Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite
Hochzeit-Gedichte.
Wie süsse daß sie sey/ ersieht man an Melissen/
Weil die die bienen nur des honigs wegen küssen.
Die mannes-treu bestärckt/ daß sie von treue weiß.
Wo dann nun lieb und treu/ da findet sich verlangen/
Die sonnen-wende sagts/ die sich nach Phöbus wangen
Als ihrem abgott kehrt. Es sehnt der augen licht/
Wann ihm sein augen-trost ein zeitlang nur verborgen;
Wie die fast welcke blum nach dem bethauten morgen/
Und bleibt der eintz'ge trost und wunsch: vergiß mein nicht.
Beständigkeit läst sich in unverwelcktem wesen
An der unsterbligkeit der amaranthen lesen/
Die selbst der allmacht buch ausziert mit ew'gem ruhm.
Die zart' anemone/ die frucht der schönsten thränen/
Die Venus um Adon vergoß/ als sie mit sehnen
Die keuschheit angelobt/ verbleibt der keuschheit blum.
Die blasse furcht dringt sich auch in der gärten auen/
Man kan ihr ähnlichs bild an weissen rosen schauen.
Denn lieben ohne furcht ist noch nicht auff der welt.
Es kan die Eifersucht nicht schärffern gifft ausstreuen/
Wenn liebes-blumen erst anfangen zu gedeyen/
Als gifftiger napell in seinen helmen hält.
Die hoffnung zeiget sich an aller blumen stützen/
Dieweil die blätter/ die an ihren stengeln sitzen/
Jn grüner hoffnungs-farb und anmuth sind geziert.
Nur eintzig colchis blum entspringt aus blosser erden/
Die will/ verzweiffelung! dein rechtes bildniß werden/
Weil ihre blume lieb' ohn hoffnungs-blätter führt.
Was ferner liebens werth an einer schönen frauen/
Das läst der garten-schmuck in aller völle schauen/
Die schönheit zeugt an ihr nichts als was blumen gleich.
Der blaue hyazinth durch Phöbus wunsch entsprossen/
Zeigt holdes augen-blau/ in welches eingegossen
Die funcken seiner macht/ das gantze sternen-reich.
Der rosen scharlach/ mit dem glantze der jaßminen
Kan zarter wangen feld zum gleichen abriß dienen/
Der flachen stirne glantz reicht jenes silber dar/
Das
II. Theil. L
Hochzeit-Gedichte.
Wie ſuͤſſe daß ſie ſey/ erſieht man an Meliſſen/
Weil die die bienen nur des honigs wegen kuͤſſen.
Die mannes-treu beſtaͤrckt/ daß ſie von treue weiß.
Wo dann nun lieb und treu/ da findet ſich verlangen/
Die ſonnen-wende ſagts/ die ſich nach Phoͤbus wangen
Als ihrem abgott kehrt. Es ſehnt der augen licht/
Wann ihm ſein augen-troſt ein zeitlang nur verborgen;
Wie die faſt welcke blum nach dem bethauten morgen/
Und bleibt der eintz’ge troſt und wunſch: vergiß mein nicht.
Beſtaͤndigkeit laͤſt ſich in unverwelcktem weſen
An der unſterbligkeit der amaranthen leſen/
Die ſelbſt der allmacht buch ausziert mit ew’gem ruhm.
Die zart’ anemone/ die frucht der ſchoͤnſten thraͤnen/
Die Venus um Adon vergoß/ als ſie mit ſehnen
Die keuſchheit angelobt/ verbleibt der keuſchheit blum.
Die blaſſe furcht dringt ſich auch in der gaͤrten auen/
Man kan ihr aͤhnlichs bild an weiſſen roſen ſchauen.
Denn lieben ohne furcht iſt noch nicht auff der welt.
Es kan die Eiferſucht nicht ſchaͤrffern gifft ausſtreuen/
Wenn liebes-blumen erſt anfangen zu gedeyen/
Als gifftiger napell in ſeinen helmen haͤlt.
