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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Begräbniß-Gedichte.

Und das gemeine heyl dem himmel abgedrungen/
Weil thränen und gebet den Höchsten offt bezwungen.

Die hoheit ihres stamms ist allzu hoch vor mich/
Mein schwaches lob-lied muß vor dieser würde schweigen/
Vor diesen demant muß mein kiesel-stein sich neigen;
Doch nimt der zeiten buch die mühe selbst auff sich
Und läst (besinn ichs recht?) von ihr die nachwelt lesen:
* Sie sey von königs-stamm/ und fürsten-blut gewesen.
Hört! wie manch kluger mund von ihrer weißheit spricht?
Die redner sind bemüht die todte zu beleben/
Will sie/ was erde war/ der erden wieder geben.
Kennt doch ihr himmlisch geist auch ietzt die erde nicht.
Es will der seelen-pfau sie nach gebühr erhöhen:
Denn was von sternen kam/ muß auch bey sternen stehen.
Der ungemeine zug/ so seelen fesseln kan/
War von dem himmel ihr zur eigenschafft geschencket;
Und dieses ists/ was ietzt in seelen-leid versencket
Das kleinod Schlesiens/ des Käysers theuren Mann/
Den Grafen und Gemahl/ so thränend aus-will sagen:
Mein Agnes hat mein hertz in ihrer hand getragen.
Der Gräflich-hohe stamm/ und was darzu sich zehlt/
Durch blut und freundschaffts-pflicht/ durch eyd und treu
verbunden/

Fühlt allgemeinen schmertz/ trägt allgemeine wunden/
Der sonder gleich Anthon/ die töchter so vermählt/
Entdecken aller welt durch seuffzer/ ach und zähren/
Daß sich ihr Canaan in Mara will verkehren!
Kurtz! was die kluge welt vor kunst und tugend schätzt/
Ja alles/ was man kan von helden-frauen hoffen/
Ward
* Königs-stamm/ weil sie ihren ursprung von George Podibrad
in Böhmen hat.

Begraͤbniß-Gedichte.

Und das gemeine heyl dem himmel abgedrungen/
Weil thraͤnen und gebet den Hoͤchſten offt bezwungen.

Die hoheit ihres ſtamms iſt allzu hoch vor mich/
Mein ſchwaches lob-lied muß vor dieſer wuͤrde ſchweigen/
Vor dieſen demant muß mein kieſel-ſtein ſich neigen;
Doch nimt der zeiten buch die muͤhe ſelbſt auff ſich
Und laͤſt (beſinn ichs recht?) von ihr die nachwelt leſen:
* Sie ſey von koͤnigs-ſtamm/ und fuͤrſten-blut geweſen.
Hoͤrt! wie manch kluger mund von ihrer weißheit ſpricht?
Die redner ſind bemuͤht die todte zu beleben/
Will ſie/ was erde war/ der erden wieder geben.
Kennt doch ihr himmliſch geiſt auch ietzt die erde nicht.
Es will der ſeelen-pfau ſie nach gebuͤhr erhoͤhen:
Denn was von ſternen kam/ muß auch bey ſternen ſtehen.
Der ungemeine zug/ ſo ſeelen feſſeln kan/
War von dem himmel ihr zur eigenſchafft geſchencket;
Und dieſes iſts/ was ietzt in ſeelen-leid verſencket
Das kleinod Schleſiens/ des Kaͤyſers theuren Mann/
Den Grafen und Gemahl/ ſo thraͤnend aus-will ſagen:
Mein Agnes hat mein hertz in ihrer hand getragen.
Der Graͤflich-hohe ſtamm/ und was darzu ſich zehlt/
Durch blut und freundſchaffts-pflicht/ durch eyd und treu
verbunden/

Fuͤhlt allgemeinen ſchmertz/ traͤgt allgemeine wunden/
Der ſonder gleich Anthon/ die toͤchter ſo vermaͤhlt/
Entdecken aller welt durch ſeuffzer/ ach und zaͤhren/
Daß ſich ihr Canaan in Mara will verkehren!
Kurtz! was die kluge welt vor kunſt und tugend ſchaͤtzt/
Ja alles/ was man kan von helden-frauen hoffen/
Ward
* Koͤnigs-ſtamm/ weil ſie ihren urſprung von George Podibrad
in Boͤhmen hat.
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[191/0207] Begraͤbniß-Gedichte. Und das gemeine heyl dem himmel abgedrungen/ Weil thraͤnen und gebet den Hoͤchſten offt bezwungen. Die hoheit ihres ſtamms iſt allzu hoch vor mich/ Mein ſchwaches lob-lied muß vor dieſer wuͤrde ſchweigen/ Vor dieſen demant muß mein kieſel-ſtein ſich neigen; Doch nimt der zeiten buch die muͤhe ſelbſt auff ſich Und laͤſt (beſinn ichs recht?) von ihr die nachwelt leſen: * Sie ſey von koͤnigs-ſtamm/ und fuͤrſten-blut geweſen. Hoͤrt! wie manch kluger mund von ihrer weißheit ſpricht? Die redner ſind bemuͤht die todte zu beleben/ Will ſie/ was erde war/ der erden wieder geben. Kennt doch ihr himmliſch geiſt auch ietzt die erde nicht. Es will der ſeelen-pfau ſie nach gebuͤhr erhoͤhen: Denn was von ſternen kam/ muß auch bey ſternen ſtehen. Der ungemeine zug/ ſo ſeelen feſſeln kan/ War von dem himmel ihr zur eigenſchafft geſchencket; Und dieſes iſts/ was ietzt in ſeelen-leid verſencket Das kleinod Schleſiens/ des Kaͤyſers theuren Mann/ Den Grafen und Gemahl/ ſo thraͤnend aus-will ſagen: Mein Agnes hat mein hertz in ihrer hand getragen. Der Graͤflich-hohe ſtamm/ und was darzu ſich zehlt/ Durch blut und freundſchaffts-pflicht/ durch eyd und treu verbunden/ Fuͤhlt allgemeinen ſchmertz/ traͤgt allgemeine wunden/ Der ſonder gleich Anthon/ die toͤchter ſo vermaͤhlt/ Entdecken aller welt durch ſeuffzer/ ach und zaͤhren/ Daß ſich ihr Canaan in Mara will verkehren! Kurtz! was die kluge welt vor kunſt und tugend ſchaͤtzt/ Ja alles/ was man kan von helden-frauen hoffen/ Ward * Koͤnigs-ſtamm/ weil ſie ihren urſprung von George Podibrad in Boͤhmen hat.

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/207>, abgerufen am 26.11.2024.