤh entfallen ſey.
Faßt ſich ein tapffrer muth ſchon mitten in dem ſchmertze,
So bringt doch der verluſt hier manchen jammer bey.
Des großen Joſephs hof laͤſt ſeine klagen hoͤren,
Und nimmt den trauer-brief als ungluͤcks-boten an;
Die Britten wollen ihn mit ihrem beyleid ehren,
Es traurt der zwoͤlffte Carl um ſeinen Jonathan.
Ja Preuſſens Friederich, der ſich mit ihm verbunden,
Und ihn, als ſeinen Sohn, in voller gunſt erkannt,
Klagt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0148" n="146"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>So &#x017F;teht er doch getro&#x017F;t. Er la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;einem muthe</l><lb/>
          <l>Jn voller freudigkeit den muntern zu&#x0364;gel ab.</l><lb/>
          <l>Er fa&#x0364;llt! Ein Sim&#x017F;on &#x017F;ucht mit &#x017F;einem eignen blute,</l><lb/>
          <l>Jn &#x017F;einer feinde &#x017F;turtz ein edles helden-grab:</l><lb/>
          <l>Er fa&#x0364;llt! Jan Wilhelm fa&#x0364;llt! Vermaledeyte wa&#x0364;lle,</l><lb/>
          <l>Bey welchen die&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;t als opffer nieder&#x017F;inckt!</l><lb/>
          <l>Vermaledeyter platz! verworffne lager-&#x017F;telle,</l><lb/>
          <l>Wo man ein &#x017F;olches garn vor große Helden &#x017F;chlingt!</l><lb/>
          <l>Verfluchtes bley, das &#x017F;ich darff auf den &#x017F;cheitel wagen,</l><lb/>
          <l>Dem un&#x017F;re demuth &#x017F;chon die go&#x0364;ldnen cronen beut!</l><lb/>
          <l>Verfluchtes bley, &#x017F;o darff ein &#x017F;olches auge &#x017F;chlagen,</l><lb/>
          <l>Vor de&#x017F;&#x017F;en blitzen &#x017F;ich doch iedes auge &#x017F;cheut!</l><lb/>
          <l>So fa&#x0364;llt der Printz dahin! Wer will den &#x017F;chluß ergru&#x0364;nden,</l><lb/>
          <l>Den nun des Ho&#x0364;ch&#x017F;ten zorn auf Deut&#x017F;chlands grentzen macht?</l><lb/>
          <l>Vielleicht i&#x017F;t dis die frucht von un&#x017F;ern &#x017F;chweren &#x017F;u&#x0364;nden!</l><lb/>
          <l>Wer weiß nun, welches &#x017F;chwerd auf un&#x017F;re rache wacht?</l><lb/>
          <l>Jm fall ein pfeiler &#x017F;inckt, &#x017F;o muß das hauß zer&#x017F;chu&#x0364;ttern:</l><lb/>
          <l>Jm fall ein eck&#x017F;tein bricht, &#x017F;o fa&#x0364;llt das mu&#x0364;rbe dach,</l><lb/>
          <l>Und will ein &#x017F;tarcker riß den fe&#x017F;ten grund zer&#x017F;plittern,</l><lb/>
          <l>So &#x017F;tu&#x0364;rtzt der gantze bau in noth und ungemach.</l><lb/>
          <l>GOtt reißt die Helden weg; Er hat vielleicht den waffen</l><lb/>
          <l>Und ihrem fri&#x017F;chen lauff ein kurtzes ziel ge&#x017F;etzt.</l><lb/>
          <l>Ach Toulon kan ja &#x017F;chon in &#x017F;ichrer ruhe &#x017F;chlaffen,</l><lb/>
          <l>Seit dem es &#x017F;einen fuß in Wilhelms blut genetzt.</l><lb/>
          <l>Kaum i&#x017F;t die harte po&#x017F;t die zelter durchge&#x017F;trichen,</l><lb/>
          <l>Als ein gezognes ach auf allen zungen &#x017F;chwebt:</l><lb/>
          <l>Die bange &#x017F;timme klagt: Es i&#x017F;t ein Held verblichen,</l><lb/>
          <l>Der un&#x017F;rer deut&#x017F;chen welt zu ruhm und tro&#x017F;t gelebt.</l><lb/>
