Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Verliebte Gedichte. Des abends Sylvia/ und früh Aurora/ seyn?So denck ich/ trifft es gleich nicht mit der warheit ein. Ach Sylvia! du wirst nicht ewig so verbleiben. Der tod kan seine lust mit blum und schönheit treiben/ Und du möchst endlich wohl im alter in dich gehn/ Ich aber weiß mir nicht die schmertzen auszustehn. Schau! Bachus liebt den wein. Weil Bachus wein wird lieben/ Soll sich dein Thyrsis auch in steten flammen üben. Je mehr du für ihm weichst/ ie weiter folgt er nach. Denn dir zu g'ringe seyn/ ist weder schimpff noch schmach. Ja solte gleich die zeit den spiegel dir verderben/ Und dein gesichte so wie deine jahre sterben/ So soll mir/ schönste/ doch noch deiner rosen schein/ Und deiner glieder schnee stets für den augen seyn. Ach stoltze Sylvia! Laß deinen zorn sich wenden/ Ich will dir/ wo du wilst/ auch wohl geschencke senden. Nicht etwa die der wald und unser garten trägt; Nicht die das reiffe feld uns in die scheuren legt; Nein: Sondern einen putz mit puder überschlagen/ Wie in der stadt itzund die bürger töchter tragen/ Und einen bunten korb/ den neulich erst Serran Mit grosser kunst gemacht/ Serran/ der kluge mann. Der hirten gröste lust und zierrath unsers landes/ Der alle bürger so an gaben des verstandes Gleich wie die nachtigal die raben übertrifft; Der mich zu erst gelehrt/ wer diese welt gestifft/ Woher ihr roher teig und ihre forme kommen; Wie städte sich gemehrt und wieder abgenommen; Was sonn und monde sey/ und wie ihr licht die welt Durch seinen steten lauff in der bewegung hält: Der sag ich/ alles mir/ nur dieses nicht gezeiget/ Wie man/ o Sylvia! dein steinern hertze beuget. Doch wo du hierdurch auch nicht zubewegen bist; So weiß ich ärmster nicht was weiter übrig ist/ Als daß ich meinen rumpff an diesen eichbaum hencke. Vielleicht liebstu mich todt/ weil ich dich lebend kräncke. Schreib aber auff mein grab nur noch zu guter nacht: Allhier hat Sylvia den Thyrsis umgebracht. Als D 3
Verliebte Gedichte. Des abends Sylvia/ und fruͤh Aurora/ ſeyn?So denck ich/ trifft es gleich nicht mit der warheit ein. Ach Sylvia! du wirſt nicht ewig ſo verbleiben. Der tod kan ſeine luſt mit blum und ſchoͤnheit treiben/ Und du moͤchſt endlich wohl im alter in dich gehn/ Ich aber weiß mir nicht die ſchmertzen auszuſtehn. Schau! Bachus liebt den wein. Weil Bachus wein wird lieben/ Soll ſich dein Thyrſis auch in ſteten flammen uͤben. Je mehr du fuͤr ihm weichſt/ ie weiter folgt er nach. Denn dir zu g’ringe ſeyn/ iſt weder ſchimpff noch ſchmach. Ja ſolte gleich die zeit den ſpiegel dir verderben/ Und dein geſichte ſo wie deine jahre ſterben/ So ſoll mir/ ſchoͤnſte/ doch noch deiner roſen ſchein/ Und deiner glieder ſchnee ſtets fuͤr den augen ſeyn. Ach ſtoltze Sylvia! Laß deinen zorn ſich wenden/ Ich will dir/ wo du wilſt/ auch wohl geſchencke ſenden. Nicht etwa die der wald und unſer garten traͤgt; Nicht die das reiffe feld uns in die ſcheuren legt; Nein: Sondern einen putz mit puder uͤberſchlagen/ Wie