Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Auf den mancherley zeit-vertreib.
WJe wunderlich wird nicht die lange zeit vertrieben!
Der eine bringt sie zu mit schlägen/ der mit lieben/
Dort jenem macht music/ dem karten-spiel vergnügen/
Der sieht zum fenster nauß/ ein ander fänget fliegen.
Der läufft die stub entzwey/ der schnitzelt an der wand/
Und jener beisset sich die nägel von der hand.
Noch andre suchen noch was anders auszuüben.
Wie wunderlich wird nicht die lange zeit vertrieben!


1.
PUrgantius ein Mediciner/
Curirte gleich im ersten jahr/
Er war ein allgemeiner diener/
Wo noth und todt verhanden war/
Und zwar mit schlechten complimenten/
Es mochte was es wolte seyn/
So sprach er zu den patienten:
Nehmt pillen ein/ nehmt pillen ein.
2.
Bald kam ein ungeschliffner bauer/
Dem that der hertzens-bengel weh/
Bald kam ein ander loser lauer/
Dem fehlte was in seiner eh;
Dem einen war ein fluß gefallen/
Beym andern war das zipperlein;
Der Medieiner sprach zu allen:
Nehmt pillen ein/ nehmt pillen ein.
3.
Der hatte gifft zu sich genommen/
Der konte weder gehn noch stehn/
Dem war was in die quer gekommen/
Das nach der länge solte gehn;
Den
X 5
Vermiſchte Gedichte.
Auf den mancherley zeit-vertreib.
WJe wunderlich wird nicht die lange zeit vertrieben!
Der eine bringt ſie zu mit ſchlaͤgen/ der mit lieben/
Dort jenem macht muſic/ dem karten-ſpiel vergnuͤgen/
Der ſieht zum fenſter nauß/ ein ander faͤnget fliegen.
Der laͤufft die ſtub entzwey/ der ſchnitzelt an der wand/
Und jener beiſſet ſich die naͤgel von der hand.
Noch andre ſuchen noch was anders auszuuͤben.
Wie wunderlich wird nicht die lange zeit vertrieben!


1.
PUrgantius ein Mediciner/
Curirte gleich im erſten jahr/
Er war ein allgemeiner diener/
Wo noth und todt verhanden war/
Und zwar mit ſchlechten complimenten/
Es mochte was es wolte ſeyn/
So ſprach er zu den patienten:
Nehmt pillen ein/ nehmt pillen ein.
2.
Bald kam ein ungeſchliffner bauer/
Dem that der hertzens-bengel weh/
Bald kam ein ander loſer lauer/
Dem fehlte was in ſeiner eh;
Dem einen war ein fluß gefallen/
Beym andern war das zipperlein;
Der Medieiner ſprach zu allen:
Nehmt pillen ein/ nehmt pillen ein.
3.
Der hatte gifft zu ſich genommen/
Der konte weder gehn noch ſtehn/
Dem war was in die quer gekommen/
Das nach der laͤnge ſolte gehn;
Den
X 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0337" n="327"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Auf den mancherley zeit-vertreib.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>Je wunderlich wird nicht die lange zeit vertrieben!</l><lb/>
            <l>Der eine bringt &#x017F;ie zu mit &#x017F;chla&#x0364;gen/ der mit lieben/</l><lb/>
            <l>Dort jenem macht mu&#x017F;ic/ dem karten-&#x017F;piel vergnu&#x0364;gen/</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;ieht zum fen&#x017F;ter nauß/ ein ander fa&#x0364;nget fliegen.</l><lb/>
            <l>Der la&#x0364;ufft die &#x017F;tub entzwey/ der &#x017F;chnitzelt an der wand/</l><lb/>
            <l>Und jener bei&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich die na&#x0364;gel von der hand.</l><lb/>
            <l>Noch andre &#x017F;uchen noch was anders auszuu&#x0364;ben.</l><lb/>
            <l>Wie wunderlich wird nicht die lange zeit vertrieben!</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg n="1">
            <head>1.</head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">P</hi>Urgantius ein Mediciner/</l><lb/>
            <l>Curirte gleich im er&#x017F;ten jahr/</l><lb/>
            <l>Er war ein allgemeiner diener/</l><lb/>
            <l>Wo noth und todt verhanden war/</l><lb/>
            <l>Und zwar mit &#x017F;chlechten complimenten/</l><lb/>
            <l>Es mochte was es wolte &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>So &#x017F;prach er zu den patienten:</l><lb/>
            <l>Nehmt pillen ein/ nehmt pillen ein.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <head>2.</head><lb/>
            <l>Bald kam ein unge&#x017F;chliffner bauer/</l><lb/>
            <l>Dem that der hertzens-bengel weh/</l><lb/>
            <l>Bald kam ein ander lo&#x017F;er lauer/</l><lb/>
            <l>Dem fehlte was in &#x017F;einer eh;</l><lb/>
            <l>Dem einen war ein fluß gefallen/</l><lb/>
            <l>Beym andern war das zipperlein;</l><lb/>
            <l>Der Medieiner &#x017F;prach zu allen:</l><lb/>
            <l>Nehmt pillen ein/ nehmt pillen ein.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <head>3.</head><lb/>
            <l>Der hatte gifft zu &#x017F;ich genommen/</l><lb/>
            <l>Der konte weder gehn noch &#x017F;tehn/</l><lb/>
            <l>Dem war was in die quer gekommen/</l><lb/>
            <l>Das nach der la&#x0364;nge &#x017F;olte gehn;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0337] Vermiſchte Gedichte. Auf den mancherley zeit-vertreib. WJe wunderlich wird nicht die lange zeit vertrieben! Der eine bringt ſie zu mit ſchlaͤgen/ der mit lieben/ Dort jenem macht muſic/ dem karten-ſpiel vergnuͤgen/ Der ſieht zum fenſter nauß/ ein ander faͤnget fliegen. Der laͤufft die ſtub entzwey/ der ſchnitzelt an der wand/ Und jener beiſſet ſich die naͤgel von der hand. Noch andre ſuchen noch was anders auszuuͤben. Wie wunderlich wird nicht die lange zeit vertrieben! 1. PUrgantius ein Mediciner/ Curirte gleich im erſten jahr/ Er war ein allgemeiner diener/ Wo noth und todt verhanden war/ Und zwar mit ſchlechten complimenten/ Es mochte was es wolte ſeyn/ So ſprach er zu den patienten: Nehmt pillen ein/ nehmt pillen ein. 2. Bald kam ein ungeſchliffner bauer/ Dem that der hertzens-bengel weh/ Bald kam ein ander loſer lauer/ Dem fehlte was in ſeiner eh; Dem einen war ein fluß gefallen/ Beym andern war das zipperlein; Der Medieiner ſprach zu allen: Nehmt pillen ein/ nehmt pillen ein. 3. Der hatte gifft zu ſich genommen/ Der konte weder gehn noch ſtehn/ Dem war was in die quer gekommen/ Das nach der laͤnge ſolte gehn; Den X 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/337
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/337>, abgerufen am 21.11.2024.