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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Vermischte Gedichte.
Drum mag ich selber mich mit keinem wahne blenden/
Jch messe meinen lauff nach meinen schwachen lenden/
Und bin vernünfftiger bey meiner blödigkeit/
Als andre/ die mit schimpff und aus verwegenheit/
Durch abgeschmackten rauch dir dein altar entzieren:
Die auf der ehren-bahn/ wo nutz und geitz sie führen/
An deinem nahmen sich fast halb zu tode schreyn/
Durch meldung deiner macht dir nur beschwerlich seyn/
Und täglich/ wie du weist/ mit einer heisern kehlen
Dir dein selbeignes thun und deinen sieg erzehlen.
Der fängt ein schäfer-lied mit stoltzen worten an/
Und stellet eingangs gleich sich selber auff die bahn;
Jndem er seinen ruhm an jede zeile hänget/
Und dein durchlauchtes lob mit narren-dunst vermenget.
Ein ander quält umsonst beym reimen den verstand
Und nimt wohl zwantzig mahl die raspel in die hand/
Und endlich sucht er dich/ o ungemeine sachen!
Am ende des Sonnets der sonne gleich zu machen.
Zwar ihre feder ist vom Helicon veracht:
Die Musen haben längst zur fabel sie gemacht:
Calliope hat nie die stümper angesprochen;
Und Pegasus hat sich für ihnen gar verkrochen.
Jedennoch wenn man sieht/ mit was für zuversicht
Jhr frecher hochmuth dir Apollens gunst verspricht/
So dächte man wohl gar/ daß sie sein hertz in ketten/
Und den geweihten berg zu ihren diensten hätten.
Ja wenn man ihnen glaubt/ so sind sie in der welt
Vom Phöbus gantz allein für deinen ruhm bestellt/
Und dein gepriesner nahm' in süden/ west und norden/
Jst/ ihrer meynung nach/ durch sie unsterblich worden.
Dein nahme/ welcher doch durch sein belebtes licht
Jhr bäurisches geblüt' ein wenig auffgericht:
Und der allein gemacht/ daß ihre kluge grillen
Nicht längst den hohlen bauch der matten würmer füllen.
Denn dieser schützet sie: gleich wie man etwa sieht/
Daß sich ein schwacher baum durch stützen auffwerts zieht/
Der
Vermiſchte Gedichte.
Drum mag ich ſelber mich mit keinem wahne blenden/
Jch meſſe meinen lauff nach meinen ſchwachen lenden/
Und bin vernuͤnfftiger bey meiner bloͤdigkeit/
Als andre/ die mit ſchimpff und aus verwegenheit/
Durch abgeſchmackten rauch dir dein altar entzieren:
Die auf der ehren-bahn/ wo nutz und geitz ſie fuͤhren/
An deinem nahmen ſich faſt halb zu tode ſchreyn/
Durch meldung deiner macht dir nur beſchwerlich ſeyn/
Und taͤglich/ wie du weiſt/ mit einer heiſern kehlen
Dir dein ſelbeignes thun und deinen ſieg erzehlen.
Der faͤngt ein ſchaͤfer-lied mit ſtoltzen worten an/
Und ſtellet eingangs gleich ſich ſelber auff die bahn;
Jndem er ſeinen ruhm an jede zeile haͤnget/
Und dein durchlauchtes lob mit narren-dunſt vermenget.
Ein ander quaͤlt umſonſt beym reimen den verſtand
Und nimt wohl zwantzig mahl die raſpel in die hand/
Und endlich ſucht er dich/ o ungemeine ſachen!
Am ende des Sonnets der ſonne gleich zu machen.
Zwar ihre feder iſt vom Helicon veracht:
Die Muſen haben laͤngſt zur fabel ſie gemacht:
Calliope hat nie die ſtuͤmper angeſprochen;
Und Pegaſus hat ſich fuͤr ihnen gar verkrochen.
Jedennoch wenn man ſieht/ mit was fuͤr zuverſicht
Jhr frecher hochmuth dir Apollens gunſt verſpricht/
So daͤchte man wohl gar/ daß ſie ſein hertz in ketten/
Und den geweihten berg zu ihren dienſten haͤtten.
Ja wenn man ihnen glaubt/ ſo ſind ſie in der welt
Vom Phoͤbus gantz allein fuͤr deinen ruhm beſtellt/
Und dein geprieſner nahm’ in ſuͤden/ weſt und norden/
Jſt/ ihrer meynung nach/ durch ſie unſterblich worden.
Dein nahme/ welcher doch durch ſein belebtes licht
Jhr baͤuriſches gebluͤt’ ein wenig auffgericht:
Und der allein gemacht/ daß ihre kluge grillen
Nicht laͤngſt den hohlen bauch der matten wuͤrmer fuͤllen.
Denn dieſer ſchuͤtzet ſie: gleich wie man etwa ſieht/
Daß ſich ein ſchwacher baum durch ſtuͤtzen auffwerts zieht/
Der
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[234/0250] Vermiſchte Gedichte. Drum mag ich ſelber mich mit keinem wahne blenden/ Jch meſſe meinen lauff nach meinen ſchwachen lenden/ Und bin vernuͤnfftiger bey meiner bloͤdigkeit/ Als andre/ die mit ſchimpff und aus verwegenheit/ Durch abgeſchmackten rauch dir dein altar entzieren: Die auf der ehren-bahn/ wo nutz und geitz ſie fuͤhren/ An deinem nahmen ſich faſt halb zu tode ſchreyn/ Durch meldung deiner macht dir nur beſchwerlich ſeyn/ Und taͤglich/ wie du weiſt/ mit einer heiſern kehlen Dir dein ſelbeignes thun und deinen ſieg erzehlen. Der faͤngt ein ſchaͤfer-lied mit ſtoltzen worten an/ Und ſtellet eingangs gleich ſich ſelber auff die bahn; Jndem er ſeinen ruhm an jede zeile haͤnget/ Und dein durchlauchtes lob mit narren-dunſt vermenget. Ein ander quaͤlt umſonſt beym reimen den verſtand Und nimt wohl zwantzig mahl die raſpel in die hand/ Und endlich ſucht er dich/ o ungemeine ſachen! Am ende des Sonnets der ſonne gleich zu machen. Zwar ihre feder iſt vom Helicon veracht: Die Muſen haben laͤngſt zur fabel ſie gemacht: Calliope hat nie die ſtuͤmper angeſprochen; Und Pegaſus hat ſich fuͤr ihnen gar verkrochen. Jedennoch wenn man ſieht/ mit was fuͤr zuverſicht Jhr frecher hochmuth dir Apollens gunſt verſpricht/ So daͤchte man wohl gar/ daß ſie ſein hertz in ketten/ Und den geweihten berg zu ihren dienſten haͤtten. Ja wenn man ihnen glaubt/ ſo ſind ſie in der welt Vom Phoͤbus gantz allein fuͤr deinen ruhm beſtellt/ Und dein geprieſner nahm’ in ſuͤden/ weſt und norden/ Jſt/ ihrer meynung nach/ durch ſie unſterblich worden. Dein nahme/ welcher doch durch ſein belebtes licht Jhr baͤuriſches gebluͤt’ ein wenig auffgericht: Und der allein gemacht/ daß ihre kluge grillen Nicht laͤngſt den hohlen bauch der matten wuͤrmer fuͤllen. Denn dieſer ſchuͤtzet ſie: gleich wie man etwa ſieht/ Daß ſich ein ſchwacher baum durch ſtuͤtzen auffwerts zieht/ Der

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/250>, abgerufen am 22.11.2024.