Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
Daß er den überrest der kräffte vollends bande:
Da hieß nun dieser kampf wohl recht betrübt vollbracht.
O tod/ du grausamer! du würdest selber weinen/
Wann auch ein auge nur aus deinem schedel säh'/
Die sache würde dir erbarmens-würdig scheinen/
Wann bloß ein blick von dir auff diesen fall geschäh'.
Allein so kanst du nicht der tugend würde schätzen/
Dein ohr bezwinget nicht ein süsser lauten-thon/
Dich kan geschicklichkeit in kein verschonen setzen/
Verstand und gottesfurcht findt bey dir schlechten lohn;
Sonst hättest du allhier nicht so was angerichtet/
Mit dem diß und noch mehr ins finstre grab verschiest/
Dein eingriff hätte nicht die schönheit so vernichtet/
Die nun der sarg in sich als eine leich umschließt.
Doch wisse/ daß dein sieg ein unterliegen heisset/
Wann man nach Christen-pflicht den ausschlag recht bedenckt/
Nach welchem deine faust nichts von der erden reisset/
Sie werde denn mit fleiß von GOtt darauff gelenckt.
Der wird den leib dereinst viel schöner wiedergeben/
Der seelen aber ist kein unfall zugefügt.
Die kan als heilig nun bey schönen engeln leben:
Diß ists/ was bey dem streit die eltern noch vergnügt.


Auf Jungf. Johannä Dorotheä
Knorrin früher tod.

F. C. R.

WJr legen in der welt geschwinde posten an/
Von einer stadt und ort zum andern bald zu kommen/
Und rühmen den/ so erst den vorschlag hat gethan/
Wodurch auf reisen uns viel unlust wird entnommen/
Und die correspondentz zugleich sehr leicht gemacht/
Daß/ was in monats-frist man sonst kaum haben können/
Man ietzo wöchentlich fieht hin und wieder rennen/
Wann der postilion durch tag und nächte wacht/
Jn-
Begraͤbniß-Gedichte.
Daß er den uͤberreſt der kraͤffte vollends bande:
Da hieß nun dieſer kampf wohl recht betruͤbt vollbracht.
O tod/ du grauſamer! du wuͤrdeſt ſelber weinen/
Wann auch ein auge nur aus deinem ſchedel ſaͤh’/
Die ſache wuͤrde dir erbarmens-wuͤrdig ſcheinen/
Wann bloß ein blick von dir auff dieſen fall geſchaͤh’.
Allein ſo kanſt du nicht der tugend wuͤrde ſchaͤtzen/
Dein ohr bezwinget nicht ein ſuͤſſer lauten-thon/
Dich kan geſchicklichkeit in kein verſchonen ſetzen/
Verſtand und gottesfurcht findt bey dir ſchlechten lohn;
Sonſt haͤtteſt du allhier nicht ſo was angerichtet/
Mit dem diß und noch mehr ins finſtre grab verſchieſt/
Dein eingriff haͤtte nicht die ſchoͤnheit ſo vernichtet/
Die nun der ſarg in ſich als eine leich umſchließt.
Doch wiſſe/ daß dein ſieg ein unterliegen heiſſet/
Wann man nach Chriſten-pflicht den ausſchlag recht bedenckt/
Nach welchem deine fauſt nichts von der erden reiſſet/
Sie werde denn mit fleiß von GOtt darauff gelenckt.
Der wird den leib dereinſt viel ſchoͤner wiedergeben/
Der ſeelen aber iſt kein unfall zugefuͤgt.
Die kan als heilig nun bey ſchoͤnen engeln leben:
Diß iſts/ was bey dem ſtreit die eltern noch vergnuͤgt.


Auf Jungf. Johannaͤ Dorotheaͤ
Knorrin fruͤher tod.

