Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Begräbniß-Gedichte. Verwirrtes thun der welt! verkehrte wechsel-gänge!Nach schönen blumen folgt der nessel-überfluß; Es siehet lust und leid in ängstlichem gedränge, Da jene diesem doch, als stärckern, weichen muß. Was aber soll ich lang mit dunckeln worten spielen? Jch sage kühnlich aus, was meine seele kränckt: Will schon das bange weh in marck und adern wühlen; Sind mir die lippen doch zu klagen nicht verschrenckt. Jan Wilhelm ist dahin! Darff man der post auch glauben, Die als ein donner-schlag in ohr und hertze bricht? Wie? solt ein schneller fall den theuren Fürsten rauben? Vielleicht daß noch ein brief der zeitung widerspricht! Ach leyder! allzuwahr, Jan Wilhelm ist verblichen, Als ein verfluchtes bley nach seinem haupte schlug. Es ist der große Printz uns allzufrüh entwichen, Der zu gemeinem heyl die strengen waffen trug. Was soll ich nun, o Held! von deinen thaten sagen? Du hast dein lob nicht gern im leben angehört. Soll ich den frühen tod mit tausend thränen klagen? Es wird ein helden-grab mit thränen schlecht geehrt. Dein leben darff ich wol die tugend-kette nennen, Da sich ein göldnes glied stets in das andre schlingt. Du gabst die treffligkeit mit solcher krafft zu kennen, Vor welchen selbst der neid als sprach-los niedersinckt. Kaum ist dein Helden-geist dem wiegen-band entgangen, Als dich ein hoher muth auf hohe thaten weist. Du hast mit solchem ruhm dein leben angefangen, Als mancher sonsten nie der wercke lauff beschleust. Zwar scheint dein Fürsten-glantz in ungemeiner flamme, Dir theilt dein großes Hauß die reinsten strahlen mit, Es kennt der creiß der welt den ruhm von deinem stamme, Der mit den sternen fast in gleiche circkel tritt; Jedennoch woltest du ein Fürst mehr von gemüthe Als von geblüte seyn. Der name ziert dich zwar, Dich ehrt der Rauten-stock, dich preiset dein geblüte; Doch macht dich dein verdienst vor allen offenbar. Es würget Herculs faust schon ungeheure drachen, Wenn er die mutter-brust noch in der wiege küßt. Es
Begraͤbniß-Gedichte. Verwirrtes thun der welt! verkehrte wechſel-gaͤnge!Nach ſchoͤnen blumen folgt der neſſel-uͤberfluß; Es ſiehet luſt und leid in aͤngſtlichem gedraͤnge, Da jene dieſem doch, als ſtaͤrckern, weichen muß. Was aber ſoll ich lang mit dunckeln worten ſpielen? Jch ſage kuͤhnlich aus, was meine ſeele kraͤnckt: Will ſchon das bange weh in marck und adern wuͤhlen; Sind mir die lippen doch zu klagen nicht verſchrenckt. Jan Wilhelm iſt dahin! Darff man der poſt auch glauben, Die als ein donner-ſchlag in ohr und hertze bricht? Wie? ſolt ein ſchneller fall den theuren Fuͤrſten rauben? Vielleicht daß noch ein brief der zeitung widerſpricht! Ach leyder! allzuwahr, Jan Wilhelm iſt verblichen, Als ein verfluchtes bley nach ſeinem haupte ſchlug. Es iſt der große Printz uns allzufruͤh entwichen, Der zu gemeinem heyl die ſtrengen waffen trug. Was ſoll ich nun, o Held! von deinen thaten ſagen? Du haſt dein lob nicht gern im leben angehoͤrt. Soll ich den fruͤhen tod mit tauſend thraͤnen klagen? Es wird ein helden-grab mit thraͤnen