Die hoffnung zeiget ſich an aller blumen ſtuͤtzen/
Dieweil die blaͤtter/ die an ihren ſtengeln ſitzen/
Jn gruͤner hoffnungs-farb und anmuth ſind geziert.
Nur eintzig colchis blum entſpringt aus bloſſer erden/
Die will/ verzweiffelung! dein rechtes bildniß werden/
Weil ihre blume lieb’ ohn hoffnungs-blaͤtter fuͤhrt.
Was ferner liebens werth an einer ſchoͤnen frauen/
Das laͤſt der garten-ſchmuck in aller voͤlle ſchauen/
Die ſchoͤnheit zeugt an ihr nichts als was blumen gleich.
Der blaue hyazinth durch Phoͤbus wunſch entſproſſen/
Zeigt holdes augen-blau/ in welches eingegoſſen
Die funcken ſeiner macht/ das gantze ſternen-reich.
Der roſen ſcharlach/ mit dem glantze der jaßminen
Kan zarter wangen feld zum gleichen abriß dienen/
Der flachen ſtirne glantz reicht jenes ſilber dar/
Das
II. Theil. L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0177" n="161"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hochzeit-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Wie &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e daß &#x017F;ie &#x017F;ey/ er&#x017F;ieht man an Meli&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Weil die die bienen nur des honigs wegen ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Die mannes-treu be&#x017F;ta&#x0364;rckt/ daß &#x017F;ie von treue weiß.</l><lb/>
          <l>Wo dann nun lieb und treu/ da findet &#x017F;ich verlangen/</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;onnen-wende &#x017F;agts/ die &#x017F;ich nach Pho&#x0364;bus wangen</l><lb/>
          <l>Als ihrem abgott kehrt. Es &#x017F;ehnt der augen licht/</l><lb/>
          <l>Wann ihm &#x017F;ein augen-tro&#x017F;t ein zeitlang nur verborgen;</l><lb/>
          <l>Wie die fa&#x017F;t welcke blum nach dem bethauten morgen/</l><lb/>
          <l>Und bleibt der eintz&#x2019;ge tro&#x017F;t und wun&#x017F;ch: vergiß mein nicht.</l><lb/>
          <l>Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich in unverwelcktem we&#x017F;en</l><lb/>
          <l>An der un&#x017F;terbligkeit der amaranthen le&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;elb&#x017F;t der allmacht buch ausziert mit ew&#x2019;gem ruhm.</l><lb/>
          <l>Die zart&#x2019; anemone/ die frucht der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten thra&#x0364;nen/</l><lb/>
          <l>Die Venus um Adon vergoß/ als &#x017F;ie mit &#x017F;ehnen</l><lb/>
          <l>Die keu&#x017F;chheit angelobt/ verbleibt der keu&#x017F;chheit blum.</l><lb/>
          <l>Die bla&#x017F;&#x017F;e furcht dringt &#x017F;ich auch in der ga&#x0364;rten auen/</l><lb/>
          <l>Man kan ihr a&#x0364;hnlichs bild an wei&#x017F;&#x017F;en ro&#x017F;en &#x017F;chauen.</l><lb/>
          <l>Denn lieben ohne furcht i&#x017F;t noch nicht auff der welt.</l><lb/>
          <l>Es kan die Eifer&#x017F;ucht nicht &#x017F;cha&#x0364;rffern gifft aus&#x017F;treuen/</l><lb/>
          <l>Wenn liebes-blumen er&#x017F;t anfangen zu gedeyen/</l><lb/>
          <l>Als gifftiger napell in &#x017F;einen helmen ha&#x0364;lt.</l><lb/>
          <l>Die hoffnung zeiget &#x017F;ich an aller blumen &#x017F;tu&#x0364;tzen/</l><lb/>
          <l>Dieweil die bla&#x0364;tter/ die an ihren &#x017F;tengeln &#x017F;itzen/</l><lb/>
          <l>Jn gru&#x0364;ner hoffnungs-farb und anmuth &#x017F;ind geziert.</l><lb/>
