Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite
Grabschrifften.
Medusae.
C. G. B.
JCh ward von hinten zu durch einen streich gefällt/
Es schmieß der grosse tod mich hinterwerts zur erden:
Warum hat er mir nicht von forne nachgestellt?
Er fürchte/ daß er auch zu steine müsse werden/
Denn/ wo mein auge nur auf etwas seinen schein
Mit vollen kräfften warff/ das wurde bald ein stein.


Einer Ehebrecherinn.
C. H.
JHr menschen dencket nicht bey einem offnen grabe/
Daß alle wollust da ein kaltes ende habe;
Jch werde hier so wol als auf der welt vergnügt/
Jn dem mein blosser leib bey fremden männern liegt.


Einer jungen Ehefrauen.
C. H.
DJe liebe tränckte mich an ihren schönen brüsten/
Mein liebster speiste mich mit angenehmen lüsten/
Nun reist der todt zu früh dis Liebes-band entzwey/
Wer saget's/ daß er nicht ein Ehebrecher sey?
Einer
T 4
Grabſchrifften.
Meduſæ.
C. G. B.
JCh ward von hinten zu durch einen ſtreich gefaͤllt/
Es ſchmieß der groſſe tod mich hinterwerts zur erden:
Warum hat er mir nicht von forne nachgeſtellt?
Er fuͤrchte/ daß er auch zu ſteine muͤſſe werden/
Denn/ wo mein auge nur auf etwas ſeinen ſchein
Mit vollen kraͤfften warff/ das wurde bald ein ſtein.


Einer Ehebrecherinn.
C. H.
JHr menſchen dencket nicht bey einem offnen grabe/
Daß alle wolluſt da ein kaltes ende habe;
Jch werde hier ſo wol als auf der welt vergnuͤgt/
Jn dem mein bloſſer leib bey fremden maͤnnern liegt.


Einer jungen Ehefrauen.
C. H.
DJe liebe traͤnckte mich an ihren ſchoͤnen bruͤſten/
Mein liebſter ſpeiſte mich mit angenehmen luͤſten/
Nun reiſt der todt zu fruͤh dis Liebes-band entzwey/
Wer ſaget’s/ daß er nicht ein Ehebrecher ſey?
Einer
T 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0297" n="295"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Grab&#x017F;chrifften.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Medu&#x017F;æ.</hi></hi><lb/>
C. G. B.</hi> </head><lb/>
          <lg>
            <l><hi rendition="#in">J</hi>Ch ward von hinten zu durch einen &#x017F;treich gefa&#x0364;llt/</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;chmieß der gro&#x017F;&#x017F;e tod mich hinterwerts zur erden:</l><lb/>
            <l>Warum hat er mir nicht von forne nachge&#x017F;tellt?</l><lb/>
            <l>Er fu&#x0364;rchte/ daß er auch zu &#x017F;teine mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e werden/</l><lb/>
            <l>Denn/ wo mein auge nur auf etwas &#x017F;einen &#x017F;chein</l><lb/>
            <l>Mit vollen kra&#x0364;fften warff/ das wurde bald ein &#x017F;tein.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Einer Ehebrecherinn.<lb/>
C. H.</hi> </head><lb/>
          <lg>
            <l><hi rendition="#in">J</hi>Hr men&#x017F;chen dencket nicht bey einem offnen grabe/</l><lb/>
            <l>Daß alle wollu&#x017F;t da ein kaltes ende habe;</l><lb/>
            <l>Jch werde hier &#x017F;o wol als auf der welt vergnu&#x0364;gt/</l><lb/>
            <l>Jn dem mein blo&#x017F;&#x017F;er leib bey fremden ma&#x0364;nnern liegt.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Einer jungen Ehefrauen.<lb/>
C. H.</hi> </head><lb/>
          <lg>
            <l><hi rendition="#in">D</hi>Je liebe tra&#x0364;nckte mich an ihren &#x017F;cho&#x0364;nen bru&#x0364;&#x017F;ten/</l><lb/>
            <l>Mein lieb&#x017F;ter &#x017F;pei&#x017F;te mich mit angenehmen lu&#x0364;&#x017F;ten/</l><lb/>
            <l>Nun rei&#x017F;t der todt zu fru&#x0364;h dis Liebes-band entzwey/</l><lb/>
            <l>Wer &#x017F;aget&#x2019;s/ daß er nicht ein Ehebrecher &#x017F;ey?</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"> <hi rendition="#b">T 4</hi> </fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Einer</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0297] Grabſchrifften. Meduſæ. C. G. B. JCh ward von hinten zu durch einen ſtreich gefaͤllt/ Es ſchmieß der groſſe tod mich hinterwerts zur erden: Warum hat er mir nicht von forne nachgeſtellt? Er fuͤrchte/ daß er auch zu ſteine muͤſſe werden/ Denn/ wo mein auge nur auf etwas ſeinen ſchein Mit vollen kraͤfften warff/ das wurde bald ein ſtein. Einer Ehebrecherinn. C. H. JHr menſchen dencket nicht bey einem offnen grabe/ Daß alle wolluſt da ein kaltes ende habe; Jch werde hier ſo wol als auf der welt vergnuͤgt/ Jn dem mein bloſſer leib bey fremden maͤnnern liegt. Einer jungen Ehefrauen. C. H. DJe liebe traͤnckte mich an ihren ſchoͤnen bruͤſten/ Mein liebſter ſpeiſte mich mit angenehmen luͤſten/ Nun reiſt der todt zu fruͤh dis Liebes-band entzwey/ Wer ſaget’s/ daß er nicht ein Ehebrecher ſey? Einer T 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/297
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/297>, abgerufen am 11.05.2024.