Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Galante und An seine Träume. C. H. JHr früchte meiner ruh und kinder stiller nacht! Euch träume muß ich mehr als Lesbien erheben/ Denn ihr versüsset mir doch wiederum das leben/ Wenn sie es bittrer noch als galle hat gemacht. Jhr habt mir manchen blick von ihr zu wege bracht/ Durch euch hat sie mir offt die zarte hand gegeben/ Durch euch könnt offt mein mund an ihrem munde kleben/ Jn euch hat sie mich auch sehr freundlich angelacht. Jhr seyd barmhertziger/ als ihre steiffe sinnen? Doch wolt ich euren ruhm noch zehnmahl mehr erhöhn/ Wenn ich durch euch dies könnt auch wachende gewin- nen/ Was ich im schlaffe seh so offte vor mir stehn/ Dann stürben augenblicks die schweren trauer-bürden/ Wenn eure nächte nur einmahl zu tage würden. Als sie mit zu Grabe gieng. C. H. ES gieng die Lesbia nechst hinter einer leiche/ Aus ihrem auge fiel ein strahl der traurigkeit/ Um ihre schultern lag ein weisses schleyer-kleid/ Nur auf den wangen sah' ich frische rosen-sträuche/ Jch dachte: diese tracht ist ihr ja selbst nicht gleiche/ Es hat den gantzen leib die wehmuht überschneit/ Wie daß die rosen denn hier auch nicht abgemeit/ Jst das nicht wider der begräbnisse gebräuche? Vielleicht wird's schon allhier so die gewohnheit seyn/ Daß bey der leiche man auch kan geblüme führen/ So
Galante und An ſeine Traͤume. C. H. JHr fruͤchte meiner ruh und kinder ſtiller nacht! Euch traͤume muß ich mehr als Lesbien erheben/ Denn ihr verſuͤſſet mir doch wiederum das leben/ Wenn ſie es bittrer noch als galle hat gemacht. Jhr habt mir manchen blick von ihr zu wege bracht/ Durch euch hat ſie mir offt die zarte hand gegeben/ Durch euch koͤnnt offt mein mund an ihrem munde kleben/ Jn euch hat ſie mich auch ſehr freundlich angelacht. Jhr ſeyd barmhertziger/ als ihre ſteiffe ſinnen? Doch wolt ich euren ruhm noch zehnmahl mehr erhoͤhn/ Wenn ich durch euch dies koͤnnt auch wachende gewin- nen/ Was ich im ſchlaffe ſeh ſo offte vor mir ſtehn/ Dann ſtuͤrben augenblicks die ſchweren trauer-buͤrden/ Wenn eure naͤchte nur einmahl zu tage wuͤrden. Als ſie mit zu Grabe gieng. C. H. ES gieng die Lesbia nechſt hinter einer leiche/ Aus ihrem auge fiel ein ſtrahl der traurigkeit/ Um ihre ſchultern lag ein weiſſes ſchleyer-kleid/ Nur auf den wangen ſah’ ich friſche roſen-ſtraͤuche/ Jch dachte: dieſe tracht iſt ihr ja ſelbſt nicht gleiche/ Es hat den gantzen leib die wehmuht uͤberſchneit/ Wie daß die roſen denn hier auch nicht abgemeit/ Jſt das nicht wider der begraͤbniſſe gebraͤuche? Vielleicht wird’s ſchon allhier ſo die gewohnheit ſeyn/ Daß bey der leiche man auch kan gebluͤme fuͤhren/ So
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Galante und
An ſeine Traͤume.
C. H.
JHr fruͤchte meiner ruh und kinder ſtiller nacht!
Euch traͤume muß ich mehr als Lesbien erheben/
Denn ihr verſuͤſſet mir doch wiederum das leben/
Wenn ſie es bittrer noch als galle hat gemacht.
Jhr habt mir manchen blick von ihr zu wege bracht/
Durch euch hat ſie mir offt die zarte hand gegeben/
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Jn euch hat ſie mich auch ſehr freundlich angelacht.
Jhr ſeyd barmhertziger/ als ihre ſteiffe ſinnen?
Doch wolt ich euren ruhm noch zehnmahl mehr erhoͤhn/
Wenn ich durch euch dies koͤnnt auch wachende gewin-
nen/
Was ich im ſchlaffe ſeh ſo offte vor mir ſtehn/
Dann ſtuͤrben augenblicks die ſchweren trauer-buͤrden/
Wenn eure naͤchte nur einmahl zu tage wuͤrden.
Als ſie mit zu Grabe gieng.
C. H.
ES gieng die Lesbia nechſt hinter einer leiche/
Aus ihrem auge fiel ein ſtrahl der traurigkeit/
Um ihre ſchultern lag ein weiſſes ſchleyer-kleid/
Nur auf den wangen ſah’ ich friſche roſen-ſtraͤuche/
Jch dachte: dieſe tracht iſt ihr ja ſelbſt nicht gleiche/
Es hat den gantzen leib die wehmuht uͤberſchneit/
Wie daß die roſen denn hier auch nicht abgemeit/
Jſt das nicht wider der begraͤbniſſe gebraͤuche?
Vielleicht wird’s ſchon allhier ſo die gewohnheit ſeyn/
Daß bey der leiche man auch kan gebluͤme fuͤhren/
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