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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Sinn-Gedichte.
Hingegen umbgekehrt den klugen ausspruch machen:
Ein weib ist eine grufft und selbst der höllen gleich.
Drum muß die seele sich vor dieser grufft bewahren/
Wer wolte thöricht seyn und in die hölle fahren?


Sie erblickte sich im spiegel.
C. E.
GRisette schaute sich in einem spiegel an;
So bald sie inne ward ihr runtzlichtes gesichte/
Der gantz zerbrochnen zähn' halbausgefaulte schichte/
Und was mehr scheußliches sich an ihr finden kan/
Die außgedorrte haut der abgefleischten wangen/
Und das begreißte haar umb ihren scheitel hangen/
Rieff sie mit blintzenden und halb erstorbnen augen:
Vor funffzig jahren sah' ich mich weit schöner an/
Da ich nichts ähnlichs nun mehr an mir finden kan;
Die spiegel müssen itzt in warheit nicht mehr taugen.


Sie wolte noch keinen mann haben.
C. E.
CElindens mannbarkeit fängt zeitig an zu reiffen/
Nur sitzt die jungfrauschafft bey ihr noch gar zu tieff;
Sie leidt zwar keinen mann/ doch manchen ehrengriff/
Da sie sich in der eh' von vielen vor-läßt greiffen.


Er spielte gegen sie unglücklich.
C. E.
WEr sagt/ daß ich nicht solt im spielen glücklich seyn?
Gantz falsch! wer also spielt wie ich/ der darff nicht klagen/
Jch kan gewinn und glück doch stets vom spiele tragen/
Bekomm ich gleich kein spiel/ ist doch Celinde mein.
An
Sinn-Gedichte.
Hingegen umbgekehrt den klugen ausſpruch machen:
Ein weib iſt eine grufft und ſelbſt der hoͤllen gleich.
Drum muß die ſeele ſich vor dieſer grufft bewahren/
Wer wolte thoͤricht ſeyn und in die hoͤlle fahren?


Sie erblickte ſich im ſpiegel.
C. E.
GRiſette ſchaute ſich in einem ſpiegel an;
So bald ſie inne ward ihr runtzlichtes geſichte/
Der gantz zerbrochnen zaͤhn’ halbausgefaulte ſchichte/
Und was mehr ſcheußliches ſich an ihr finden kan/
Die außgedorrte haut der abgefleiſchten wangen/
Und das begreißte haar umb ihren ſcheitel hangen/
Rieff ſie mit blintzenden und halb erſtorbnen augen:
Vor funffzig jahren ſah’ ich mich weit ſchoͤner an/
Da ich nichts aͤhnlichs nun mehr an mir finden kan;
Die ſpiegel muͤſſen itzt in warheit nicht mehr taugen.


Sie wolte noch keinen mann haben.
C. E.
CElindens mannbarkeit faͤngt zeitig an zu reiffen/
Nur ſitzt die jungfrauſchafft bey ihr noch gar zu tieff;
Sie leidt zwar keinen mann/ doch manchen ehrengriff/
Da ſie ſich in der eh’ von vielen vor-laͤßt greiffen.


Er ſpielte gegen ſie ungluͤcklich.
C. E.
WEr ſagt/ daß ich nicht ſolt im ſpielen gluͤcklich ſeyn?
Gantz falſch! wer alſo ſpielt wie ich/ der darff nicht klagen/
Jch kan gewinn und gluͤck doch ſtets vom ſpiele tragen/
Bekomm ich gleich kein ſpiel/ iſt doch Celinde mein.
An
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[125/0141] Sinn-Gedichte. Hingegen umbgekehrt den klugen ausſpruch machen: Ein weib iſt eine grufft und ſelbſt der hoͤllen gleich. Drum muß die ſeele ſich vor dieſer grufft bewahren/ Wer wolte thoͤricht ſeyn und in die hoͤlle fahren? Sie erblickte ſich im ſpiegel. C. E. GRiſette ſchaute ſich in einem ſpiegel an; So bald ſie inne ward ihr runtzlichtes geſichte/ Der gantz zerbrochnen zaͤhn’ halbausgefaulte ſchichte/ Und was mehr ſcheußliches ſich an ihr finden kan/ Die außgedorrte haut der abgefleiſchten wangen/ Und das begreißte haar umb ihren ſcheitel hangen/ Rieff ſie mit blintzenden und halb erſtorbnen augen: Vor funffzig jahren ſah’ ich mich weit ſchoͤner an/ Da ich nichts aͤhnlichs nun mehr an mir finden kan; Die ſpiegel muͤſſen itzt in warheit nicht mehr taugen. Sie wolte noch keinen mann haben. C. E. CElindens mannbarkeit faͤngt zeitig an zu reiffen/ Nur ſitzt die jungfrauſchafft bey ihr noch gar zu tieff; Sie leidt zwar keinen mann/ doch manchen ehrengriff/ Da ſie ſich in der eh’ von vielen vor-laͤßt greiffen. Er ſpielte gegen ſie ungluͤcklich. C. E. WEr ſagt/ daß ich nicht ſolt im ſpielen gluͤcklich ſeyn? Gantz falſch! wer alſo ſpielt wie ich/ der darff nicht klagen/ Jch kan gewinn und gluͤck doch ſtets vom ſpiele tragen/ Bekomm ich gleich kein ſpiel/ iſt doch Celinde mein. An

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/141>, abgerufen am 28.04.2024.