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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Vermischte Gedichte.
Und stets von einer thür zur andern betteln schleichet/
Der doch die kunst versteht/ die ieder kluger ehrt/
Und Monmaur eher zeit hat in Paris gelehrt.
Zwar unser könig zieht zu unserm grossen glücke
Den schwachen Phöbus noch aus dem spital zurücke/
Erhält ihn für dem fall und wirfft bey krieg und ruh
Den Musen offtermals geneigte blicke zu.
Man weiß/ daß dieser held bloß nach verdienst erhebet:
Was aber hilfft August/ wo kein Mecänas lebet?
Wer wolte sich doch wohl bey meiner schweren pein
So viel erniedrigen und meine stütze seyn?
Und wär auch dieses gleich; wie bräch ich durch den hauffen
Der reimer/ die ihn meist aus hunger überlauffen/
Die stets die ersten sind/ wo seine hand sich rührt/
Und stehlen/ was doch offt dem letzten nur gebührt.
Gleichwie die wespen thun/ die selber nichts verdienen/
Und doch den honigseim der arbeits-vollen bienen
Jn ihren rachen ziehn. Drum habet gute nacht/
Gewinste/ weil ihr nur verwegne glücklich macht.
Amandus hatte nichts als seine kunst zum besten/
Sein gut und erbtheil war ein rock mit einer westen/
Ein blat/ wo fiat stund/ ein bett'/ ein strümpffchen lichts/
Und endlich kurtz gesagt: Amandus hatte nichts.
Als er nun müde war sein leben so zu führen/
Dacht er durch dieses nichts dem glücke nachzuspüren/
Und kam zu einer zeit bey hofe/ voller wahn/
Mit einer gantzen last von schönen versen an.
Wie lieff es aber ab? Er kam mit schimpffe wieder/
Warff voller schand und spott sich auf das bette nieder/
Und seuffzte/ biß zuletzt das fieber und der gram/
Noch eh' er hungers starb/ ihn von der erde nahm.
Poeten waren zwar vordem bey hofe mode;
Heut aber schmecken sie der welt nach narren-sode.
Schreib einer noch so klug/ und mit der grösten müh/
So hat er doch nicht mehr das glück des Angeli.
Was
Vermiſchte Gedichte.
Und ſtets von einer thuͤr zur andern betteln ſchleichet/
Der doch die kunſt verſteht/ die ieder kluger ehrt/
Und Monmaur eher zeit hat in Paris gelehrt.
Zwar unſer koͤnig zieht zu unſerm groſſen gluͤcke
Den ſchwachen Phoͤbus noch aus dem ſpital zuruͤcke/
Erhaͤlt ihn fuͤr dem fall und wirfft bey krieg und ruh
Den Muſen offtermals geneigte blicke zu.
Man weiß/ daß dieſer held bloß nach verdienſt erhebet:
Was aber hilfft Auguſt/ wo kein Mecaͤnas lebet?
Wer wolte ſich doch wohl bey meiner ſchweren pein
So viel erniedrigen und meine ſtuͤtze ſeyn?
Und waͤr auch dieſes gleich; wie braͤch ich durch den hauffen
Der reimer/ die ihn meiſt aus hunger uͤberlauffen/
Die ſtets die erſten ſind/ wo ſeine hand ſich ruͤhrt/
Und ſtehlen/ was doch offt dem letzten nur gebuͤhrt.
Gleichwie die weſpen thun/ die ſelber nichts verdienen/
Und doch den honigſeim der arbeits-vollen bienen
Jn ihren rachen ziehn. Drum habet gute nacht/
Gewinſte/ weil ihr nur verwegne gluͤcklich macht.
Amandus hatte nichts als ſeine kunſt zum beſten/
Sein gut und erbtheil war ein rock mit einer weſten/
Ein blat/ wo fiat ſtund/ ein bett’/ ein ſtruͤmpffchen lichts/
Und endlich kurtz geſagt: Amandus hatte nichts.
Als er nun muͤde war ſein leben ſo zu fuͤhren/
Dacht er durch dieſes nichts dem gluͤcke nachzuſpuͤren/
Und kam zu einer zeit bey hofe/ voller wahn/
Mit einer gantzen laſt von ſchoͤnen verſen an.
Wie lieff es aber ab? Er kam mit ſchimpffe wieder/
Warff voller ſchand und ſpott ſich auf das bette nieder/
Und ſeuffzte/ biß zuletzt das fieber und der gram/
Noch eh’ er hungers ſtarb/ ihn von der erde nahm.
Poeten waren zwar vordem bey hofe mode;
Heut aber ſchmecken ſie der welt nach narren-ſode.
Schreib einer noch ſo klug/ und mit der groͤſten muͤh/
So hat er doch nicht mehr das gluͤck des Angeli.
Was
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[240/0256] Vermiſchte Gedichte. Und ſtets von einer thuͤr zur andern betteln ſchleichet/ Der doch die kunſt verſteht/ die ieder kluger ehrt/ Und Monmaur eher zeit hat in Paris gelehrt. Zwar unſer koͤnig zieht zu unſerm groſſen gluͤcke Den ſchwachen Phoͤbus noch aus dem ſpital zuruͤcke/ Erhaͤlt ihn fuͤr dem fall und wirfft bey krieg und ruh Den Muſen offtermals geneigte blicke zu. Man weiß/ daß dieſer held bloß nach verdienſt erhebet: Was aber hilfft Auguſt/ wo kein Mecaͤnas lebet? Wer wolte ſich doch wohl bey meiner ſchweren pein So viel erniedrigen und meine ſtuͤtze ſeyn? Und waͤr auch dieſes gleich; wie braͤch ich durch den hauffen Der reimer/ die ihn meiſt aus hunger uͤberlauffen/ Die ſtets die erſten ſind/ wo ſeine hand ſich ruͤhrt/ Und ſtehlen/ was doch offt dem letzten nur gebuͤhrt. Gleichwie die weſpen thun/ die ſelber nichts verdienen/ Und doch den honigſeim der arbeits-vollen bienen Jn ihren rachen ziehn. Drum habet gute nacht/ Gewinſte/ weil ihr nur verwegne gluͤcklich macht. Amandus hatte nichts als ſeine kunſt zum beſten/ Sein gut und erbtheil war ein rock mit einer weſten/ Ein blat/ wo fiat ſtund/ ein bett’/ ein ſtruͤmpffchen lichts/ Und endlich kurtz geſagt: Amandus hatte nichts. Als er nun muͤde war ſein leben ſo zu fuͤhren/ Dacht er durch dieſes nichts dem gluͤcke nachzuſpuͤren/ Und kam zu einer zeit bey hofe/ voller wahn/ Mit einer gantzen laſt von ſchoͤnen verſen an. Wie lieff es aber ab? Er kam mit ſchimpffe wieder/ Warff voller ſchand und ſpott ſich auf das bette nieder/ Und ſeuffzte/ biß zuletzt das fieber und der gram/ Noch eh’ er hungers ſtarb/ ihn von der erde nahm. Poeten waren zwar vordem bey hofe mode; Heut aber ſchmecken ſie der welt nach narren-ſode. Schreib einer noch ſo klug/ und mit der groͤſten muͤh/ So hat er doch nicht mehr das gluͤck des Angeli. Was

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/256>, abgerufen am 22.11.2024.