          <l>Es &#x017F;eufftzt Eugenens mund, daß ihm &#x017F;ein aug und hertze;</l><lb/>
          <l>Daß ihm &#x017F;ein treu&#x017F;ter Held zu fru&#x0364;h entfallen &#x017F;ey.</l><lb/>
          <l>Faßt &#x017F;ich ein tapffrer muth &#x017F;chon mitten in dem &#x017F;chmertze,</l><lb/>
          <l>So bringt doch der verlu&#x017F;t hier manchen jammer bey.</l><lb/>
          <l>Des großen Jo&#x017F;ephs hof la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;eine klagen ho&#x0364;ren,</l><lb/>
          <l>Und nimmt den trauer-brief als unglu&#x0364;cks-boten an;</l><lb/>
          <l>Die Britten wollen ihn mit ihrem beyleid ehren,</l><lb/>
          <l>Es traurt der zwo&#x0364;lffte Carl um &#x017F;einen Jonathan.</l><lb/>
          <l>Ja Preu&#x017F;&#x017F;ens Friederich, der &#x017F;ich mit ihm verbunden,</l><lb/>
          <l>Und ihn, als &#x017F;einen Sohn, in voller gun&#x017F;t erkannt,</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Klagt,</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0148] Begraͤbniß-Gedichte. So ſteht er doch getroſt. Er laͤſſet ſeinem muthe Jn voller freudigkeit den muntern zuͤgel ab. Er faͤllt! Ein Simſon ſucht mit ſeinem eignen blute, Jn ſeiner feinde ſturtz ein edles helden-grab: Er faͤllt! Jan Wilhelm faͤllt! Vermaledeyte waͤlle, Bey welchen dieſer Fuͤrſt als opffer niederſinckt! Vermaledeyter platz! verworffne lager-ſtelle, Wo man ein ſolches garn vor große Helden ſchlingt! Verfluchtes bley, das ſich darff auf den ſcheitel wagen, Dem unſre demuth ſchon die goͤldnen cronen beut! Verfluchtes bley, ſo darff ein ſolches auge ſchlagen, Vor deſſen blitzen ſich doch iedes auge ſcheut! So faͤllt der Printz dahin! Wer will den ſchluß ergruͤnden, Den nun des Hoͤchſten zorn auf Deutſchlands grentzen macht? Vielleicht iſt dis die frucht von unſern ſchweren ſuͤnden! Wer weiß nun, welches ſchwerd auf unſre rache wacht? Jm fall ein pfeiler ſinckt, ſo muß das hauß zerſchuͤttern: Jm fall ein eckſtein bricht, ſo faͤllt das muͤrbe dach, Und will ein ſtarcker riß den feſten grund zerſplittern, So ſtuͤrtzt der gantze bau in noth und ungemach. GOtt reißt die Helden weg; Er hat vielleicht den waffen Und ihrem friſchen lauff ein kurtzes ziel geſetzt. Ach Toulon kan ja ſchon in ſichrer ruhe ſchlaffen, Seit dem es ſeinen fuß in Wilhelms blut genetzt. Kaum iſt die harte poſt die zelter durchgeſtrichen, Als ein gezognes ach auf allen zungen ſchwebt: Die bange ſtimme klagt: Es iſt ein Held verblichen, Der unſrer deutſchen welt zu ruhm und troſt gelebt. Es ſeufftzt Eugenens mund, daß ihm ſein aug und hertze; Daß ihm ſein treuſter Held zu fruͤh entfallen ſey. Faßt ſich ein tapffrer muth ſchon mitten in dem ſchmertze, So bringt doch der verluſt hier manchen jammer bey. Des großen Joſephs hof laͤſt ſeine klagen hoͤren, Und nimmt den trauer-brief als ungluͤcks-boten an; Die Britten wollen ihn mit ihrem beyleid ehren, Es traurt der zwoͤlffte Carl um ſeinen Jonathan. Ja Preuſſens Friederich, der ſich mit ihm verbunden, Und ihn, als ſeinen Sohn, in voller gunſt erkannt, Klagt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/148
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/148>, abgerufen am 23.11.2024.