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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Vermischte-Gedichte.
Gespräche
Von
Zwey verliebten Zwerginnen
gehalten.
Als
Beyde von ihren Galans
verlassen wurden.
J. E. G.
ACh siehe hertzens-kind/ wie mich der himmel qvälet!
Leander nimmt sich nicht der treuen Bellis an.
Du weist/ daß nichts an mir und meinen gliedern fehlet/
Und daß ich dergestalt auch dienste leisten kan.
Jch bin ja wohl gebildt/ und schöne von gesichte/
Und meine wangen sind wol eines kusses wehrt.
So finden sich bey mir auch andre liebes-früchte/
Wie kömmt es/ daß er mir numehr den rücken kehrt?
Bulis
Jch wundre mich zwar sehr; doch kan ichs leichte dencken/
Die pürschgen sind zu klug und bilden sich was ein.
Sie lassen sich den sinn bald so bald anders lencken/
Und da solls allemahl nur was galantes seyn.
Doch höre schwestrichen/ du bist es nicht alleine/
Bey welcher das gelück' auf lauter steltzen geht.
Du kennst den Daphnis wol/ der liebt mich auch zum
scheine/
Weil bey ihm Flavia nur hoch am brette steht.
Es sind in dieser stadt gar wenig meines gleichen/
Und meine klugheit ist auf alles abgericht;
Und dennoch will er nicht von seiner falschheit weichen.
Bellis.
Wie gehts doch immer zu?
Bulis.
Jch weiß es selber nicht.
Er darff sich über mich in wahrheit nicht beklagen/
Jhm
Vermiſchte-Gedichte.
Geſpraͤche
Von
Zwey verliebten Zwerginnen
gehalten.
Als
Beyde von ihren Galans
verlaſſen wurden.
J. E. G.
ACh ſiehe hertzens-kind/ wie mich der himmel qvaͤlet!
Leander nimmt ſich nicht der treuen Bellis an.
Du weiſt/ daß nichts an mir und meinen gliedern fehlet/
Und daß ich dergeſtalt auch dienſte leiſten kan.
Jch bin ja wohl gebildt/ und ſchoͤne von geſichte/
Und meine wangen ſind wol eines kuſſes wehrt.
So finden ſich bey mir auch andre liebes-fruͤchte/
Wie koͤmmt es/ daß er mir numehr den ruͤcken kehrt?
Bulis
Jch wundre mich zwar ſehr; doch kan ichs leichte dencken/
Die puͤrſchgen ſind zu klug und bilden ſich was ein.
Sie laſſen ſich den ſinn bald ſo bald anders lencken/
Und da ſolls allemahl nur was galantes ſeyn.
Doch hoͤre ſchweſtrichen/ du biſt es nicht alleine/
Bey welcher das geluͤck’ auf lauter ſteltzen geht.
Du kennſt den Daphnis wol/ der liebt mich auch zum
ſcheine/
Weil bey ihm Flavia nur hoch am brette ſteht.
Es ſind in dieſer ſtadt gar wenig meines gleichen/
Und meine klugheit iſt auf alles abgericht;
Und dennoch will er nicht von ſeiner falſchheit weichen.
Bellis.
Wie gehts doch immer zu?
Bulis.
Jch weiß es ſelber nicht.
Er darff ſich uͤber mich in wahrheit nicht beklagen/
Jhm
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[372/0374] Vermiſchte-Gedichte. Geſpraͤche Von Zwey verliebten Zwerginnen gehalten. Als Beyde von ihren Galans verlaſſen wurden. J. E. G. ACh ſiehe hertzens-kind/ wie mich der himmel qvaͤlet! Leander nimmt ſich nicht der treuen Bellis an. Du weiſt/ daß nichts an mir und meinen gliedern fehlet/ Und daß ich dergeſtalt auch dienſte leiſten kan. Jch bin ja wohl gebildt/ und ſchoͤne von geſichte/ Und meine wangen ſind wol eines kuſſes wehrt. So finden ſich bey mir auch andre liebes-fruͤchte/ Wie koͤmmt es/ daß er mir numehr den ruͤcken kehrt? Bulis Jch wundre mich zwar ſehr; doch kan ichs leichte dencken/ Die puͤrſchgen ſind zu klug und bilden ſich was ein. Sie laſſen ſich den ſinn bald ſo bald anders lencken/ Und da ſolls allemahl nur was galantes ſeyn. Doch hoͤre ſchweſtrichen/ du biſt es nicht alleine/ Bey welcher das geluͤck’ auf lauter ſteltzen geht. Du kennſt den Daphnis wol/ der liebt mich auch zum ſcheine/ Weil bey ihm Flavia nur hoch am brette ſteht. Es ſind in dieſer ſtadt gar wenig meines gleichen/ Und meine klugheit iſt auf alles abgericht; Und dennoch will er nicht von ſeiner falſchheit weichen. Bellis. Wie gehts doch immer zu? Bulis. Jch weiß es ſelber nicht. Er darff ſich uͤber mich in wahrheit nicht beklagen/ Jhm

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/374>, abgerufen am 12.05.2024.