in der ſtadt itzund die buͤrger toͤchter tragen/ Und einen bunten korb/ den neulich erſt Serran Mit groſſer kunſt gemacht/ Serran/ der kluge mann. Der hirten groͤſte luſt und zierrath unſers landes/ Der alle buͤrger ſo an gaben des verſtandes Gleich wie die nachtigal die raben uͤbertrifft; Der mich zu erſt gelehrt/ wer dieſe welt geſtifft/ Woher ihr roher teig und ihre forme kommen; Wie ſtaͤdte ſich gemehrt und wieder abgenommen; Was ſonn und monde ſey/ und wie ihr licht die welt Durch ſeinen ſteten lauff in der bewegung haͤlt: Der ſag ich/ alles mir/ nur dieſes nicht gezeiget/ Wie man/ o Sylvia! dein ſteinern hertze beuget. Doch wo du hierdurch auch nicht zubewegen biſt; So weiß ich aͤrmſter nicht was weiter uͤbrig iſt/ Als daß ich meinen rumpff an dieſen eichbaum hencke. Vielleicht liebſtu mich todt/ weil ich dich lebend kraͤncke. Schreib aber auff mein grab nur noch zu guter nacht: Allhier hat Sylvia den Thyrſis umgebracht. Als D 3
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Verliebte Gedichte.
Des abends Sylvia/ und fruͤh Aurora/ ſeyn?
So denck ich/ trifft es gleich nicht mit der warheit ein.
Ach Sylvia! du wirſt nicht ewig ſo verbleiben.
Der tod kan ſeine luſt mit blum und ſchoͤnheit treiben/
Und du moͤchſt endlich wohl im alter in dich gehn/
Ich aber weiß mir nicht die ſchmertzen auszuſtehn.
Schau! Bachus liebt den wein. Weil Bachus wein wird lieben/
Soll ſich dein Thyrſis auch in ſteten flammen uͤben.
Je mehr du fuͤr ihm weichſt/ ie weiter folgt er nach.
Denn dir zu g’ringe ſeyn/ iſt weder ſchimpff noch ſchmach.
Ja ſolte gleich die zeit den ſpiegel dir verderben/
Und dein geſichte ſo wie deine jahre ſterben/
So ſoll mir/ ſchoͤnſte/ doch noch deiner roſen ſchein/
Und deiner glieder ſchnee ſtets fuͤr den augen ſeyn.
Ach ſtoltze Sylvia! Laß deinen zorn ſich wenden/
Ich will dir/ wo du wilſt/ auch wohl geſchencke ſenden.
Nicht etwa die der wald und unſer garten traͤgt;
Nicht die das reiffe feld uns in die ſcheuren legt;
Nein: Sondern einen putz mit puder uͤberſchlagen/
Wie in der ſtadt itzund die buͤrger toͤchter tragen/
Und einen bunten korb/ den neulich erſt Serran
Mit groſſer kunſt gemacht/ Serran/ der kluge mann.
Der hirten groͤſte luſt und zierrath unſers landes/
Der alle buͤrger ſo an gaben des verſtandes
Gleich wie die nachtigal die raben uͤbertrifft;
Der mich zu erſt gelehrt/ wer dieſe welt geſtifft/
Woher ihr roher teig und ihre forme kommen;
Wie ſtaͤdte ſich gemehrt und wieder abgenommen;
Was ſonn und monde ſey/ und wie ihr licht die welt
Durch ſeinen ſteten lauff in der bewegung haͤlt:
Der ſag ich/ alles mir/ nur dieſes nicht gezeiget/
Wie man/ o Sylvia! dein ſteinern hertze beuget.
Doch wo du hierdurch auch nicht zubewegen biſt;
So weiß ich aͤrmſter nicht was weiter uͤbrig iſt/
Als daß ich meinen rumpff an dieſen eichbaum hencke.
Vielleicht liebſtu mich todt/ weil ich dich lebend kraͤncke.
Schreib aber auff mein grab nur noch zu guter nacht:
Allhier hat Sylvia den Thyrſis umgebracht.
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