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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Verliebte Gedichte.

O ungemach! o unverdienter schmertz!
Der meine brunst von aller krafft entseelet.
Nur Venus du/ du machst mir diese pein/
du stahl und stein!

Ach laß doch ab/ laß ab von dieser plag/
Und halte nur zurück die scharffen pfeile/
Sieh wie mein hertz sich ängstet nacht und tag/
Wie es gefässelt liegt am liebes-seile.
Ach ändre bald/ o göttin/ deinen sinn/
sonst sterb ich hin.
Du fiehest ja die angst/ so stets um mich/
Jch singe nichts denn lauter sterbe-lieder/
Was in der welt/ was nur ereignet sich/
Des himmels schluß steht selbsten mir zuwider.
Was fang ich an in solchem ereutzes-weh?
ach ich vergeh!
Man dencke doch! des tages sonnen-schein
Wird leider mir zur finsterniß gemachet/
Weil meines lichts ich muß beraubet seyn/
Das höchst vergnügt mich offters angelachet.
Ein ieder sinn/ der nur dahin gedenckt/
mein hertze kränckt.
Ach aber ach! wenn nun der tag verbracht/
Mit seufftzen und mit ängstlichen verlangen/
So seh ich schon wie die betrübte nacht
Mit tausend sorgen kommt heran gegangen/
Die mehret mir den jammer ohne zahl/
mit angst und qual.
Auch hilfft es nicht/ leg ich mich gleich zur ruh/
So quälet doch der falschen träume menge/
Den schwachen geist/ ja auch den leib darzu/
Da wird dem hertzen alle welt zu enge/
Für ungedult/ wenn das/ was ihm geträumt/
sich gar nicht reimt.
O fal-
G 5

Verliebte Gedichte.

O ungemach! o unverdienter ſchmertz!
Der meine brunſt von aller krafft entſeelet.
Nur Venus du/ du machſt mir dieſe pein/
du ſtahl und ſtein!

Ach laß doch ab/ laß ab von dieſer plag/
Und halte nur zuruͤck die ſcharffen pfeile/
Sieh wie mein hertz ſich aͤngſtet nacht und tag/
Wie es gefaͤſſelt liegt am liebes-ſeile.
Ach aͤndre bald/ o goͤttin/ deinen ſinn/
ſonſt ſterb ich hin.
Du fieheſt ja die angſt/ ſo ſtets um mich/
Jch ſinge nichts denn lauter ſterbe-lieder/
Was in der welt/ was nur ereignet ſich/
Des himmels ſchluß ſteht ſelbſten mir zuwider.
Was fang ich an in ſolchem ereutzes-weh?
ach ich vergeh!
Man dencke doch! des tages ſonnen-ſchein
Wird leider mir zur finſterniß gemachet/
Weil meines lichts ich muß beraubet ſeyn/
Das hoͤchſt vergnuͤgt mich offters angelachet.
Ein ieder ſinn/ der nur dahin gedenckt/
mein hertze kraͤnckt.
Ach aber ach! wenn nun der tag verbracht/
Mit ſeufftzen und mit aͤngſtlichen verlangen/
So ſeh ich ſchon wie die betruͤbte nacht
Mit tauſend ſorgen kommt heran gegangen/
Die mehret mir den jammer ohne zahl/
mit angſt und qual.
Auch hilfft es nicht/ leg ich mich gleich zur ruh/
So quaͤlet doch der falſchen traͤume menge/
Den ſchwachen geiſt/ ja auch den leib darzu/
Da wird dem hertzen alle welt zu enge/
Fuͤr ungedult/ wenn das/ was ihm getraͤumt/
ſich gar nicht reimt.
O fal-
G 5
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[103/0113] Verliebte Gedichte. O ungemach! o unverdienter ſchmertz! Der meine brunſt von aller krafft entſeelet. Nur Venus du/ du machſt mir dieſe pein/ du ſtahl und ſtein! Ach laß doch ab/ laß ab von dieſer plag/ Und halte nur zuruͤck die ſcharffen pfeile/ Sieh wie mein hertz ſich aͤngſtet nacht und tag/ Wie es gefaͤſſelt liegt am liebes-ſeile. Ach aͤndre bald/ o goͤttin/ deinen ſinn/ ſonſt ſterb ich hin. Du fieheſt ja die angſt/ ſo ſtets um mich/ Jch ſinge nichts denn lauter ſterbe-lieder/ Was in der welt/ was nur ereignet ſich/ Des himmels ſchluß ſteht ſelbſten mir zuwider. Was fang ich an in ſolchem ereutzes-weh? ach ich vergeh! Man dencke doch! des tages ſonnen-ſchein Wird leider mir zur finſterniß gemachet/ Weil meines lichts ich muß beraubet ſeyn/ Das hoͤchſt vergnuͤgt mich offters angelachet. Ein ieder ſinn/ der nur dahin gedenckt/ mein hertze kraͤnckt. Ach aber ach! wenn nun der tag verbracht/ Mit ſeufftzen und mit aͤngſtlichen verlangen/ So ſeh ich ſchon wie die betruͤbte nacht Mit tauſend ſorgen kommt heran gegangen/ Die mehret mir den jammer ohne zahl/ mit angſt und qual. Auch hilfft es nicht/ leg ich mich gleich zur ruh/ So quaͤlet doch der falſchen traͤume menge/ Den ſchwachen geiſt/ ja auch den leib darzu/ Da wird dem hertzen alle welt zu enge/ Fuͤr ungedult/ wenn das/ was ihm getraͤumt/ ſich gar nicht reimt. O fal- G 5

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/113>, abgerufen am 04.05.2024.