Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.
Wo aber fang ich an mich zu beklagen? Mein schmertz und leiden ist zu groß/ Mein eigner freund hat leider! mich geschlagen/ Mein hencker wohnt in meinem schoos. Was ich gehabt/ gebeut mir mich zu hassen/ Nicht daß es treuloß ist/ nur daß es mich verlassen. Der tod/ der mir bereits klebt an der zungen/ Erschreckt mit nichten meine brust; Diß aber ists/ er ist durch den entsprungen/ Der auch der ursprung meiner lust. Jch klage nicht/ daß ich nicht sterben wollen/ Nur daß ich nicht für den/ der tod ist/ sterben sollen. Die rothe schuld fällt auf des vaters lenden/ Er kehret meine glut in rauch: Des Grafens fall kommt ja aus seinen händen/ Was ihn ermordt/ erschlägt mich auch. O grausamkeit in eines vaters hertzen/ Die zweyen hertzen sucht durch einen strich zu schmertzen[.] Entseelter Graf; doch der in meiner seele Noch würcklich geist und leben hat. Ruhst du anletzt in einer todten höle? Jch folge meinem trauer-pfad. Dein grab/ so dir die treue hat gegraben/ Soll bald zur überschrifft: hier liegt die fürstin! haben. Was kan ich mehr? ich folge deinem traume/ Und leiste dir die letzte pflicht/ Kein palmbaum bleibt/ wenn seinem palmen-baume/ Der bey ihm steht/ die wurtzel bricht. Der
Wo aber fang ich an mich zu beklagen? Mein ſchmertz und leiden iſt zu groß/ Mein eigner freund hat leider! mich geſchlagen/ Mein hencker wohnt in meinem ſchoos. Was ich gehabt/ gebeut mir mich zu haſſen/ Nicht daß es treuloß iſt/ nur daß es mich verlaſſen. Der tod/ der mir bereits klebt an der zungen/ Erſchreckt mit nichten meine bruſt; Diß aber iſts/ er iſt durch den entſprungen/ Der auch der urſprung meiner luſt. Jch klage nicht/ daß ich nicht ſterben wollen/ Nur daß ich nicht fuͤr den/ der tod iſt/ ſterben ſollen. Die rothe ſchuld faͤllt auf des vaters lenden/ Er kehret meine glut in rauch: Des Grafens fall kommt ja aus ſeinen haͤnden/ Was ihn ermordt/ erſchlaͤgt mich auch. O grauſamkeit in eines vaters hertzen/ Die zweyen hertzen ſucht duꝛch einen ſtrich zu ſchmertzẽ[.] Entſeelter Graf; doch der in meiner ſeele Noch wuͤrcklich geiſt und leben hat. Ruhſt du anletzt in einer todten hoͤle? Jch folge meinem trauer-pfad. Dein grab/ ſo dir die treue hat gegraben/ Soll bald zur uͤberſchrifft: hier liegt die fuͤrſtin! haben. Was kan ich mehr? ich folge deinem traume/ Und leiſte dir die letzte pflicht/ Kein palmbaum bleibt/ wenn ſeinem palmen-baume/ Der bey ihm ſteht/ die wurtzel bricht. Der
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Vermiſchte Gedichte.
Doch hab ich auch nichts als das angedencken/
Das mir was ich gehabt hier koͤnte wiederſchencken.
Wo aber fang ich an mich zu beklagen?
Mein ſchmertz und leiden iſt zu groß/
Mein eigner freund hat leider! mich geſchlagen/
Mein hencker wohnt in meinem ſchoos.
Was ich gehabt/ gebeut mir mich zu haſſen/
Nicht daß es treuloß iſt/ nur daß es mich verlaſſen.
Der tod/ der mir bereits klebt an der zungen/
Erſchreckt mit nichten meine bruſt;
Diß aber iſts/ er iſt durch den entſprungen/
Der auch der urſprung meiner luſt.
Jch klage nicht/ daß ich nicht ſterben wollen/
Nur daß ich nicht fuͤr den/ der tod iſt/ ſterben ſollen.
Die rothe ſchuld faͤllt auf des vaters lenden/
Er kehret meine glut in rauch:
Des Grafens fall kommt ja aus ſeinen haͤnden/
Was ihn ermordt/ erſchlaͤgt mich auch.
O grauſamkeit in eines vaters hertzen/
Die zweyen hertzen ſucht duꝛch einen ſtrich zu ſchmertzẽ.
Entſeelter Graf; doch der in meiner ſeele
Noch wuͤrcklich geiſt und leben hat.
Ruhſt du anletzt in einer todten hoͤle?
Jch folge meinem trauer-pfad.
Dein grab/ ſo dir die treue hat gegraben/
Soll bald zur uͤberſchrifft: hier liegt die fuͤrſtin! haben.
Was kan ich mehr? ich folge deinem traume/
Und leiſte dir die letzte pflicht/
Kein palmbaum bleibt/ wenn ſeinem palmen-baume/
Der bey ihm ſteht/ die wurtzel bricht.
Der
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