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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Vermischte Gedichte.

Der augen naß/ so häuffig kommt gerannt/
Entzündet mehr/ als löschet/ meinen brandt.

2.
Den krancken ist zu helffen leicht/
Wenn er die schmertzen nur dem artzt bekennt/
Eh ihm das gifft zum hertzen steigt/
Und eh die seele sich vom leibe trennt;
Jch aber sterbe lieber tausend mahl/
Eh daß ich solt eröffnen meine qual.
3.
Jch liebe gleichwohl meinen tod[t]
Und halte viel vom ursprung meiner pein;
Die/ so mich hat gebracht in noth/
Die laß ich mir doch nicht zu wider seyn.
Lebt in der welt ein unvergnügter sinn/
Fürwahr so weiß ich/ daß ich solcher bin.
4.
Es saget zwar der weisen zunfft:
Man soll die lust was enger spannen ein/
Damit die herrschafft der vornunfft
Dem hertzen möge vorbehalten seyn;
Jch fühle doch/ so fern es einer fühlt/
Daß liebe nur tyrannisch meister spielt.
5.
Jhr freunde habet gute nacht/
Hinfüro lieb ich nur die einsamkeit/
Ach! ach! wer hätte diß gedacht/
Daß aus der lust entspringe hertzenleid[?]
Jch liebe zwar/ so fern es lieben heist/
Wenn einer irrt ohn hertze/ seel und geist.


1.
WOrzu hat mich der himmel doch ersehn?
Muß denn mein hertz nur gantz in banden stehen?
Ach freylich ja/ es ist um mich geschehn!
Jch soll hinfort der freyheit müßig gehen.
Du

Vermiſchte Gedichte.

Der augen naß/ ſo haͤuffig kommt gerannt/
Entzuͤndet mehr/ als loͤſchet/ meinen brandt.

2.
Den krancken iſt zu helffen leicht/
Wenn er die ſchmertzen nur dem artzt bekennt/
Eh ihm das gifft zum hertzen ſteigt/
Und eh die ſeele ſich vom leibe trennt;
Jch aber ſterbe lieber tauſend mahl/
Eh daß ich ſolt eroͤffnen meine qual.
3.
Jch liebe gleichwohl meinen tod[t]
Und halte viel vom urſprung meiner pein;
Die/ ſo mich hat gebracht in noth/
Die laß ich mir doch nicht zu wider ſeyn.
Lebt in der welt ein unvergnuͤgter ſinn/
Fuͤrwahr ſo weiß ich/ daß ich ſolcher bin.
4.
Es ſaget zwar der weiſen zunfft:
Man ſoll die luſt was enger ſpannen ein/
Damit die herrſchafft der vornunfft
Dem hertzen moͤge vorbehalten ſeyn;
Jch fuͤhle doch/ ſo fern es einer fuͤhlt/
Daß liebe nur tyranniſch meiſter ſpielt.
5.
Jhr freunde habet gute nacht/
Hinfuͤro lieb ich nur die einſamkeit/
Ach! ach! wer haͤtte diß gedacht/
Daß aus der luſt entſpringe hertzenleid[?]
Jch liebe zwar/ ſo fern es lieben heiſt/
Wenn einer irrt ohn hertze/ ſeel und geiſt.


1.
WOrzu hat mich der himmel doch erſehn?
Muß denn mein hertz nur gantz in banden ſtehen?
Ach freylich ja/ es iſt um mich geſchehn!
Jch ſoll hinfort der freyheit muͤßig gehen.
Du
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[342/0358] Vermiſchte Gedichte. Der augen naß/ ſo haͤuffig kommt gerannt/ Entzuͤndet mehr/ als loͤſchet/ meinen brandt. 2. Den krancken iſt zu helffen leicht/ Wenn er die ſchmertzen nur dem artzt bekennt/ Eh ihm das gifft zum hertzen ſteigt/ Und eh die ſeele ſich vom leibe trennt; Jch aber ſterbe lieber tauſend mahl/ Eh daß ich ſolt eroͤffnen meine qual. 3. Jch liebe gleichwohl meinen todt Und halte viel vom urſprung meiner pein; Die/ ſo mich hat gebracht in noth/ Die laß ich mir doch nicht zu wider ſeyn. Lebt in der welt ein unvergnuͤgter ſinn/ Fuͤrwahr ſo weiß ich/ daß ich ſolcher bin. 4. Es ſaget zwar der weiſen zunfft: Man ſoll die luſt was enger ſpannen ein/ Damit die herrſchafft der vornunfft Dem hertzen moͤge vorbehalten ſeyn; Jch fuͤhle doch/ ſo fern es einer fuͤhlt/ Daß liebe nur tyranniſch meiſter ſpielt. 5. Jhr freunde habet gute nacht/ Hinfuͤro lieb ich nur die einſamkeit/ Ach! ach! wer haͤtte diß gedacht/ Daß aus der luſt entſpringe hertzenleid? Jch liebe zwar/ ſo fern es lieben heiſt/ Wenn einer irrt ohn hertze/ ſeel und geiſt. 1. WOrzu hat mich der himmel doch erſehn? Muß denn mein hertz nur gantz in banden ſtehen? Ach freylich ja/ es iſt um mich geſchehn! Jch ſoll hinfort der freyheit muͤßig gehen. Du

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/358>, abgerufen am 15.05.2024.