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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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verliebte Gedichte.
Dann/ will das tolle volck der sonnen weyrauch brennen/
Und heist sie einen Gott; so schmücket man ein hauß/
Mit besserm rechte/ dir/ als einer göttin/ aus.
Wer zweiffelt nun hinfort/ daß du der sonne gleichest?
Der neid weiß selber nichts/ worinnen du ihr weichest:
Ach! ungemeines kind ich bin mit dir vergnügt/
Weil alle liebligkeit in dir vergraben liegt.
Nun dieses ist mir leid/ daß du in einem stücke
Der sonnen gleiche bist/ dies ist mein ungelücke!
Der sonnen klares licht verliehrt offt seinen schein;
So auch wird deine pracht dereinsten nichts mehr seyn/
Jndem der tod dich wird ins finstre grab verstecken/
Und deinen zarten leib mit seinem kittel decken.
Erweg ich dieses recht/ so wünscht mein treuer sinn:
Ach himmel nimmm mich ja vor diesem falle hin!



Als er sie im Garten bey einem
andern sahe.
C. G. B.
WAs seh ich? ist es wahr? darff ich den sinnen
trauen?
Wie? oder seh ichs nicht/ was doch die augen schauen?
Ach! ja/ sie ist es selbst/ ihr gang/ natur und kleid/
Trifft mit Lisettens ein/ hier ist kein unterscheid.
So bin ich ausgethan? So hat man mich vergessen?
Was Saladin an dir am ersten hat besessen?
O himmel/ erd und lufft bestrafft den falschen sinn/
Und reisset mich zugleich durch euren eyfer hin!
Heist dieses mir getreu: Heist dieses mich nur lieben?
Nein! du hast deinen schertz mit meiner pein getrieben
Ach! daß ich dich gesehn! ach daß ich dir vertraut!
Ach! daß ich meine treu auf deinen sand gebaut!
Seht wie sie Vermidor auf tausend art bedienet!
Seht wie er sie wohl gar zu küssen sich erkühnet!
O himmel/ erd und lufft bestrafft den falschen sinn!
Und
C 3

verliebte Gedichte.
Dann/ will das tolle volck der ſonnen weyrauch brennen/
Und heiſt ſie einen Gott; ſo ſchmuͤcket man ein hauß/
Mit beſſerm rechte/ dir/ als einer goͤttin/ aus.
Wer zweiffelt nun hinfort/ daß du der ſonne gleicheſt?
Der neid weiß ſelber nichts/ worinnen du ihr weicheſt:
Ach! ungemeines kind ich bin mit dir vergnuͤgt/
Weil alle liebligkeit in dir vergraben liegt.
Nun dieſes iſt mir leid/ daß du in einem ſtuͤcke
Der ſonnen gleiche biſt/ dies iſt mein ungeluͤcke!
Der ſonnen klares licht verliehrt offt ſeinen ſchein;
So auch wird deine pracht dereinſten nichts mehr ſeyn/
Jndem der tod dich wird ins finſtre grab verſtecken/
Und deinen zarten leib mit ſeinem kittel decken.
Erweg ich dieſes recht/ ſo wuͤnſcht mein treuer ſinn:
Ach himmel nimm̃ mich ja vor dieſem falle hin!



Als er ſie im Garten bey einem
andern ſahe.
C. G. B.
WAs ſeh ich? iſt es wahr? darff ich den ſinnen
trauen?
Wie? oder ſeh ichs nicht/ was doch die augen ſchauen?
Ach! ja/ ſie iſt es ſelbſt/ ihr gang/ natur und kleid/
Trifft mit Liſettens ein/ hier iſt kein unterſcheid.
So bin ich ausgethan? So hat man mich vergeſſen?
Was Saladin an dir am erſten hat beſeſſen?
O himmel/ erd und lufft beſtrafft den falſchen ſinn/
Und reiſſet mich zugleich durch euren eyfer hin!
Heiſt dieſes mir getreu: Heiſt dieſes mich nur lieben?
Nein! du haſt deinen ſchertz mit meiner pein getrieben
Ach! daß ich dich geſehn! ach daß ich dir vertraut!
Ach! daß ich meine treu auf deinen ſand gebaut!
Seht wie ſie Vermidor auf tauſend art bedienet!
Seht wie er ſie wohl gar zu kuͤſſen ſich erkuͤhnet!
O himmel/ erd und lufft beſtrafft den falſchen ſinn!
Und
C 3
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[37/0039] verliebte Gedichte. Dann/ will das tolle volck der ſonnen weyrauch brennen/ Und heiſt ſie einen Gott; ſo ſchmuͤcket man ein hauß/ Mit beſſerm rechte/ dir/ als einer goͤttin/ aus. Wer zweiffelt nun hinfort/ daß du der ſonne gleicheſt? Der neid weiß ſelber nichts/ worinnen du ihr weicheſt: Ach! ungemeines kind ich bin mit dir vergnuͤgt/ Weil alle liebligkeit in dir vergraben liegt. Nun dieſes iſt mir leid/ daß du in einem ſtuͤcke Der ſonnen gleiche biſt/ dies iſt mein ungeluͤcke! Der ſonnen klares licht verliehrt offt ſeinen ſchein; So auch wird deine pracht dereinſten nichts mehr ſeyn/ Jndem der tod dich wird ins finſtre grab verſtecken/ Und deinen zarten leib mit ſeinem kittel decken. Erweg ich dieſes recht/ ſo wuͤnſcht mein treuer ſinn: Ach himmel nimm̃ mich ja vor dieſem falle hin! Als er ſie im Garten bey einem andern ſahe. C. G. B. WAs ſeh ich? iſt es wahr? darff ich den ſinnen trauen? Wie? oder ſeh ichs nicht/ was doch die augen ſchauen? Ach! ja/ ſie iſt es ſelbſt/ ihr gang/ natur und kleid/ Trifft mit Liſettens ein/ hier iſt kein unterſcheid. So bin ich ausgethan? So hat man mich vergeſſen? Was Saladin an dir am erſten hat beſeſſen? O himmel/ erd und lufft beſtrafft den falſchen ſinn/ Und reiſſet mich zugleich durch euren eyfer hin! Heiſt dieſes mir getreu: Heiſt dieſes mich nur lieben? Nein! du haſt deinen ſchertz mit meiner pein getrieben Ach! daß ich dich geſehn! ach daß ich dir vertraut! Ach! daß ich meine treu auf deinen ſand gebaut! Seht wie ſie Vermidor auf tauſend art bedienet! Seht wie er ſie wohl gar zu kuͤſſen ſich erkuͤhnet! O himmel/ erd und lufft beſtrafft den falſchen ſinn! Und C 3

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/39>, abgerufen am 24.04.2024.