ſchlecht geehrt. Dein leben darff ich wol die tugend-kette nennen, Da ſich ein goͤldnes glied ſtets in das andre ſchlingt. Du gabſt die treffligkeit mit ſolcher krafft zu kennen, Vor welchen ſelbſt der neid als ſprach-los niederſinckt. Kaum iſt dein Helden-geiſt dem wiegen-band entgangen, Als dich ein hoher muth auf hohe thaten weiſt. Du haſt mit ſolchem ruhm dein leben angefangen, Als mancher ſonſten nie der wercke lauff beſchleuſt. Zwar ſcheint dein Fuͤrſten-glantz in ungemeiner flamme, Dir theilt dein großes Hauß die reinſten ſtrahlen mit, Es kennt der creiß der welt den ruhm von deinem ſtamme, Der mit den ſternen faſt in gleiche circkel tritt; Jedennoch wolteſt du ein Fuͤrſt mehr von gemuͤthe Als von gebluͤte ſeyn. Der name ziert dich zwar, Dich ehrt der Rauten-ſtock, dich preiſet dein gebluͤte; Doch macht dich dein verdienſt vor allen offenbar. Es wuͤrget Herculs fauſt ſchon ungeheure drachen, Wenn er die mutter-bruſt noch in der wiege kuͤßt. Es
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Begraͤbniß-Gedichte.
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Nach ſchoͤnen blumen folgt der neſſel-uͤberfluß;
Es ſiehet luſt und leid in aͤngſtlichem gedraͤnge,
Da jene dieſem doch, als ſtaͤrckern, weichen muß.
Was aber ſoll ich lang mit dunckeln worten ſpielen?
Jch ſage kuͤhnlich aus, was meine ſeele kraͤnckt:
Will ſchon das bange weh in marck und adern wuͤhlen;
Sind mir die lippen doch zu klagen nicht verſchrenckt.
Jan Wilhelm iſt dahin! Darff man der poſt auch glauben,
Die als ein donner-ſchlag in ohr und hertze bricht?
Wie? ſolt ein ſchneller fall den theuren Fuͤrſten rauben?
Vielleicht daß noch ein brief der zeitung widerſpricht!
Ach leyder! allzuwahr, Jan Wilhelm iſt verblichen,
Als ein verfluchtes bley nach ſeinem haupte ſchlug.
Es iſt der große Printz uns allzufruͤh entwichen,
Der zu gemeinem heyl die ſtrengen waffen trug.
Was ſoll ich nun, o Held! von deinen thaten ſagen?
Du haſt dein lob nicht gern im leben angehoͤrt.
Soll ich den fruͤhen tod mit tauſend thraͤnen klagen?
Es wird ein helden-grab mit thraͤnen ſchlecht geehrt.
Dein leben darff ich wol die tugend-kette nennen,
Da ſich ein goͤldnes glied ſtets in das andre ſchlingt.
Du gabſt die treffligkeit mit ſolcher krafft zu kennen,
Vor welchen ſelbſt der neid als ſprach-los niederſinckt.
Kaum iſt dein Helden-geiſt dem wiegen-band entgangen,
Als dich ein hoher muth auf hohe thaten weiſt.
Du haſt mit ſolchem ruhm dein leben angefangen,
Als mancher ſonſten nie der wercke lauff beſchleuſt.
Zwar ſcheint dein Fuͤrſten-glantz in ungemeiner flamme,
Dir theilt dein großes Hauß die reinſten ſtrahlen mit,
Es kennt der creiß der welt den ruhm von deinem ſtamme,
Der mit den ſternen faſt in gleiche circkel tritt;
Jedennoch wolteſt du ein Fuͤrſt mehr von gemuͤthe
Als von gebluͤte ſeyn. Der name ziert dich zwar,
Dich ehrt der Rauten-ſtock, dich preiſet dein gebluͤte;
Doch macht dich dein verdienſt vor allen offenbar.
Es wuͤrget Herculs fauſt ſchon ungeheure drachen,
Wenn er die mutter-bruſt noch in der wiege kuͤßt.
Es
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