          <l>Nur eintzig colchis blum ent&#x017F;pringt aus blo&#x017F;&#x017F;er erden/</l><lb/>
          <l>Die will/ verzweiffelung! dein rechtes bildniß werden/</l><lb/>
          <l>Weil ihre blume lieb&#x2019; ohn hoffnungs-bla&#x0364;tter fu&#x0364;hrt.</l><lb/>
          <l>Was ferner liebens werth an einer &#x017F;cho&#x0364;nen frauen/</l><lb/>
          <l>Das la&#x0364;&#x017F;t der garten-&#x017F;chmuck in aller vo&#x0364;lle &#x017F;chauen/</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;cho&#x0364;nheit zeugt an ihr nichts als was blumen gleich.</l><lb/>
          <l>Der blaue hyazinth durch Pho&#x0364;bus wun&#x017F;ch ent&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
          <l>Zeigt holdes augen-blau/ in welches eingego&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
          <l>Die funcken &#x017F;einer macht/ das gantze &#x017F;ternen-reich.</l><lb/>
          <l>Der ro&#x017F;en &#x017F;charlach/ mit dem glantze der jaßminen</l><lb/>
          <l>Kan zarter wangen feld zum gleichen abriß dienen/</l><lb/>
          <l>Der flachen &#x017F;tirne glantz reicht jenes &#x017F;ilber dar/</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. L</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0177] Hochzeit-Gedichte. Wie ſuͤſſe daß ſie ſey/ erſieht man an Meliſſen/ Weil die die bienen nur des honigs wegen kuͤſſen. Die mannes-treu beſtaͤrckt/ daß ſie von treue weiß. Wo dann nun lieb und treu/ da findet ſich verlangen/ Die ſonnen-wende ſagts/ die ſich nach Phoͤbus wangen Als ihrem abgott kehrt. Es ſehnt der augen licht/ Wann ihm ſein augen-troſt ein zeitlang nur verborgen; Wie die faſt welcke blum nach dem bethauten morgen/ Und bleibt der eintz’ge troſt und wunſch: vergiß mein nicht. Beſtaͤndigkeit laͤſt ſich in unverwelcktem weſen An der unſterbligkeit der amaranthen leſen/ Die ſelbſt der allmacht buch ausziert mit ew’gem ruhm. Die zart’ anemone/ die frucht der ſchoͤnſten thraͤnen/ Die Venus um Adon vergoß/ als ſie mit ſehnen Die keuſchheit angelobt/ verbleibt der keuſchheit blum. Die blaſſe furcht dringt ſich auch in der gaͤrten auen/ Man kan ihr aͤhnlichs bild an weiſſen roſen ſchauen. Denn lieben ohne furcht iſt noch nicht auff der welt. Es kan die Eiferſucht nicht ſchaͤrffern gifft ausſtreuen/ Wenn liebes-blumen erſt anfangen zu gedeyen/ Als gifftiger napell in ſeinen helmen haͤlt. Die hoffnung zeiget ſich an aller blumen ſtuͤtzen/ Dieweil die blaͤtter/ die an ihren ſtengeln ſitzen/ Jn gruͤner hoffnungs-farb und anmuth ſind geziert. Nur eintzig colchis blum entſpringt aus bloſſer erden/ Die will/ verzweiffelung! dein rechtes bildniß werden/ Weil ihre blume lieb’ ohn hoffnungs-blaͤtter fuͤhrt. Was ferner liebens werth an einer ſchoͤnen frauen/ Das laͤſt der garten-ſchmuck in aller voͤlle ſchauen/ Die ſchoͤnheit zeugt an ihr nichts als was blumen gleich. Der blaue hyazinth durch Phoͤbus wunſch entſproſſen/ Zeigt holdes augen-blau/ in welches eingegoſſen Die funcken ſeiner macht/ das gantze ſternen-reich. Der roſen ſcharlach/ mit dem glantze der jaßminen Kan zarter wangen feld zum gleichen abriß dienen/ Der flachen ſtirne glantz reicht jenes ſilber dar/ Das II. Theil. L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/177
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/177>, abgerufen am 03.05.2024.