Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.Vermischte Gedichte. Besonders dieser brieff/ den du vor wenig wochenMir zugeschickt/ war gantz mit ambra angesteckt: Denn unter andern fand ich dieses auch geschrieben/ Das ich/ wie billig war/ mit freuden angeschaut. Es war ein kurtzer satz: nach göttlichem belieben/ Jst mein geliebtes kind und tochter eine braut. Ein bisam-wort für mich! ietzt kenn ich meine pflichten/ Und was ich/ hoher freund/ dir mehr als schuldig bin. Du forderst dieses auch/ ich soll ein braut-lied tichten/ Fürwar die beste krafft der poesie ist hin. Der stern/ so mir zuvor die geister hat erwecket/ Scheint ietzund weit von mir/ mein feuer geht mir aus/ Es hat die alte glut ein kalter schnee bedecket/ Mein gantz Parnassus wird zu staub und ziegel-grauß. Aus armuth muß ich nur bey diesem brieffe bleiben/ Der schlechter art und auch so niedrig ist wie ich. Jch traue mir nicht mehr ein geistig lied zu schreiben/ Den sternen zuzugehn ist nun nicht mehr für mich. Die edle Donau hegt ietzt tausend haupt-poeten/ Und mein geringer kram scheut dieser sonnen licht. Die feld-trompete lacht der engen kinder flöthen/ Und ascherfarbe schickt sich zu dem purpur nicht. Doch wahre freundschafft wiegt alleine das gemüthe/ Schaut gute meinung mehr als gute sylben an. Jch kenne/ werther freund/ zu deutlich deine güte/ Die nur durch redlichkeit vergnüget werden kan. Jn dieser zuversicht entschütt ich geist und hertze/ Und lasse meine lust mit vollen strömen aus. Jch sehe/ wie nunmehr des himmels freuden-kertze Mit strahlen seiner gunst bestrahlt dein liebes hauß. Was kan dir lieber seyn/ als diesen tag zu schauen/ Da du mit vaters hand der eh' geliebte frucht Desselben redlichkeit wirst sollen anvertrauen/ Der sie durch reinen trieb der tugend hat gesucht? Da du der tochter hand in dessen hand solt legen/ Der deinem kinde treu und ehre dir verspricht; Der X 3
Vermiſchte Gedichte. Beſonders dieſer brieff/ den du vor wenig wochenMir zugeſchickt/ war gantz mit ambra angeſteckt: Denn unter andern fand ich dieſes auch geſchrieben/ Das ich/ wie billig war/ mit freuden angeſchaut. Es war ein kurtzer ſatz: nach goͤttlichem belieben/ Jſt mein geliebtes kind und tochter eine braut. Ein biſam-wort fuͤr mich! ietzt kenn ich meine pflichten/ Und was ich/ hoher freund/ dir mehr als ſchuldig bin. Du forderſt dieſes auch/ ich ſoll ein braut-lied tichten/ Fuͤrwar die beſte krafft der poeſie iſt hin. Der ſtern/ ſo mir zuvor die geiſter hat erwecket/ Scheint ietzund weit von mir/ mein feuer geht mir aus/ Es hat die alte glut ein kalter ſchnee bedecket/ Mein gantz Parnaſſus wird zu ſtaub und ziegel-grauß. Aus armuth muß ich nur bey dieſem brieffe bleiben/ Der ſchlechter art und auch ſo niedrig iſt wie ich. Jch traue mir nicht mehr ein geiſtig lied zu ſchreiben/ Den ſternen zuzugehn iſt nun nicht mehr fuͤr mich. Die edle Donau hegt ietzt tauſend haupt-poeten/ Und mein geringer kram ſcheut dieſer ſonnen licht. Die feld-trompete lacht der engen kinder floͤthen/ Und aſcherfarbe ſchickt ſich zu dem purpur nicht. Doch wahre freundſchafft wiegt alleine das gemuͤthe/ Schaut gute meinung mehr als gute ſylben an. Jch kenne/ werther freund/ zu deutlich deine guͤte/ Die nur durch redlichkeit vergnuͤget werden kan. Jn dieſer zuverſicht entſchuͤtt ich geiſt und hertze/ Und laſſe meine luſt mit vollen ſtroͤmen aus. Jch ſehe/ wie nunmehr des himmels freuden-kertze Mit ſtrahlen ſeiner gunſt beſtrahlt dein liebes hauß. Was kan dir lieber ſeyn/ als dieſen tag zu ſchauen/ Da du mit vaters hand der eh’ geliebte frucht Deſſelben redlichkeit wirſt ſollen anvertrauen/ Der ſie durch reinen trieb der tugend hat geſucht? Da du der tochter hand in deſſen hand ſolt legen/ Der deinem kinde treu und ehre dir verſpricht; Der X 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0341" n="325"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Beſonders dieſer brieff/ den du vor wenig wochen</l><lb/> <l>Mir zugeſchickt/ war gantz mit ambra angeſteckt:</l><lb/> <l>Denn unter andern fand ich dieſes auch geſchrieben/</l><lb/> <l>Das ich/ wie billig war/ mit freuden angeſchaut.