F. C. R.

WJr legen in der welt geſchwinde poſten an/
Von einer ſtadt und ort zum andern bald zu kommen/
Und ruͤhmen den/ ſo erſt den vorſchlag hat gethan/
Wodurch auf reiſen uns viel unluſt wird entnommen/
Und die correſpondentz zugleich ſehr leicht gemacht/
Daß/ was in monats-friſt man ſonſt kaum haben koͤnnen/
Man ietzo woͤchentlich fieht hin und wieder rennen/
Wann der poſtilion durch tag und naͤchte wacht/
Jn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0212" n="202"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Daß er den u&#x0364;berre&#x017F;t der kra&#x0364;ffte vollends bande:</l><lb/>
            <l>Da hieß nun die&#x017F;er kampf wohl recht betru&#x0364;bt vollbracht.</l><lb/>
            <l>O tod/ du grau&#x017F;amer! du wu&#x0364;rde&#x017F;t &#x017F;elber weinen/</l><lb/>
            <l>Wann auch ein auge nur aus deinem &#x017F;chedel &#x017F;a&#x0364;h&#x2019;/</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ache wu&#x0364;rde dir erbarmens-wu&#x0364;rdig &#x017F;cheinen/</l><lb/>
            <l>Wann bloß ein blick von dir auff die&#x017F;en fall ge&#x017F;cha&#x0364;h&#x2019;.</l><lb/>
            <l>Allein &#x017F;o kan&#x017F;t du nicht der tugend wu&#x0364;rde &#x017F;cha&#x0364;tzen/</l><lb/>
            <l>Dein ohr bezwinget nicht ein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er lauten-thon/</l><lb/>
            <l>Dich kan ge&#x017F;chicklichkeit in kein ver&#x017F;chonen &#x017F;etzen/</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;tand und gottesfurcht findt bey dir &#x017F;chlechten lohn;</l><lb/>
            <l>Son&#x017F;t ha&#x0364;tte&#x017F;t du allhier nicht &#x017F;o was angerichtet/</l><lb/>
            <l>Mit dem diß und noch mehr ins fin&#x017F;tre grab ver&#x017F;chie&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Dein eingriff ha&#x0364;tte nicht die &#x017F;cho&#x0364;nheit &#x017F;o vernichtet/</l><lb/>
            <l>Die nun der &#x017F;arg in &#x017F;ich als eine leich um&#x017F;chließt.</l><lb/>
            <l>Doch wi&#x017F;&#x017F;e/ daß dein &#x017F;ieg ein unterliegen hei&#x017F;&#x017F;et/</l><lb/>
            <l>Wann man nach Chri&#x017F;ten-pflicht den aus&#x017F;chlag recht bedenckt/</l><lb/>
            <l>Nach welchem deine fau&#x017F;t nichts von der erden rei&#x017F;&#x017F;et/</l><lb/>
            <l>Sie werde denn mit fleiß von GOtt darauff gelenckt.</l><lb/>
            <l>Der wird den leib derein&#x017F;t viel &#x017F;cho&#x0364;ner wiedergeben/</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;eelen aber i&#x017F;t kein unfall zugefu&#x0364;gt.</l><lb/>
            <l>Die kan als heilig nun bey &#x017F;cho&#x0364;nen engeln leben:</l><lb/>
            <l>Diß i&#x017F;ts/ was bey dem &#x017F;treit die eltern noch vergnu&#x0364;gt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Auf Jungf. Johanna&#x0364; Dorothea&#x0364;<lb/>
Knorrin fru&#x0364;her tod.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">F. C. R.</hi> </p><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>Jr legen in der welt ge&#x017F;chwinde po&#x017F;ten an/</l><lb/>
            <l>Von einer &#x017F;tadt und ort zum andern bald zu kommen/</l><lb/>
            <l>Und ru&#x0364;hmen den/ &#x017F;o er&#x017F;t den vor&#x017F;chlag hat gethan/</l><lb/>
            <l>Wodurch auf rei&#x017F;en uns viel unlu&#x017F;t wird entnommen/</l><lb/>
            <l>Und die corre&#x017F;pondentz zugleich &#x017F;ehr leicht gemacht/</l><lb/>
            <l>Daß/ was in monats-fri&#x017F;t man &#x017F;on&#x017F;t kaum haben ko&#x0364;nnen/</l><lb/>
            <l>Man ietzo wo&#x0364;chentlich fieht hin und wieder rennen/</l><lb/>
            <l>Wann der po&#x017F;tilion durch tag und na&#x0364;chte wacht/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Jn-</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0212] Begraͤbniß-Gedichte. Daß er den uͤberreſt der kraͤffte vollends bande: Da hieß nun dieſer kampf wohl recht betruͤbt vollbracht. O tod/ du grauſamer! du wuͤrdeſt ſelber weinen/ Wann auch ein auge nur aus deinem ſchedel ſaͤh’/ Die ſache wuͤrde dir erbarmens-wuͤrdig ſcheinen/ Wann bloß ein blick von dir auff dieſen fall geſchaͤh’. Allein ſo kanſt du nicht der tugend wuͤrde ſchaͤtzen/ Dein ohr bezwinget nicht ein ſuͤſſer lauten-thon/ Dich kan geſchicklichkeit in kein verſchonen ſetzen/ Verſtand und gottesfurcht findt bey dir ſchlechten lohn; Sonſt haͤtteſt du allhier nicht ſo was angerichtet/ Mit dem diß und noch mehr ins finſtre grab verſchieſt/ Dein eingriff haͤtte nicht die ſchoͤnheit ſo vernichtet/ Die nun der ſarg in ſich als eine leich umſchließt. Doch wiſſe/ daß dein ſieg ein unterliegen heiſſet/ Wann man nach Chriſten-pflicht den ausſchlag recht bedenckt/ Nach welchem deine fauſt nichts von der erden reiſſet/ Sie werde denn mit fleiß von GOtt darauff gelenckt. Der wird den leib dereinſt viel ſchoͤner wiedergeben/ Der ſeelen aber iſt kein unfall zugefuͤgt. Die kan als heilig nun bey ſchoͤnen engeln leben: Diß iſts/ was bey dem ſtreit die eltern noch vergnuͤgt. Auf Jungf. Johannaͤ Dorotheaͤ Knorrin fruͤher tod. F. C. R. WJr legen in der welt geſchwinde poſten an/ Von einer ſtadt und ort zum andern bald zu kommen/ Und ruͤhmen den/ ſo erſt den vorſchlag hat gethan/ Wodurch auf reiſen uns viel unluſt wird entnommen/ Und die correſpondentz zugleich ſehr leicht gemacht/ Daß/ was in monats-friſt man ſonſt kaum haben koͤnnen/ Man ietzo woͤchentlich fieht hin und wieder rennen/ Wann der poſtilion durch tag und naͤchte wacht/ Jn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/212
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/212>, abgerufen am 23.11.2024.