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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Begräbniß-Gedichte.

Daß ihrer viel im blute schwimmen/
Und mancher/ der uns lieb gewest/
Den geist hier in die lüffte bläst.

Ja selbst die stadt mit ihren mauren
Zerfällt und sinckt in asch' und grauß.
Jst in derselben auch ein hauß/
Jn welchem man nicht höre trauren?
Zumahl da öffters weib und kind
Zugleich mit auffgeflogen sind.
Bey so viel unzehlbaren leichen/
Mit maur und wall dahin gestreckt;
Was meynst du/ wirst du nicht erschreckt/
Dein leid mit dieser fall vergleichen?
Und finden gegen ihrer last/
Daß du gar nicht zu klagen hast.
Wie dürfftest du vom tode klagen/
Wo sterben ein geringes ist?
Diß/ warum du bekümmert bist/
Sieht man auff allen gassen tragen:
Wenn nur nicht/ an des grabes statt/
Das hauß sie überschüttet hat.
Wie viel sind hier zu wittwen worden/
Wie vielen stirbt der gantze stamm?
Was dir der tod geruhig nahm/
Fällt hier durch lauter schwerdt und morden/
So daß auch öffters die gebein
Der todten nicht zu finden seyn.
Als dorten gar kein trost zu hoffen/
Da Tullius sein kind verlohr/
Hielt man ihm die verwüstung vor/
Die damahls Africa betroffen/
Und
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Begraͤbniß-Gedichte.

Daß ihrer viel im blute ſchwimmen/
Und mancher/ der uns lieb geweſt/
Den geiſt hier in die luͤffte blaͤſt.

Ja ſelbſt die ſtadt mit ihren mauren
Zerfaͤllt und ſinckt in aſch’ und grauß.
Jſt in derſelben auch ein hauß/
Jn welchem man nicht hoͤre trauren?
Zumahl da oͤffters weib und kind
Zugleich mit auffgeflogen ſind.
Bey ſo viel unzehlbaren leichen/
Mit maur und wall dahin geſtreckt;
Was meynſt du/ wirſt du nicht erſchreckt/
Dein leid mit dieſer fall vergleichen?
Und finden gegen ihrer laſt/
Daß du gar nicht zu klagen haſt.
Wie duͤrffteſt du vom tode klagen/
Wo ſterben ein geringes iſt?
Diß/ warum du bekuͤmmert biſt/
Sieht man auff allen gaſſen tragen:
Wenn nur nicht/ an des grabes ſtatt/
Das hauß ſie uͤberſchuͤttet hat.
Wie viel ſind hier zu wittwen worden/
Wie vielen ſtirbt der gantze ſtamm?
Was dir der tod geruhig nahm/
Faͤllt hier durch lauter ſchwerdt und morden/
So daß auch oͤffters die gebein
Der todten nicht zu finden ſeyn.
Als dorten gar kein troſt zu hoffen/
Da Tullius ſein kind verlohr/
Hielt man ihm die verwuͤſtung vor/
Die damahls Africa betroffen/
Und
M 2
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[179/0195] Begraͤbniß-Gedichte. Daß ihrer viel im blute ſchwimmen/ Und mancher/ der uns lieb geweſt/ Den geiſt hier in die luͤffte blaͤſt. Ja ſelbſt die ſtadt mit ihren mauren Zerfaͤllt und ſinckt in aſch’ und grauß. Jſt in derſelben auch ein hauß/ Jn welchem man nicht hoͤre trauren? Zumahl da oͤffters weib und kind Zugleich mit auffgeflogen ſind. Bey ſo viel unzehlbaren leichen/ Mit maur und wall dahin geſtreckt; Was meynſt du/ wirſt du nicht erſchreckt/ Dein leid mit dieſer fall vergleichen? Und finden gegen ihrer laſt/ Daß du gar nicht zu klagen haſt. Wie duͤrffteſt du vom tode klagen/ Wo ſterben ein geringes iſt? Diß/ warum du bekuͤmmert biſt/ Sieht man auff allen gaſſen tragen: Wenn nur nicht/ an des grabes ſtatt/ Das hauß ſie uͤberſchuͤttet hat. Wie viel ſind hier zu wittwen worden/ Wie vielen ſtirbt der gantze ſtamm? Was dir der tod geruhig nahm/ Faͤllt hier durch lauter ſchwerdt und morden/ So daß auch oͤffters die gebein Der todten nicht zu finden ſeyn. Als dorten gar kein troſt zu hoffen/ Da Tullius ſein kind verlohr/ Hielt man ihm die verwuͤſtung vor/ Die damahls Africa betroffen/ Und M 2

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/195>, abgerufen am 22.11.2024.