</l><lb/> <l>Es war ein kurtzer ſatz: nach goͤttlichem belieben/</l><lb/> <l>Jſt mein geliebtes kind und tochter eine braut.</l><lb/> <l>Ein biſam-wort fuͤr mich! ietzt kenn ich meine pflichten/</l><lb/> <l>Und was ich/ hoher freund/ dir mehr als ſchuldig bin.</l><lb/> <l>Du forderſt dieſes auch/ ich ſoll ein braut-lied tichten/</l><lb/> <l>Fuͤrwar die beſte krafft der poeſie iſt hin.</l><lb/> <l>Der ſtern/ ſo mir zuvor die geiſter hat erwecket/</l><lb/> <l>Scheint ietzund weit von mir/ mein feuer geht mir aus/</l><lb/> <l>Es hat die alte glut ein kalter ſchnee bedecket/</l><lb/> <l>Mein gantz Parnaſſus wird zu ſtaub und ziegel-grauß.</l><lb/> <l>Aus armuth muß ich nur bey dieſem brieffe bleiben/</l><lb/> <l>Der ſchlechter art und auch ſo niedrig iſt wie ich.</l><lb/> <l>Jch traue mir nicht mehr ein geiſtig lied zu ſchreiben/</l><lb/> <l>Den ſternen zuzugehn iſt nun nicht mehr fuͤr mich.</l><lb/> <l>Die edle Donau hegt ietzt tauſend haupt-poeten/</l><lb/> <l>Und mein geringer kram ſcheut dieſer ſonnen licht.</l><lb/> <l>Die feld-trompete lacht der engen kinder floͤthen/</l><lb/> <l>Und aſcherfarbe ſchickt ſich zu dem purpur nicht.</l><lb/> <l>Doch wahre freundſchafft wiegt alleine das gemuͤthe/</l><lb/> <l>Schaut gute meinung mehr als gute ſylben an.</l><lb/> <l>Jch kenne/ werther freund/ zu deutlich deine guͤte/</l><lb/> <l>Die nur durch redlichkeit vergnuͤget werden kan.</l><lb/> <l>Jn dieſer zuverſicht entſchuͤtt ich geiſt und hertze/</l><lb/> <l>Und laſſe meine luſt mit vollen ſtroͤmen aus.</l><lb/> <l>Jch ſehe/ wie nunmehr des himmels freuden-kertze</l><lb/> <l>Mit ſtrahlen ſeiner gunſt beſtrahlt dein liebes hauß.</l><lb/> <l>Was kan dir lieber ſeyn/ als dieſen tag zu ſchauen/</l><lb/> <l>Da du mit vaters hand der eh’ geliebte frucht</l><lb/> <l>Deſſelben redlichkeit wirſt ſollen anvertrauen/</l><lb/> <l>Der ſie durch reinen trieb der tugend hat geſucht?</l><lb/> <l>Da du der tochter hand in deſſen hand ſolt legen/</l><lb/> <l>Der deinem kinde treu und ehre dir verſpricht;</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">X 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [325/0341]
Vermiſchte Gedichte.
Beſonders dieſer brieff/ den du vor wenig wochen
Mir zugeſchickt/ war gantz mit ambra angeſteckt:
Denn unter andern fand ich dieſes auch geſchrieben/
Das ich/ wie billig war/ mit freuden angeſchaut.
Es war ein kurtzer ſatz: nach goͤttlichem belieben/
Jſt mein geliebtes kind und tochter eine braut.
Ein biſam-wort fuͤr mich! ietzt kenn ich meine pflichten/
Und was ich/ hoher freund/ dir mehr als ſchuldig bin.
Du forderſt dieſes auch/ ich ſoll ein braut-lied tichten/
Fuͤrwar die beſte krafft der poeſie iſt hin.
Der ſtern/ ſo mir zuvor die geiſter hat erwecket/
Scheint ietzund weit von mir/ mein feuer geht mir aus/
Es hat die alte glut ein kalter ſchnee bedecket/
Mein gantz Parnaſſus wird zu ſtaub und ziegel-grauß.
Aus armuth muß ich nur bey dieſem brieffe bleiben/
Der ſchlechter art und auch ſo niedrig iſt wie ich.
Jch traue mir nicht mehr ein geiſtig lied zu ſchreiben/
Den ſternen zuzugehn iſt nun nicht mehr fuͤr mich.
Die edle Donau hegt ietzt tauſend haupt-poeten/
Und mein geringer kram ſcheut dieſer ſonnen licht.
Die feld-trompete lacht der engen kinder floͤthen/
Und aſcherfarbe ſchickt ſich zu dem purpur nicht.
Doch wahre freundſchafft wiegt alleine das gemuͤthe/
Schaut gute meinung mehr als gute ſylben an.
Jch kenne/ werther freund/ zu deutlich deine guͤte/
Die nur durch redlichkeit vergnuͤget werden kan.
Jn dieſer zuverſicht entſchuͤtt ich geiſt und hertze/
Und laſſe meine luſt mit vollen ſtroͤmen aus.
Jch ſehe/ wie nunmehr des himmels freuden-kertze
Mit ſtrahlen ſeiner gunſt beſtrahlt dein liebes hauß.
Was kan dir lieber ſeyn/ als dieſen tag zu ſchauen/
Da du mit vaters hand der eh’ geliebte frucht
Deſſelben redlichkeit wirſt ſollen anvertrauen/
Der ſie durch reinen trieb der tugend hat geſucht?
Da du der tochter hand in deſſen hand ſolt legen/
Der deinem kinde treu und ehre dir verſpricht;
Der
X 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |