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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Verliebte Gedichte.
Gantz unrecht zeihet ihr die Männer falscher treu/
Und seht ihr lieben an vor liebeln und nicht lieben?
Ach! nein/ ihr irret sehr/ die Männer haben scheu/
Und woll'n durch leichten schein mit nichten euch betrüben:
Man weiß es allzuwohl daß keine wörterpracht/
Noch stoltzes aussenwerck kan euer hertze binden/
Wenn nicht ein treues hertz' und hand das bündniß macht/
So kan kein hertze nicht die hertzen überwinden.
Eur Athem ist ja recht ein angebisamt Wind/
Der gantze Schmuck der ist ein liebreitz der Gebehrden/
Den kein behertzter Muht nicht ohne brand empfindt/
So daß ein Stein und wachs und eiß muß Schwefel werden.
Eur wollichts haar entfärbt der Morgen-Röhte licht/
Es ist das süsse werck fast allem vorzusetzen
Wenn euer Rosen-Mund beliebte reden spricht/
Drum hat ein Mann gar wohl dies Kleinod hochzuschätzen.
Jhr seyd ein Paradieß der reinen liebes-lust:
Soll trübe Einsamkeit euch solches denn beschämen?
Soll der Zinnober nicht mehr mahlen eure Brust?
Soll eur benelckter Mund im Grabe blumen sämen?
Nein: euch ist ohne dieß so gar nicht unbekant
Das weltbekandte thun/ was wolt ihr dieses scheuen
Was kühne wird verübt durch dies und jenes Land
Und euch die Träume auch stets in die Sinnen streuen.
Wie herrlich ist doch wohl der Ehe Ehren-stand
Wenn ein gepaartes Paar zusammen kan erwarmen/
Wenn Mund mit Munde schertzt; das Hertz wird angebrant;
Und sich satt heben kan aus eines andern Armen.
Ein Mensch kan in der Welt nicht mehr vergnüget seyn
Als wenn auf zarten Schooß ihm lachen seine Glieder/
Wenn er die süsse Frucht des Sieges erndtet ein/
Und kriegt auf Honigküß candirte Küsse wieder.
Hier kan er auf gewinn erhalten seinen Sieg/
Kan mit erhitztem Mund gantz schön zusammen spielen/
Hier ist der Würffelpasch/ ein treppel und ein pick/
Hier ist der Kegelplatz/ hier Peilcke/ hier sind Mühlen/
Hier suchet er das bret/ ihm' ist nicht unbekant.

Das
A 3

Verliebte Gedichte.
Gantz unrecht zeihet ihr die Maͤnner falſcher treu/
Und ſeht ihr lieben an vor liebeln und nicht lieben?
Ach! nein/ ihr irret ſehr/ die Maͤnner haben ſcheu/
Und woll’n durch leichten ſchein mit nichten euch betruͤben:
Man weiß es allzuwohl daß keine woͤrterpracht/
Noch ſtoltzes auſſenwerck kan euer hertze binden/
Wenn nicht ein treues hertz’ und hand das buͤndniß macht/
So kan kein hertze nicht die hertzen uͤberwinden.
Eur Athem iſt ja recht ein angebiſamt Wind/
Der gantze Schmuck der iſt ein liebreitz der Gebehrden/
Den kein behertzter Muht nicht ohne brand empfindt/
So daß ein Stein und wachs und eiß muß Schwefel werden.
Eur wollichts haar entfaͤrbt der Morgen-Roͤhte licht/
Es iſt das ſuͤſſe werck faſt allem vorzuſetzen
Wenn euer Roſen-Mund beliebte reden ſpricht/
Drum hat ein Mann gar wohl dies Kleinod hochzuſchaͤtzen.
Jhr ſeyd ein Paradieß der reinen liebes-luſt:
Soll truͤbe Einſamkeit euch ſolches denn beſchaͤmen?
Soll der Zinnober nicht mehr mahlen eure Bruſt?
Soll eur benelckter Mund im Grabe blumen ſaͤmen?
Nein: euch iſt ohne dieß ſo gar nicht unbekant
Das weltbekandte thun/ was wolt ihr dieſes ſcheuen
Was kuͤhne wird veruͤbt durch dies und jenes Land
Und euch die Traͤume auch ſtets in die Sinnen ſtreuen.
Wie herrlich iſt doch wohl der Ehe Ehren-ſtand
Wenn ein gepaartes Paar zuſammen kan erwarmen/
Wenn Mund mit Munde ſchertzt; das Hertz wird angebrant;
Und ſich ſatt heben kan aus eines andern Armen.
Ein Menſch kan in der Welt nicht mehr vergnuͤget ſeyn
Als wenn auf zarten Schooß ihm lachen ſeine Glieder/
Wenn er die ſuͤſſe Frucht des Sieges erndtet ein/
Und kriegt auf Honigkuͤß candirte Kuͤſſe wieder.
Hier kan er auf gewinn erhalten ſeinen Sieg/
Kan mit erhitztem Mund gantz ſchoͤn zuſammen ſpielen/
Hier iſt der Wuͤrffelpaſch/ ein treppel und ein pick/
Hier iſt der Kegelplatz/ hier Peilcke/ hier ſind Muͤhlen/
Hier ſuchet er das bret/ ihm’ iſt nicht unbekant.

