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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Sinn-Gedichte.
Eines trunckenboldes.
EJn meister beym toback/ ein held bey bier und wein/
Ein esel von verstand/ ein affe von geberden/
Ein mensch dem nahmen nach/ den wercken nach ein schwein/
Der muste toll und voll hier eingesencket werden.


Eines sackpfeiffers.
JCh machte knecht und magd recht lustig durch mein pfeiffen/
Niemahls war ich beschwert zum drücken/ blasen/ greiffen/
Jtzt liegt nach meinem todt die pfeiffe gantz allein.
Thu mir den liebes-dienst und blaß einmahl darein!


Eines tauben und stummen.
OB ich gleich taub zur welt gebracht war und gebohren/
Ob ich schon nie kein wort aus meinem mund verlohren/
Und nicht was sünde heist kont hören oder sagen/
So must ich doch den tod/ der sünden straffe/ tragen.


Eines schusters.
JCh konte ziehen lang das leder mit den zähnen/
Wenn in der arbeit es nicht langen wolte zu;
Das leben aber nicht mir etwas länger dehnen/
Da mirs doch lieber war/ als alle meine schuh.


Eines kamm-machers.
DJe hörner und die bein die haben mich ernähret/
Fast iedem hab ich was zu seinem haupt gewähret.
Der todt/ so sorge trug für sein verdorrt gebein/
Nahm mir das leben/ bloß daß er kont sicher seyn.
Jtem
J 4
Sinn-Gedichte.
Eines trunckenboldes.
EJn meiſter beym toback/ ein held bey bier und wein/
Ein eſel von verſtand/ ein affe von geberden/
Ein menſch dem nahmen nach/ den wercken nach ein ſchwein/
Der muſte toll und voll hier eingeſencket werden.


Eines ſackpfeiffers.
JCh machte knecht und magd recht luſtig duꝛch mein pfeiffen/
Niemahls war ich beſchwert zum druͤcken/ blaſen/ greiffen/
Jtzt liegt nach meinem todt die pfeiffe gantz allein.
Thu mir den liebes-dienſt und blaß einmahl darein!


Eines tauben und ſtummen.
OB ich gleich taub zur welt gebracht war und gebohren/
Ob ich ſchon nie kein wort aus meinem mund verlohren/
Und nicht was ſuͤnde heiſt kont hoͤren oder ſagen/
So muſt ich doch den tod/ der ſuͤnden ſtraffe/ tragen.


Eines ſchuſters.
JCh konte ziehen lang das leder mit den zaͤhnen/
Wenn in der arbeit es nicht langen wolte zu;
Das leben aber nicht mir etwas laͤnger dehnen/
Da mirs doch lieber war/ als alle meine ſchuh.


Eines kamm-machers.
DJe hoͤrner und die bein die haben mich ernaͤhret/
Faſt iedem hab ich was zu ſeinem haupt gewaͤhret.
Der todt/ ſo ſorge trug fuͤr ſein verdorrt gebein/
Nahm mir das leben/ bloß daß er kont ſicher ſeyn.
Jtem
J 4
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[135/0151] Sinn-Gedichte. Eines trunckenboldes. EJn meiſter beym toback/ ein held bey bier und wein/ Ein eſel von verſtand/ ein affe von geberden/ Ein menſch dem nahmen nach/ den wercken nach ein ſchwein/ Der muſte toll und voll hier eingeſencket werden. Eines ſackpfeiffers. JCh machte knecht und magd recht luſtig duꝛch mein pfeiffen/ Niemahls war ich beſchwert zum druͤcken/ blaſen/ greiffen/ Jtzt liegt nach meinem todt die pfeiffe gantz allein. Thu mir den liebes-dienſt und blaß einmahl darein! Eines tauben und ſtummen. OB ich gleich taub zur welt gebracht war und gebohren/ Ob ich ſchon nie kein wort aus meinem mund verlohren/ Und nicht was ſuͤnde heiſt kont hoͤren oder ſagen/ So muſt ich doch den tod/ der ſuͤnden ſtraffe/ tragen. Eines ſchuſters. JCh konte ziehen lang das leder mit den zaͤhnen/ Wenn in der arbeit es nicht langen wolte zu; Das leben aber nicht mir etwas laͤnger dehnen/ Da mirs doch lieber war/ als alle meine ſchuh. Eines kamm-machers. DJe hoͤrner und die bein die haben mich ernaͤhret/ Faſt iedem hab ich was zu ſeinem haupt gewaͤhret. Der todt/ ſo ſorge trug fuͤr ſein verdorrt gebein/ Nahm mir das leben/ bloß daß er kont ſicher ſeyn. Jtem J 4

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/151>, abgerufen am 03.05.2024.