Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Wiewohl die liebe muß auf rechtem fusse stehn.
Wo keine treu/ wo keine keuschheit ist/
Wo man das tugend-ziel vergist/
Da muß die schöne lust zergehn.
Und was ein himmel heist
Muß eine hölle werden.
Jedoch ein reiner geist
Befleckt sich nicht.
Gedancken und geberden
Sind tugendhafft und edel eingericht.
Die küsse sind die seele bey dem lieben/
Wann diese rein geblieben/
So muß die seele leben/
Und tausendfache lust verliebten cörpern geben.
Aria.
WEicht nun ihr blöden sinnen/
Welcht von hinnen/
Die die liebe nicht verstehn.
Denn es pflegt das schöne schertzen
Edlen hertzen
Zur vergnügung anzugehn.


Allegorisch Sonnet.
AManda liebstes kind/ du brustlatz kalter hertzen/
Der liebe feuerzeug/ goldschachtel edler zier/
Der seuffzer blasebalg/ des traurens lösch-papier/
Sandbüchse meiner pein/ und baum-öhl meiner schmertzen/
Du speise meiner lust/ du flamme meiner kertzen/
Nachtstülchen meiner ruh/ der Poesie clystier/
Des mundes alecant/ der augen lust-revier/
Der complementen sitz/ du meisterin zu schertzen/
Der tugend quodlibet/ calender meiner zeit/
Du andachts-fackelchen/ du quell der fröligkeit/
Du
Vermiſchte Gedichte.
Wiewohl die liebe muß auf rechtem fuſſe ſtehn.
Wo keine treu/ wo keine keuſchheit iſt/
Wo man das tugend-ziel vergiſt/
Da muß die ſchoͤne luſt zergehn.
Und was ein himmel heiſt
Muß eine hoͤlle werden.
Jedoch ein reiner geiſt
Befleckt ſich nicht.
Gedancken und geberden
Sind tugendhafft und edel eingericht.
Die kuͤſſe ſind die ſeele bey dem lieben/
Wann dieſe rein geblieben/
So muß die ſeele leben/
Und tauſendfache luſt verliebten coͤrpern geben.
Aria.
WEicht nun ihr bloͤden ſinnen/
Welcht von hinnen/
Die die liebe nicht verſtehn.
Denn es pflegt das ſchoͤne ſchertzen
Edlen hertzen
Zur vergnuͤgung anzugehn.


Allegoriſch Sonnet.
AManda liebſtes kind/ du bruſtlatz kalter hertzen/
Der liebe feuerzeug/ goldſchachtel edler zier/
Der ſeuffzer blaſebalg/ des traurens loͤſch-papier/
Sandbuͤchſe meiner pein/ und baum-oͤhl meiner ſchmertzen/
Du ſpeiſe meiner luſt/ du flamme meiner kertzen/
Nachtſtuͤlchen meiner ruh/ der Poeſie clyſtier/
Des mundes alecant/ der augen luſt-revier/
Der complementen ſitz/ du meiſterin zu ſchertzen/
Der tugend quodlibet/ calender meiner zeit/
Du andachts-fackelchen/ du quell der froͤligkeit/
Du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0334" n="318"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Wiewohl die liebe muß auf rechtem fu&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tehn.</l><lb/>
          <l>Wo keine treu/ wo keine keu&#x017F;chheit i&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Wo man das tugend-ziel vergi&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Da muß die &#x017F;cho&#x0364;ne lu&#x017F;t zergehn.</l><lb/>
          <l>Und was ein himmel hei&#x017F;t</l><lb/>
          <l>Muß eine ho&#x0364;lle werden.</l><lb/>
          <l>Jedoch ein reiner gei&#x017F;t</l><lb/>
          <l>Befleckt &#x017F;ich nicht.</l><lb/>
          <l>Gedancken und geberden</l><lb/>
          <l>Sind tugendhafft und edel eingericht.</l><lb/>
          <l>Die ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind die &#x017F;eele bey dem lieben/</l><lb/>
          <l>Wann die&#x017F;e rein geblieben/</l><lb/>
          <l>So muß die &#x017F;eele leben/</l><lb/>
          <l>Und tau&#x017F;endfache lu&#x017F;t verliebten co&#x0364;rpern geben.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Aria.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">W</hi>Eicht nun ihr blo&#x0364;den &#x017F;innen/</l><lb/>
          <l>Welcht von hinnen/</l><lb/>
          <l>Die die liebe nicht ver&#x017F;tehn.</l><lb/>
          <l>Denn es pflegt das &#x017F;cho&#x0364;ne &#x017F;chertzen</l><lb/>
          <l>Edlen hertzen</l><lb/>
          <l>Zur vergnu&#x0364;gung anzugehn.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Allegori&#x017F;ch Sonnet.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">A</hi>Manda lieb&#x017F;tes kind/ du bru&#x017F;tlatz kalter hertzen/</l><lb/>
            <l>Der liebe feuerzeug/ gold&#x017F;chachtel edler zier/</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;euffzer bla&#x017F;ebalg/ des traurens lo&#x0364;&#x017F;ch-papier/</l><lb/>
            <l>Sandbu&#x0364;ch&#x017F;e meiner pein/ und baum-o&#x0364;hl meiner &#x017F;chmertzen/</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Du &#x017F;pei&#x017F;e meiner lu&#x017F;t/ du flamme meiner kertzen/</l><lb/>
            <l>Nacht&#x017F;tu&#x0364;lchen meiner ruh/ der Poe&#x017F;ie cly&#x017F;tier/</l><lb/>
            <l>Des mundes alecant/ der augen lu&#x017F;t-revier/</l><lb/>
            <l>Der complementen &#x017F;itz/ du mei&#x017F;terin zu &#x017F;chertzen/</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Der tugend quodlibet/ calender meiner zeit/</l><lb/>
            <l>Du andachts-fackelchen/ du quell der fro&#x0364;ligkeit/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Du</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0334] Vermiſchte Gedichte. Wiewohl die liebe muß auf rechtem fuſſe ſtehn. Wo keine treu/ wo keine keuſchheit iſt/ Wo man das tugend-ziel vergiſt/ Da muß die ſchoͤne luſt zergehn. Und was ein himmel heiſt Muß eine hoͤlle werden. Jedoch ein reiner geiſt Befleckt ſich nicht. Gedancken und geberden Sind tugendhafft und edel eingericht. Die kuͤſſe ſind die ſeele bey dem lieben/ Wann dieſe rein geblieben/ So muß die ſeele leben/ Und tauſendfache luſt verliebten coͤrpern geben. Aria. WEicht nun ihr bloͤden ſinnen/ Welcht von hinnen/ Die die liebe nicht verſtehn. Denn es pflegt das ſchoͤne ſchertzen Edlen hertzen Zur vergnuͤgung anzugehn. Allegoriſch Sonnet. AManda liebſtes kind/ du bruſtlatz kalter hertzen/ Der liebe feuerzeug/ goldſchachtel edler zier/ Der ſeuffzer blaſebalg/ des traurens loͤſch-papier/ Sandbuͤchſe meiner pein/ und baum-oͤhl meiner ſchmertzen/ Du ſpeiſe meiner luſt/ du flamme meiner kertzen/ Nachtſtuͤlchen meiner ruh/ der Poeſie clyſtier/ Des mundes alecant/ der augen luſt-revier/ Der complementen ſitz/ du meiſterin zu ſchertzen/ Der tugend quodlibet/ calender meiner zeit/ Du andachts-fackelchen/ du quell der froͤligkeit/ Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/334
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/334>, abgerufen am 22.11.2024.