Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Galante und Die wolle/ draus ihr garn die liebes göttin spinnet;Ein netze von der hand der wollust aufgestellt; Ein Cittadell/ das leicht ein lieber feind gewinnet; Ein schnee der lebend ist und feuer in sich hält; Die burg die von begier und anmuth auffgebauet/ Und deren wände sind mit marmel überlegt; Ein stein/ den man der milch an farbe gleichen schauet/ Und der dem strahle nach des mondes nahmen trägt: Ein bette/ welches offt mit küssen wird begossen; Ein bette/ wo die lieb auff schwanen federn liegt; Ein ziel/ nach welchem auch mit seufftzen wird geschossen; Ein bollwerck/ dem kein sturm hat schaden zugefügt; Ein wachhauß/ wo nur stets zwo schöne schwestern wachen; Ein wall/ durch den das thal der keuschheit wird beschützt; Ein heerd/ wo lieb und lust nicht selten feuer machen; Ein doppeltes altar auf zeit und schmuck gestützt; Ein tisch mit teppichen von atlas überleget; Ein schönes helffenbein/ das alles gold beschämt; Ein wagen dessen sitz den überwinder träget; Ein sieger/ der die thier' und wilde völcker zähmt; Ein liebs-gerüst auf dem man auch zum thale steiget; Zwo platten die an werth des silbers mächtig sind; Zwo taffeln welche man nicht leichtlich jedem zeiget; Zwo trauben/ welche man auf keinen stöcken findt; Die liebe brauchet uns manchmahl zu handgranaten/ Wenn die eroberung durch pfeile mißgelingt/ Und giebt den nahmen uns des werckzeugs ihrer thaten/ Durch die sie alle welt zur übergabe zwingt; Doch unser ruhm ist schon in Marmel eingegraben/ Und wird durch so ein blat/ wie dieses/ nur entweiht; Kein glied des leibes kan vor uns den vorzug haben Weil keines so wie wir die gantze welt erfreut. Wie würde deren Creiß noch voller Menschen leben/ Wenn wir als amme nicht dieselbigen getränckt/ Und täglich müssen wir noch diese nahrung geben/ Damit ihr bau sich nicht zum untergange senckt. Wir
Galante und Die wolle/ draus ihr garn die liebes goͤttin ſpinnet;Ein netze von der hand der wolluſt aufgeſtellt; Ein Cittadell/ das leicht ein lieber feind gewinnet; Ein ſchnee der lebend iſt und feuer in ſich haͤlt; Die burg die von begier und anmuth auffgebauet/ Und deren waͤnde ſind mit marmel uͤberlegt; Ein ſtein/ den man der milch an farbe gleichen ſchauet/ Und der dem ſtrahle nach des mondes nahmen traͤgt: Ein bette/ welches offt mit kuͤſſen wird begoſſen; Ein bette/ wo die lieb auff ſchwanen federn liegt; Ein ziel/ nach welchem auch mit ſeufftzen wird geſchoſſen; Ein bollwerck/ dem kein ſturm hat ſchaden zugefuͤgt; Ein wachhauß/ wo nur ſtets zwo ſchoͤne ſchweſtern wachen; Ein wall/ durch den das thal der keuſchheit wird beſchuͤtzt; Ein heerd/ wo lieb und luſt nicht ſelten feuer machen; Ein doppeltes altar auf zeit und ſchmuck geſtuͤtzt; Ein tiſch mit teppichen von atlas uͤberleget; Ein ſchoͤnes helffenbein/ das alles gold beſchaͤmt; Ein wagen deſſen ſitz den uͤberwinder traͤget; Ein ſieger/ der die thier’ und wilde voͤlcker zaͤhmt; Ein liebs-geruͤſt auf dem man auch zum thale ſteiget; Zwo platten die an werth des ſilbers maͤchtig ſind; Zwo taffeln welche man nicht leichtlich jedem zeiget; Zwo trauben/ welche man auf keinen ſtoͤcken findt; Die liebe brauchet uns manchmahl zu handgranaten/ Wenn die eroberung durch pfeile mißgelingt/ Und giebt den nahmen uns des werckzeugs ihrer thaten/ Durch die ſie alle welt zur uͤbergabe zwingt; Doch unſer ruhm iſt ſchon in Marmel eingegraben/ Und wird durch ſo ein blat/ wie dieſes/ nur entweiht; Kein glied des leibes kan vor uns den vorzug haben Weil keines ſo wie wir die gantze welt erfreut. Wie wuͤrde deren Creiß noch voller Menſchen leben/ Wenn wir als amme nicht dieſelbigen getraͤnckt/ Und taͤglich muͤſſen wir noch dieſe nahrung geben/ Damit ihr bau ſich nicht zum untergange ſenckt. Wir
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Galante und
Die wolle/ draus ihr garn die liebes goͤttin ſpinnet;
Ein netze von der hand der wolluſt aufgeſtellt;
Ein Cittadell/ das leicht ein lieber feind gewinnet;
Ein ſchnee der lebend iſt und feuer in ſich haͤlt;
Die burg die von begier und anmuth auffgebauet/
Und deren waͤnde ſind mit marmel uͤberlegt;
Ein ſtein/ den man der milch an farbe gleichen ſchauet/
Und der dem ſtrahle nach des mondes nahmen traͤgt:
Ein bette/ welches offt mit kuͤſſen wird begoſſen;
Ein bette/ wo die lieb auff ſchwanen federn liegt;
Ein ziel/ nach welchem auch mit ſeufftzen wird geſchoſſen;
Ein bollwerck/ dem kein ſturm hat ſchaden zugefuͤgt;
Ein wachhauß/ wo nur ſtets zwo ſchoͤne ſchweſtern wachen;
Ein wall/ durch den das thal der keuſchheit wird beſchuͤtzt;
Ein heerd/ wo lieb und luſt nicht ſelten feuer machen;
Ein doppeltes altar auf zeit und ſchmuck geſtuͤtzt;
Ein tiſch mit teppichen von atlas uͤberleget;
Ein ſchoͤnes helffenbein/ das alles gold beſchaͤmt;
Ein wagen deſſen ſitz den uͤberwinder traͤget;
Ein ſieger/ der die thier’ und wilde voͤlcker zaͤhmt;
Ein liebs-geruͤſt auf dem man auch zum thale ſteiget;
Zwo platten die an werth des ſilbers maͤchtig ſind;
Zwo taffeln welche man nicht leichtlich jedem zeiget;
Zwo trauben/ welche man auf keinen ſtoͤcken findt;
Die liebe brauchet uns manchmahl zu handgranaten/
Wenn die eroberung durch pfeile mißgelingt/
Und giebt den nahmen uns des werckzeugs ihrer thaten/
Durch die ſie alle welt zur uͤbergabe zwingt;
Doch unſer ruhm iſt ſchon in Marmel eingegraben/
Und wird durch ſo ein blat/ wie dieſes/ nur entweiht;
Kein glied des leibes kan vor uns den vorzug haben
Weil keines ſo wie wir die gantze welt erfreut.
Wie wuͤrde deren Creiß noch voller Menſchen leben/
Wenn wir als amme nicht dieſelbigen getraͤnckt/
Und taͤglich muͤſſen wir noch dieſe nahrung geben/
Damit ihr bau ſich nicht zum untergange ſenckt.
Wir
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Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/14>, abgerufen am 16.07.2024. |