Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Hochzeit-Gedichte. Und wie es bräuchlich ist/ bey ihren richter-stabUnd bey der liebe glut bezeugen und beschweren: Welch sinn von allen ihr am angenehmsten sey/ Und am geschicktesten mög in der liebe dienen. Denn ob ihr würcken schon nicht eben einerley/ So wüntschten sie dennoch in ihrer gunst zu sterben. Erst führte das Gesicht sein edles fürrecht an/ Und ließ die augen selbst mit nachdruck für sich sprechen: Wie daß ihr glantz allein die lieb entzünden kan/ Jhr heisser strahl so gar muß durch die selen brechen/ Und daß sie/ wie man meint/ die schlauen führer seyn/ Dadurch wir allgemach im lieben uns versteigen: Ob schenckten ferner sie der Venus gantz allein Die menschen insgemein als sclaven und leibeigen: Ob würde nur durch sie ein schönes kind bekandt: Als wären sie allein die werber in der liebe/ Und daß auch endlich ja nicht stahl und Diamant Für ihrem feuer hart und unbeweglich bliebe. Die ohren brachen drauff in vollem eyffer aus/ Und suchten das gehör/ wie folget/ zu vertreten: Nachdem wir/ Venus/ uns erst gleichsam zum voraus Ein gnädiges gehör von dero huld erbeten; So stellen treulich diß zu deren urtheil dar/ Ob augen allezeit so viel verrichten können/ Und ob es gegentheils vielmehr nicht sonnen-klar/ Daß man uns beyde muß der liebe führer nennen. Man höret allererst von dem/ was nach der zeit Zu sehen ist erlaubt und endlich auch zu lieben. Durch uns ergründet man die gröste heimlichkeit/ Diß was den augen noch verborgen ist geblieben/ Was eine Dame ziert und recht vollkommen macht/ Wie wenig offtermahls der schönheit sey zu trauen/ Und wie/ wer eine frau für liebenswürdig acht/ Muß nach dem hertzen mehr/ als nach den wangen/ schauen Drauff wolte der geruch auch nicht der letzte seyn/ Und weil die nase nun sein ausgestecktes zeichen/ So brach sie alsobald mit diesen worten ein: Sind Jungfern/ wie man sagt/ den rosen zu vergleichen/ Geht
Hochzeit-Gedichte. Und wie es braͤuchlich iſt/ bey ihren richter-ſtabUnd bey der liebe glut bezeugen und beſchweren: Welch ſinn von allen ihr am angenehmſten ſey/ Und am geſchickteſten moͤg in der liebe dienen. Denn ob ihr wuͤrcken ſchon nicht eben einerley/ So wuͤntſchten ſie dennoch in ihrer gunſt zu ſterben. Erſt fuͤhrte das Geſicht ſein edles fuͤrrecht an/ Und ließ die augen ſelbſt mit nachdruck fuͤr ſich ſprechen: Wie daß ihr glantz allein die lieb entzuͤnden kan/ Jhr heiſſer ſtrahl ſo gar muß durch die ſelen brechen/ Und daß ſie/ wie man meint/ die ſchlauen fuͤhrer ſeyn/ Dadurch wir allgemach im lieben uns verſteigen: Ob ſchenckten ferner ſie der Venus gantz allein Die menſchen insgemein als ſclaven und leibeigen: Ob wuͤrde nur durch ſie ein ſchoͤnes kind bekandt: Als waͤren ſie allein die werber in der liebe/ Und daß auch endlich ja nicht ſtahl und Diamant Fuͤr ihrem feuer hart und unbeweglich bliebe. Die ohren brachen drauff in vollem eyffer aus/ Und ſuchten das gehoͤr/ wie folget/ zu vertreten: Nachdem wir/ Venus/ uns erſt gleichſam zum voraus Ein gnaͤdiges gehoͤr von dero huld erbeten; So ſtellen treulich diß zu deren urtheil dar/ Ob augen allezeit ſo viel verrichten koͤnnen/ Und ob es gegentheils vielmehr nicht ſonnen-klar/ Daß man uns beyde muß der liebe fuͤhrer nennen. Man hoͤret allererſt von dem/ was nach der zeit Zu ſehen iſt erlaubt und endlich auch zu lieben. Durch uns ergruͤndet man die groͤſte heimlichkeit/ Diß was den augen noch verborgen iſt geblieben/ Was eine Dame ziert und recht vollkommen macht/ Wie wenig offtermahls der ſchoͤnheit ſey zu trauen/ Und wie/ wer eine frau fuͤr liebenswuͤrdig acht/ Muß nach dem hertzen mehr/ als nach den wangen/ ſchauen Drauff wolte der geruch auch nicht der letzte ſeyn/ Und weil die naſe nun ſein ausgeſtecktes zeichen/ So brach ſie alſobald mit dieſen worten ein: Sind Jungfern/ wie man ſagt/ den roſen zu vergleichen/ Geht
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Hochzeit-Gedichte.
Und wie es braͤuchlich iſt/ bey ihren richter-ſtab
Und bey der liebe glut bezeugen und beſchweren:
Welch ſinn von allen ihr am angenehmſten ſey/
Und am geſchickteſten moͤg in der liebe dienen.
Denn ob ihr wuͤrcken ſchon nicht eben einerley/
So wuͤntſchten ſie dennoch in ihrer gunſt zu ſterben.
Erſt fuͤhrte das Geſicht ſein edles fuͤrrecht an/
Und ließ die augen ſelbſt mit nachdruck fuͤr ſich ſprechen:
Wie daß ihr glantz allein die lieb entzuͤnden kan/
Jhr heiſſer ſtrahl ſo gar muß durch die ſelen brechen/
Und daß ſie/ wie man meint/ die ſchlauen fuͤhrer ſeyn/
Dadurch wir allgemach im lieben uns verſteigen:
Ob ſchenckten ferner ſie der Venus gantz allein
Die menſchen insgemein als ſclaven und leibeigen:
Ob wuͤrde nur durch ſie ein ſchoͤnes kind bekandt:
Als waͤren ſie allein die werber in der liebe/
Und daß auch endlich ja nicht ſtahl und Diamant
Fuͤr ihrem feuer hart und unbeweglich bliebe.
Die ohren brachen drauff in vollem eyffer aus/
Und ſuchten das gehoͤr/ wie folget/ zu vertreten:
Nachdem wir/ Venus/ uns erſt gleichſam zum voraus
Ein gnaͤdiges gehoͤr von dero huld erbeten;
So ſtellen treulich diß zu deren urtheil dar/
Ob augen allezeit ſo viel verrichten koͤnnen/
Und ob es gegentheils vielmehr nicht ſonnen-klar/
Daß man uns beyde muß der liebe fuͤhrer nennen.
Man hoͤret allererſt von dem/ was nach der zeit
Zu ſehen iſt erlaubt und endlich auch zu lieben.
Durch uns ergruͤndet man die groͤſte heimlichkeit/
Diß was den augen noch verborgen iſt geblieben/
Was eine Dame ziert und recht vollkommen macht/
Wie wenig offtermahls der ſchoͤnheit ſey zu trauen/
Und wie/ wer eine frau fuͤr liebenswuͤrdig acht/
Muß nach dem hertzen mehr/ als nach den wangen/ ſchauen
Drauff wolte der geruch auch nicht der letzte ſeyn/
Und weil die naſe nun ſein ausgeſtecktes zeichen/
So brach ſie alſobald mit dieſen worten ein:
Sind Jungfern/ wie man ſagt/ den roſen zu vergleichen/
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