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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Begräbniß-Gedichte.
Was aber sag ich doch? ist Teutschland nur allein/
Das dich/ o theurer mann/ bejammert und beklaget?
Mich dünckt/ Europa selbst/ von dem du viel gesaget
Und seinen staat erzehlt/ wird meistens traurig seyn;
Denn weil dein hoher ruhm weit in der welt erklungen/
So wird von musen auch dein tod ietzt weit besungen.
Diß ist gewiß: daß du sein preiß gewesen bist/
Mit dem es dieser zeit so herrlich könte prangen;
Jn Norden ist durch dich ein solch licht aufgegangen/
Das die gelehrte welt zum Pharus nun erkiest.
Jch schweige! was itzund der Brennen land wird sagen/
Da deines gleichen es nicht leichtlich wird erfragen.
Zwar ist verwegenheit/ daß ich mich untersteh/
Dein welt geprießnes thun zu rühmen und zu loben/
Apelles wolte nicht vom schuster seyn erhoben/
Als er sein urtheil schwang von schuhen in die höh.
Drum machs ichs nach der art der Jndianer-weisen/
Die drücken ihren mund/ wenn sie was grosses preisen.
Viel länder reisen durch/ viel sachen sehen an/
Von künsten mancher art viel stunden herzuschwätzen/
Und fast zu jedem ding ein wunder-wort zu setzen/
Scheint zwar/ daß der was weiß/ doch offters wenig kan:
Denn wenn es kömmt/ daß man was kluges her soll schreiben/
Da muß ein plauder-held gewiß zu hause bleiben.
Laufft in die alte zeit/ und schaut was Griechenland
Vor männer zeigen kan/ die hochberühmt gewesen/
Was Aristoteles und Plato euch läst lesen/
Was vom Thucydides und Strabo ist bekant:
Diß hat zwar wohl sein lob/ doch nicht/ so diesem gleichet/
Was unsers seligsten gelehrter kiel erreichet.
Sucht alte Römer auf/ und nehmt den Livius/
So
Begraͤbniß-Gedichte.
Was aber ſag ich doch? iſt Teutſchland nur allein/
Das dich/ o theurer mann/ bejammert und beklaget?
Mich duͤnckt/ Europa ſelbſt/ von dem du viel geſaget
Und ſeinen ſtaat erzehlt/ wird meiſtens traurig ſeyn;
Denn weil dein hoher ruhm weit in der welt erklungen/
So wird von muſen auch dein tod ietzt weit beſungen.
Diß iſt gewiß: daß du ſein preiß geweſen biſt/
Mit dem es dieſer zeit ſo herrlich koͤnte prangen;
Jn Norden iſt durch dich ein ſolch licht aufgegangen/
Das die gelehrte welt zum Pharus nun erkieſt.
Jch ſchweige! was itzund der Brennen land wird ſagen/
Da deines gleichen es nicht leichtlich wird erfragen.
Zwar iſt verwegenheit/ daß ich mich unterſteh/
Dein welt geprießnes thun zu ruͤhmen und zu loben/
Apelles wolte nicht vom ſchuſter ſeyn erhoben/
Als er ſein urtheil ſchwang von ſchuhen in die hoͤh.
Drum machs ichs nach der art der Jndianer-weiſen/
Die druͤcken ihren mund/ wenn ſie was groſſes preiſen.
Viel laͤnder reiſen durch/ viel ſachen ſehen an/
Von kuͤnſten mancher art viel ſtunden herzuſchwaͤtzen/
Und faſt zu jedem ding ein wunder-wort zu ſetzen/
Scheint zwar/ daß der was weiß/ doch offters wenig kan:
Denn wenn es koͤmmt/ daß man was kluges her ſoll ſchreiben/
Da muß ein plauder-held gewiß zu hauſe bleiben.
Laufft in die alte zeit/ und ſchaut was Griechenland
Vor maͤnner zeigen kan/ die hochberuͤhmt geweſen/
Was Ariſtoteles und Plato euch laͤſt leſen/
Was vom Thucydides und Strabo iſt bekant:
Diß hat zwar wohl ſein lob/ doch nicht/ ſo dieſem gleichet/
Was unſers ſeligſten gelehrter kiel erreichet.
Sucht alte Roͤmer auf/ und nehmt den Livius/
So
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[184/0200] Begraͤbniß-Gedichte. Was aber ſag ich doch? iſt Teutſchland nur allein/ Das dich/ o theurer mann/ bejammert und beklaget? Mich duͤnckt/ Europa ſelbſt/ von dem du viel geſaget Und ſeinen ſtaat erzehlt/ wird meiſtens traurig ſeyn; Denn weil dein hoher ruhm weit in der welt erklungen/ So wird von muſen auch dein tod ietzt weit beſungen. Diß iſt gewiß: daß du ſein preiß geweſen biſt/ Mit dem es dieſer zeit ſo herrlich koͤnte prangen; Jn Norden iſt durch dich ein ſolch licht aufgegangen/ Das die gelehrte welt zum Pharus nun erkieſt. Jch ſchweige! was itzund der Brennen land wird ſagen/ Da deines gleichen es nicht leichtlich wird erfragen. Zwar iſt verwegenheit/ daß ich mich unterſteh/ Dein welt geprießnes thun zu ruͤhmen und zu loben/ Apelles wolte nicht vom ſchuſter ſeyn erhoben/ Als er ſein urtheil ſchwang von ſchuhen in die hoͤh. Drum machs ichs nach der art der Jndianer-weiſen/ Die druͤcken ihren mund/ wenn ſie was groſſes preiſen. Viel laͤnder reiſen durch/ viel ſachen ſehen an/ Von kuͤnſten mancher art viel ſtunden herzuſchwaͤtzen/ Und faſt zu jedem ding ein wunder-wort zu ſetzen/ Scheint zwar/ daß der was weiß/ doch offters wenig kan: Denn wenn es koͤmmt/ daß man was kluges her ſoll ſchreiben/ Da muß ein plauder-held gewiß zu hauſe bleiben. Laufft in die alte zeit/ und ſchaut was Griechenland Vor maͤnner zeigen kan/ die hochberuͤhmt geweſen/ Was Ariſtoteles und Plato euch laͤſt leſen/ Was vom Thucydides und Strabo iſt bekant: Diß hat zwar wohl ſein lob/ doch nicht/ ſo dieſem gleichet/ Was unſers ſeligſten gelehrter kiel erreichet. Sucht alte Roͤmer auf/ und nehmt den Livius/ So

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/200>, abgerufen am 03.05.2024.