Das
A 3
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[5/0007] Verliebte Gedichte. Gantz unrecht zeihet ihr die Maͤnner falſcher treu/ Und ſeht ihr lieben an vor liebeln und nicht lieben? Ach! nein/ ihr irret ſehr/ die Maͤnner haben ſcheu/ Und woll’n durch leichten ſchein mit nichten euch betruͤben: Man weiß es allzuwohl daß keine woͤrterpracht/ Noch ſtoltzes auſſenwerck kan euer hertze binden/ Wenn nicht ein treues hertz’ und hand das buͤndniß macht/ So kan kein hertze nicht die hertzen uͤberwinden. Eur Athem iſt ja recht ein angebiſamt Wind/ Der gantze Schmuck der iſt ein liebreitz der Gebehrden/ Den kein behertzter Muht nicht ohne brand empfindt/ So daß ein Stein und wachs und eiß muß Schwefel werden. Eur wollichts haar entfaͤrbt der Morgen-Roͤhte licht/ Es iſt das ſuͤſſe werck faſt allem vorzuſetzen Wenn euer Roſen-Mund beliebte reden ſpricht/ Drum hat ein Mann gar wohl dies Kleinod hochzuſchaͤtzen. Jhr ſeyd ein Paradieß der reinen liebes-luſt: Soll truͤbe Einſamkeit euch ſolches denn beſchaͤmen? Soll der Zinnober nicht mehr mahlen eure Bruſt? Soll eur benelckter Mund im Grabe blumen ſaͤmen? Nein: euch iſt ohne dieß ſo gar nicht unbekant Das weltbekandte thun/ was wolt ihr dieſes ſcheuen Was kuͤhne wird veruͤbt durch dies und jenes Land Und euch die Traͤume auch ſtets in die Sinnen ſtreuen. Wie herrlich iſt doch wohl der Ehe Ehren-ſtand Wenn ein gepaartes Paar zuſammen kan erwarmen/ Wenn Mund mit Munde ſchertzt; das Hertz wird angebrant; Und ſich ſatt heben kan aus eines andern Armen. Ein Menſch kan in der Welt nicht mehr vergnuͤget ſeyn Als wenn auf zarten Schooß ihm lachen ſeine Glieder/ Wenn er die ſuͤſſe Frucht des Sieges erndtet ein/ Und kriegt auf Honigkuͤß candirte Kuͤſſe wieder. Hier kan er auf gewinn erhalten ſeinen Sieg/ Kan mit erhitztem Mund gantz ſchoͤn zuſammen ſpielen/ Hier iſt der Wuͤrffelpaſch/ ein treppel und ein pick/ Hier iſt der Kegelplatz/ hier Peilcke/ hier ſind Muͤhlen/ Hier ſuchet er das bret/ ihm’ iſt nicht unbekant. Das A 3

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/7>, abgerufen am 26.04.2024.