Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Hochzeit-Gedichte. Das schönste Wildpret bey der För- ster- und Zobelischen Ehe-Vermählung eingeliefert durch einen Getreuen Schützen. DEr förster Melidor gieng neulich gantz betrübt/ Und schien/ ob hätt' er sich bloß in den forst verliebt: Er meynte keine lust/ als nur in stillen gründen Bey felsen/ bäumen und bey altem mooß zu finden. Jn dieser lebens-art vergieng er manche zeit: Sein gantz vergnügen war der wald der einsamkeit: Da wo ein jäger sonst das muntre horn ließ klingen/ Ließ er durch laub und blat wol tausend seufftzer drin- gen. Jndem er nun die brust mit solchem thun vergnügt/ Und mittags ungefehr im kühlen schatten liegt: Da hörte Melidor gar fremde vögel singen/ Und daß durch zweig' und äst' itzt andre winde gien- gen. Die lufft erhobe sich von balsam und jesmin/ Dabey der gantze forst voll lauter feuer schien: Man sahe nichts als glantz: ja selbst der sonnen-strahlen/ Die musten jedes blat mit gold und silber mahlen/ An diesen schönen ort' und präthtigen revier/ Zog nun der muntre Pan mit seiner Pales für; Drauf kamen Satyri in vollem flammen-triebe/ Und solchen folgte gleich die mutter aller liebe. Als sie nun Melidor in ihrer pracht ersah: Da wust' er nicht für angst/ wie seiner brust geschah: Er warff sich alsobald bestürtzt zur erden nieder/ Und schrie: ach Göttinn! ach! hier ist geschoß und fieder. Die Venus sprach entrüst: Was dient mir dein geschoß? du drückst kein einigmahl auf etwas wildpret loß: du wilt der faulheit nur und einsamkeit nachgehen: Um meine küche mags/ wer weiß wie? sonsten stehen/ Du
Hochzeit-Gedichte. Das ſchoͤnſte Wildpret bey der Foͤr- ſter- und Zobeliſchen Ehe-Vermaͤhlung eingeliefert durch einen Getreuen Schuͤtzen. DEr foͤrſter Melidor gieng neulich gantz betruͤbt/ Und ſchien/ ob haͤtt’ er ſich bloß in den forſt verliebt: Er meynte keine luſt/ als nur in ſtillen gruͤnden Bey felſen/ baͤumen und bey altem mooß zu finden. Jn dieſer lebens-art vergieng er manche zeit: Sein gantz vergnuͤgen war der wald der einſamkeit: Da wo ein jaͤger ſonſt das muntre horn ließ klingen/ Ließ er durch laub und blat wol tauſend ſeufftzer drin- gen. Jndem er nun die bruſt mit ſolchem thun vergnuͤgt/ Und mittags ungefehr im kuͤhlen ſchatten liegt: Da hoͤrte Melidor gar fremde voͤgel ſingen/ Und daß durch zweig’ und aͤſt’ itzt andre winde gien- gen. Die lufft erhobe ſich von balſam und jeſmin/ Dabey der gantze forſt voll lauter feuer ſchien: Man ſahe nichts als glantz: ja ſelbſt der ſonnen-ſtrahlen/ Die muſten jedes blat mit gold und ſilber mahlen/ An dieſen ſchoͤnen ort’ und praͤthtigen revier/ Zog nun der muntre Pan mit ſeiner Pales fuͤr; Drauf kamen Satyri in vollem flammen-triebe/ Und ſolchen folgte gleich die mutter aller liebe. Als ſie nun Melidor in ihrer pracht erſah: Da wuſt’ er nicht fuͤr angſt/ wie ſeiner bruſt geſchah: Er warff ſich alſobald beſtuͤrtzt zur erden nieder/ Und ſchrie: ach Goͤttinn! ach! hier iſt geſchoß und fieder. Die Venus ſprach entruͤſt: Was dient mir dein geſchoß? du druͤckſt kein einigmahl auf etwas wildpret loß: du wilt der faulheit nur und einſamkeit nachgehen: Um meine kuͤche mags/ wer weiß wie? ſonſten ſtehen/ Du
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Hochzeit-Gedichte.
Das ſchoͤnſte Wildpret bey der Foͤr-
ſter- und Zobeliſchen Ehe-Vermaͤhlung
eingeliefert durch einen Getreuen
Schuͤtzen.
DEr foͤrſter Melidor gieng neulich gantz betruͤbt/
Und ſchien/ ob haͤtt’ er ſich bloß in den forſt verliebt:
Er meynte keine luſt/ als nur in ſtillen gruͤnden
Bey felſen/ baͤumen und bey altem mooß zu finden.
Jn dieſer lebens-art vergieng er manche zeit:
Sein gantz vergnuͤgen war der wald der einſamkeit:
Da wo ein jaͤger ſonſt das muntre horn ließ klingen/
Ließ er durch laub und blat wol tauſend ſeufftzer drin-
gen.
Jndem er nun die bruſt mit ſolchem thun vergnuͤgt/
Und mittags ungefehr im kuͤhlen ſchatten liegt:
Da hoͤrte Melidor gar fremde voͤgel ſingen/
Und daß durch zweig’ und aͤſt’ itzt andre winde gien-
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Die lufft erhobe ſich von balſam und jeſmin/
Dabey der gantze forſt voll lauter feuer ſchien:
Man ſahe nichts als glantz: ja ſelbſt der ſonnen-ſtrahlen/
Die muſten jedes blat mit gold und ſilber mahlen/
An dieſen ſchoͤnen ort’ und praͤthtigen revier/
Zog nun der muntre Pan mit ſeiner Pales fuͤr;
Drauf kamen Satyri in vollem flammen-triebe/
Und ſolchen folgte gleich die mutter aller liebe.
Als ſie nun Melidor in ihrer pracht erſah:
Da wuſt’ er nicht fuͤr angſt/ wie ſeiner bruſt geſchah:
Er warff ſich alſobald beſtuͤrtzt zur erden nieder/
Und ſchrie: ach Goͤttinn! ach! hier iſt geſchoß und fieder.
Die Venus ſprach entruͤſt: Was dient mir dein geſchoß?
du druͤckſt kein einigmahl auf etwas wildpret loß:
du wilt der faulheit nur und einſamkeit nachgehen:
Um meine kuͤche mags/ wer weiß wie? ſonſten ſtehen/
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Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/209>, abgerufen am 20.07.2024. |