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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Galante Gedichte.
Der liebligkeiten sitz/ der tempel aller lust.
Geh/ lieber Lysis/ geh/ ietzt magstu nur gedencken/
Wie du ein opffer kanst in diesen tempel schencken.


Sie speiset seinen vogel aus ihrem munde.
J. v. M.
MEin zeißgen nehrte sich bißher von hanff und rüben/
Und liesse seinen tranck ein schlechtes wasser seyn.
Es ließ den irrdnen napff ihm mehr als gold belieben/
Und bildet sich ein schloß von seinem käficht ein.
Nun merckt der vogel erst/ daß glaß chrystallen weichet/
Der ros' ein nessel-strauch/ dem bisame zibeth/
Nachdem sein neuer stand so wenig jenem gleichet/
Als wenig schnecken-blut nach andern farben geht.
Es hat sein altes hauß (von holtze zubereitet/
Mit tannen ausgeziert) um eine hand vertauscht/
Die selbst der kreide trotzt/ und mit der wolle streitet/
Darin der lose gast auff seidnen polstern lauscht.
Sein ietzigs trinckgeschirr ist ein rubinen-becher/
Den rings-um die natur mit perlen ausgesetzt/
Jn dessen wunder-safft zu seinem liebes-köcher
Cupido allemahl die güldne pfeile netzt.
Mein vogel speist allhier nichts als nur amber-kuchen/
Und trinckt den nectar/ der aus purpur-rosen quillt.
Der süsse seelen-thau/ den viele geister suchen/
Hat diesen glücklichen zum öfftern angefüllt.
Ach wie verschwendrisch ist bißweilen das gelücke!
Hier wirfft es alles zu dem/ der gar nichts verdient/
Der nichts erkennen kan/ und der die holden blicke
Wol um ein korn vertauscht/ daraus ein hanff-stiel grünt.
Ach wolte mir einmahl ein solcher glücks-stern scheinen/
Jch wolt empfindlicher/ als du mein zeißgen/ seyn/
Jch weiß den wahren werth von solchen edel-steinen/
Man nimt die perlen nicht wie rüben-saamen ein.
Ein
B 5
Galante Gedichte.
Der liebligkeiten ſitz/ der tempel aller luſt.
Geh/ lieber Lyſis/ geh/ ietzt magſtu nur gedencken/
Wie du ein opffer kanſt in dieſen tempel ſchencken.


Sie ſpeiſet ſeinen vogel aus ihrem munde.
J. v. M.
MEin zeißgen nehrte ſich bißher von hanff und ruͤben/
Und lieſſe ſeinen tranck ein ſchlechtes waſſer ſeyn.
Es ließ den irrdnen napff ihm mehr als gold belieben/
Und bildet ſich ein ſchloß von ſeinem kaͤficht ein.
Nun merckt der vogel erſt/ daß glaß chryſtallen weichet/
Der roſ’ ein neſſel-ſtrauch/ dem biſame zibeth/
Nachdem ſein neuer ſtand ſo wenig jenem gleichet/
Als wenig ſchnecken-blut nach andern farben geht.
Es hat ſein altes hauß (von holtze zubereitet/
Mit tannen ausgeziert) um eine hand vertauſcht/
Die ſelbſt der kreide trotzt/ und mit der wolle ſtreitet/
Darin der loſe gaſt auff ſeidnen polſtern lauſcht.
Sein ietzigs trinckgeſchirr iſt ein rubinen-becher/
Den rings-um die natur mit perlen ausgeſetzt/
Jn deſſen wunder-ſafft zu ſeinem liebes-koͤcher
Cupido allemahl die guͤldne pfeile netzt.
Mein vogel ſpeiſt allhier nichts als nur amber-kuchen/
Und trinckt den nectar/ der aus purpur-roſen quillt.
Der ſuͤſſe ſeelen-thau/ den viele geiſter ſuchen/
Hat dieſen gluͤcklichen zum oͤfftern angefuͤllt.
Ach wie verſchwendriſch iſt bißweilen das geluͤcke!
Hier wirfft es alles zu dem/ der gar nichts verdient/
Der nichts erkennen kan/ und der die holden blicke
Wol um ein korn vertauſcht/ daraus ein hanff-ſtiel gruͤnt.
Ach wolte mir einmahl ein ſolcher gluͤcks-ſtern ſcheinen/
Jch wolt empfindlicher/ als du mein zeißgen/ ſeyn/
Jch weiß den wahren werth von ſolchen edel-ſteinen/
Man nimt die perlen nicht wie ruͤben-ſaamen ein.
Ein
B 5
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[25/0041] Galante Gedichte. Der liebligkeiten ſitz/ der tempel aller luſt. Geh/ lieber Lyſis/ geh/ ietzt magſtu nur gedencken/ Wie du ein opffer kanſt in dieſen tempel ſchencken. Sie ſpeiſet ſeinen vogel aus ihrem munde. J. v. M. MEin zeißgen nehrte ſich bißher von hanff und ruͤben/ Und lieſſe ſeinen tranck ein ſchlechtes waſſer ſeyn. Es ließ den irrdnen napff ihm mehr als gold belieben/ Und bildet ſich ein ſchloß von ſeinem kaͤficht ein. Nun merckt der vogel erſt/ daß glaß chryſtallen weichet/ Der roſ’ ein neſſel-ſtrauch/ dem biſame zibeth/ Nachdem ſein neuer ſtand ſo wenig jenem gleichet/ Als wenig ſchnecken-blut nach andern farben geht. Es hat ſein altes hauß (von holtze zubereitet/ Mit tannen ausgeziert) um eine hand vertauſcht/ Die ſelbſt der kreide trotzt/ und mit der wolle ſtreitet/ Darin der loſe gaſt auff ſeidnen polſtern lauſcht. Sein ietzigs trinckgeſchirr iſt ein rubinen-becher/ Den rings-um die natur mit perlen ausgeſetzt/ Jn deſſen wunder-ſafft zu ſeinem liebes-koͤcher Cupido allemahl die guͤldne pfeile netzt. Mein vogel ſpeiſt allhier nichts als nur amber-kuchen/ Und trinckt den nectar/ der aus purpur-roſen quillt. Der ſuͤſſe ſeelen-thau/ den viele geiſter ſuchen/ Hat dieſen gluͤcklichen zum oͤfftern angefuͤllt. Ach wie verſchwendriſch iſt bißweilen das geluͤcke! Hier wirfft es alles zu dem/ der gar nichts verdient/ Der nichts erkennen kan/ und der die holden blicke Wol um ein korn vertauſcht/ daraus ein hanff-ſtiel gruͤnt. Ach wolte mir einmahl ein ſolcher gluͤcks-ſtern ſcheinen/ Jch wolt empfindlicher/ als du mein zeißgen/ ſeyn/ Jch weiß den wahren werth von ſolchen edel-ſteinen/ Man nimt die perlen nicht wie ruͤben-ſaamen ein. Ein B 5

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/41>, abgerufen am 20.04.2024.