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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Galante Gedichte.
Und drittens muß der ort/ der unsre sinnen raubet/
Wenn er mit schöner kräuß' als ein gepüsch belaubet/
Seyn einem hügel gleich von bergen eingehüllt/
So daß er eine hand mit seiner dicke füllt.
Die finger/ welche schmal und zierlich sich erstrecken/
Die können/ was sonst halb erstorben/ aufferwecken/
Und arme dieser art sind das gewünschte band/
Wodurch man an das joch der liebe wird gespannt.
Auch muß ein schönes kind seyn schmal und schlanck von beinen/
Daß/ wenn die flammen sich im mittel-punct vereinen/
Gantz umb das oberste das unterste sich schwenckt/
Gleichwie Adonis ward von Venus eingeschränckt.
Der weite lob kan man auß dreyen stücken lernen:
An augenbraunen/ die von ander sich entfernen/
An lenden/ die nicht gar zu nah beysammen stehn/
Vornehmlich wenn man will in Amors irrgang gehn.
Auch müßen weit entfernt sich zeigen jene hügel
Der schwanen-gleichen brust/ daß mit verhängtem zügel
Die brunst/ wenn sie genug mit küßen hat gespielt/
Durch dieses thal kan gehn/ wo sie wird abgekühlt.
Drey enge müßen sich bey jenen dreyen weisen:
Ein rosengleicher mund muß enge seyn zu preisen;
Die seiten müßen eng und dicht zusammen seyn/
Daß eine ehle sie bey nah kan schließen ein.
Vor allen aber muß die grufft/ da Venus lachet/
Wo das/ was stählern schien/ wie wachs wird weich gemachet/
Gantz enge seyn/ damit wenn unsre brunst entsteht/
Sie ein und wieder auß mit mehrerm kitzel geht.
Und letzlich müßen drey seyn zierlich klein zu nennen:
Die nase muß man erst deßwegen loben können:
Die brüste gleiches falls/ die eine hand spannt ein;
Die gipffel müßen drauff gleich kleinen erdbeern seyn.
Wann dann der leib gebildt in solchem schönen wesen/
So hat zum wohnplatz ihn die liebe selbst erlesen/
Und wann an diesem auch bald diß bald jenes fehlt/
So hat Cupido schon ein anders auserwehlt;
Dann
Galante Gedichte.
Und drittens muß der ort/ der unſre ſinnen raubet/
Wenn er mit ſchoͤner kraͤuß’ als ein gepuͤſch belaubet/
Seyn einem huͤgel gleich von bergen eingehuͤllt/
So daß er eine hand mit ſeiner dicke fuͤllt.
Die finger/ welche ſchmal und zierlich ſich erſtrecken/
Die koͤnnen/ was ſonſt halb erſtorben/ aufferwecken/
Und arme dieſer art ſind das gewuͤnſchte band/
Wodurch man an das joch der liebe wird geſpañt.
Auch muß ein ſchoͤnes kind ſeyn ſchmal uñ ſchlanck von beinen/
Daß/ wenn die flammen ſich im mittel-punct vereinen/
Gantz umb das oberſte das unterſte ſich ſchwenckt/
Gleichwie Adonis ward von Venus eingeſchraͤnckt.
Der weite lob kan man auß dreyen ſtuͤcken lernen:
An augenbraunen/ die von ander ſich entfernen/
An lenden/ die nicht gar zu nah beyſammen ſtehn/
Vornehmlich wenn man will in Amors irrgang gehn.
Auch muͤßen weit entfernt ſich zeigen jene huͤgel
Der ſchwanen-gleichen bruſt/ daß mit verhaͤngtem zuͤgel
Die brunſt/ wenn ſie genug mit kuͤßen hat geſpielt/
Durch dieſes thal kan gehn/ wo ſie wird abgekuͤhlt.
Drey enge muͤßen ſich bey jenen dreyen weiſen:
Ein roſengleicher mund muß enge ſeyn zu preiſen;
Die ſeiten muͤßen eng und dicht zuſammen ſeyn/
Daß eine ehle ſie bey nah kan ſchließen ein.
Vor allen aber muß die grufft/ da Venus lachet/
Wo das/ was ſtaͤhlern ſchien/ wie wachs wird weich gemachet/
Gantz enge ſeyn/ damit wenn unſre brunſt entſteht/
Sie ein und wieder auß mit mehrerm kitzel geht.
Und letzlich muͤßen drey ſeyn zierlich klein zu nennen:
Die naſe muß man erſt deßwegen loben koͤnnen:
Die bruͤſte gleiches falls/ die eine hand ſpannt ein;
Die gipffel muͤßen drauff gleich kleinen erdbeern ſeyn.
Wann dann der leib gebildt in ſolchem ſchoͤnen weſen/
So hat zum wohnplatz ihn die liebe ſelbſt erleſen/
Und wann an dieſem auch bald diß bald jenes fehlt/
So hat Cupido ſchon ein anders auserwehlt;
Dann
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[64/0080] Galante Gedichte. Und drittens muß der ort/ der unſre ſinnen raubet/ Wenn er mit ſchoͤner kraͤuß’ als ein gepuͤſch belaubet/ Seyn einem huͤgel gleich von bergen eingehuͤllt/ So daß er eine hand mit ſeiner dicke fuͤllt. Die finger/ welche ſchmal und zierlich ſich erſtrecken/ Die koͤnnen/ was ſonſt halb erſtorben/ aufferwecken/ Und arme dieſer art ſind das gewuͤnſchte band/ Wodurch man an das joch der liebe wird geſpañt. Auch muß ein ſchoͤnes kind ſeyn ſchmal uñ ſchlanck von beinen/ Daß/ wenn die flammen ſich im mittel-punct vereinen/ Gantz umb das oberſte das unterſte ſich ſchwenckt/ Gleichwie Adonis ward von Venus eingeſchraͤnckt. Der weite lob kan man auß dreyen ſtuͤcken lernen: An augenbraunen/ die von ander ſich entfernen/ An lenden/ die nicht gar zu nah beyſammen ſtehn/ Vornehmlich wenn man will in Amors irrgang gehn. Auch muͤßen weit entfernt ſich zeigen jene huͤgel Der ſchwanen-gleichen bruſt/ daß mit verhaͤngtem zuͤgel Die brunſt/ wenn ſie genug mit kuͤßen hat geſpielt/ Durch dieſes thal kan gehn/ wo ſie wird abgekuͤhlt. Drey enge muͤßen ſich bey jenen dreyen weiſen: Ein roſengleicher mund muß enge ſeyn zu preiſen; Die ſeiten muͤßen eng und dicht zuſammen ſeyn/ Daß eine ehle ſie bey nah kan ſchließen ein. Vor allen aber muß die grufft/ da Venus lachet/ Wo das/ was ſtaͤhlern ſchien/ wie wachs wird weich gemachet/ Gantz enge ſeyn/ damit wenn unſre brunſt entſteht/ Sie ein und wieder auß mit mehrerm kitzel geht. Und letzlich muͤßen drey ſeyn zierlich klein zu nennen: Die naſe muß man erſt deßwegen loben koͤnnen: Die bruͤſte gleiches falls/ die eine hand ſpannt ein; Die gipffel muͤßen drauff gleich kleinen erdbeern ſeyn. Wann dann der leib gebildt in ſolchem ſchoͤnen weſen/ So hat zum wohnplatz ihn die liebe ſelbſt erleſen/ Und wann an dieſem auch bald diß bald jenes fehlt/ So hat Cupido ſchon ein anders auserwehlt; Dann

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/80>, abgerufen am 07.05.2024.