Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Begräbniß-Gedichte. Bald aber soll nach ihr der krancke sich beqvemen/Wenn sein gesicht erblaßt auf einer baare liegt. Diß will uns leider! itzt ein traurig beyspiel lehren/ Da man ein liebstes kind in sterbe-rock einkleidt/ Das durch der schönheit glantz den tod nicht kan bethören/ Auff dessen anfall es von seinen eltern scheidt: Ein angenehmer zweig/ aus einem solchem stamme/ Der auch schon anderweit von schöner frucht bekandt/ Ein rauch-altar/ worauff des vaters liebes-flamme Mit höchster billigkeit in voller glut gebrannt; Doch nun ein kläglich ziel des todes grausamkeiten/ Ein raub/ den er zu sich ohn all erbarmniß reißt; Ein meisterstück/ berühmt von so viel trefflichkeiten/ Die unsre stadt mit recht an ihrer jugend preist. Als dessen schöne pracht den ersten anstoß litte/ War zu dem siege noch erfreute hoffnung da/ Weil wider ihren feind sie so behertzet stritte/ Und mit vollkommnem muth ihm in die augen sah['.] Das lager/ so er bald um diese festung führte/ Ließ anfangs noch succnrs und treuen beystand ein; Doch/ als der andre sturm der adern zufluß rührte/ Must' auch die wahlstatt schon mit blut gefärbet seyn. Der fernere versuch geschach mit feuer-gluten Darunter sich zugleich des friesels schnee gemengt; So/ daß kaum ein entsatz dargegen zu vermuthen/ Weil allenthalben sich der tod nun eingedrängt. Da lag der müde leib von wachen ausgezehret/ Der weder raum noch zeit zum labsal übrig fand; Jhm war zu widerstehn die möglichkeit verwehret/ Der streit schien aus zu seyn/ der sieg ins gegners hand. Als sich nun alles so zur übergabe schickte/ Kam unverhofft ein ruff/ als wann accord da wär/ Jndem ein sanffter schlaff den lebens-geist erqvickte; Doch diese ruhe war von aller hülffe leer. Weil sich durch krieges-list die schönheit schlaffend fande/ Nahm der verstellte feind den vortheil so in acht/ Daß
Begraͤbniß-Gedichte. Bald aber ſoll nach ihr der krancke ſich beqvemen/Wenn ſein geſicht erblaßt auf einer baare liegt. Diß will uns leider! itzt ein traurig beyſpiel lehren/ Da man ein liebſtes kind in ſterbe-rock einkleidt/ Das durch der ſchoͤnheit glantz den tod nicht kan bethoͤren/ Auff deſſen anfall es von ſeinen eltern ſcheidt: Ein angenehmer zweig/ aus einem ſolchem ſtamme/ Der auch ſchon anderweit von ſchoͤner frucht bekandt/ Ein rauch-altar/ worauff des vaters liebes-flamme Mit hoͤchſter billigkeit in voller glut gebrannt; Doch nun ein klaͤglich ziel des todes grauſamkeiten/ Ein raub/ den er zu ſich ohn all erbarmniß reißt; Ein meiſterſtuͤck/ beruͤhmt von ſo viel trefflichkeiten/ Die unſre ſtadt mit recht an ihrer jugend preiſt. Als deſſen ſchoͤne pracht den erſten anſtoß litte/ War zu dem ſiege noch erfreute hoffnung da/ Weil wider ihren feind ſie ſo behertzet ſtritte/ Und mit vollkommnem muth ihm in die augen ſah[’.] Das lager/ ſo er bald um dieſe feſtung fuͤhrte/ Ließ anfangs noch ſuccnrs und treuen beyſtand ein; Doch/ als der andre ſturm der adern zufluß ruͤhrte/ Muſt’ auch die wahlſtatt ſchon mit blut gefaͤrbet ſeyn. Der fernere verſuch geſchach mit feuer-gluten Darunter ſich zugleich des frieſels ſchnee gemengt; So/ daß kaum ein entſatz dargegen zu vermuthen/ Weil allenthalben ſich der tod nun eingedraͤngt. Da lag der muͤde leib von wachen ausgezehret/ Der weder raum noch zeit zum labſal uͤbrig fand; Jhm war zu widerſtehn die moͤglichkeit verwehret/ Der ſtreit ſchien aus zu ſeyn/ der ſieg ins gegners hand. Als ſich nun alles ſo zur uͤbergabe ſchickte/ Kam unverhofft ein ruff/ als wann accord da waͤr/ Jndem ein ſanffter ſchlaff den lebens-geiſt erqvickte; Doch dieſe ruhe war von aller huͤlffe leer. Weil ſich durch krieges-liſt die ſchoͤnheit ſchlaffend fande/ Nahm der verſtellte feind den vortheil ſo in acht/ Daß
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Begraͤbniß-Gedichte.
Bald aber ſoll nach ihr der krancke ſich beqvemen/
Wenn ſein geſicht erblaßt auf einer baare liegt.
Diß will uns leider! itzt ein traurig beyſpiel lehren/
Da man ein liebſtes kind in ſterbe-rock einkleidt/
Das durch der ſchoͤnheit glantz den tod nicht kan bethoͤren/
Auff deſſen anfall es von ſeinen eltern ſcheidt:
Ein angenehmer zweig/ aus einem ſolchem ſtamme/
Der auch ſchon anderweit von ſchoͤner frucht bekandt/
Ein rauch-altar/ worauff des vaters liebes-flamme
Mit hoͤchſter billigkeit in voller glut gebrannt;
Doch nun ein klaͤglich ziel des todes grauſamkeiten/
Ein raub/ den er zu ſich ohn all erbarmniß reißt;
Ein meiſterſtuͤck/ beruͤhmt von ſo viel trefflichkeiten/
Die unſre ſtadt mit recht an ihrer jugend preiſt.
Als deſſen ſchoͤne pracht den erſten anſtoß litte/
War zu dem ſiege noch erfreute hoffnung da/
Weil wider ihren feind ſie ſo behertzet ſtritte/
Und mit vollkommnem muth ihm in die augen ſah’.
Das lager/ ſo er bald um dieſe feſtung fuͤhrte/
Ließ anfangs noch ſuccnrs und treuen beyſtand ein;
Doch/ als der andre ſturm der adern zufluß ruͤhrte/
Muſt’ auch die wahlſtatt ſchon mit blut gefaͤrbet ſeyn.
Der fernere verſuch geſchach mit feuer-gluten
Darunter ſich zugleich des frieſels ſchnee gemengt;
So/ daß kaum ein entſatz dargegen zu vermuthen/
Weil allenthalben ſich der tod nun eingedraͤngt.
Da lag der muͤde leib von wachen ausgezehret/
Der weder raum noch zeit zum labſal uͤbrig fand;
Jhm war zu widerſtehn die moͤglichkeit verwehret/
Der ſtreit ſchien aus zu ſeyn/ der ſieg ins gegners hand.
Als ſich nun alles ſo zur uͤbergabe ſchickte/
Kam unverhofft ein ruff/ als wann accord da waͤr/
Jndem ein ſanffter ſchlaff den lebens-geiſt erqvickte;
Doch dieſe ruhe war von aller huͤlffe leer.
Weil ſich durch krieges-liſt die ſchoͤnheit ſchlaffend fande/
Nahm der verſtellte feind den vortheil ſo in acht/
Daß
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