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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Galante Gedichte.
Itzt sah man allererst/ wie sich die hertzen regten/
So bald der kleine schalck in die versammlung trat/
Wie man die Phillis hier um ihre liebe bat/
Die augen aber dort sich gantz erhitzt bewegten/
Und wie dem einem blieb die zunge stille stehn/
Beym andern seuffzer ließ an statt der worte gehn.
Man sagt: Er hätte sich den abend fest verschworen:
Es solte keiner nicht von liebe seyn befreyt;
Dem krocher in den mund durch küß und süßigkeit/
Ein andrer fieng ihn auff mit auffgespitzten ohren;
Dem kam er in den fuß/ und jenem in die hand/
Und vielen ward er auch durchs auge nur bekandt.
So ward das strenge feur der liebe nun gebohren/
Und machte/ daß mein hertz auch stille flammen fing;
Doch/ als man wiederum nun von einander gieng/
Schien es/ als hätte sich Cupido gar verlohren/
Cupido/ welcher doch beym scheiden gerne bleibt/
Und sonderlich zuletzt noch seine possen treibt.
So bald ich aber drauff nach hause wieder kommen/
Da fühlt ich allererst/ wie wider die natur
Mir ein erhitztes feur durch alle glieder fuhr/
Und daß ich unvermerckt den vogel mitgenommen.
Hier klagt ich/ doch zu spät/ daß freude sonder pein
So wenig als ein stern kan ohne flecken seyn.
Nun fürcht ich/ Phillis/ sehr/ er möchte beym studieren/
(Man weiß doch allzuwohl/ was dieser bube kan/)
Bald meinen federkiel von der gelehrten bahn/
Bald/ wie ein kind gewohnt/ die bücher mir entführen.
Und dieses dürffte leicht nebst andern ursach seyn/
Daß ich ihm stündlich nur mit ruthen müste dräuen.
Drum muß ich endlich wohl ein ander mittel fassen:
Denn Musen schicken sich zu keiner liebes-pein.
Was aber ist hier rath? bey dir nahm ich ihn ein/
Bey dir will ich ihn auch nun wieder sitzen lassen/
Ich habe nichts wie du/ das ihn vergnügen kan/
Denn göttern stehen doch nur schöne lager an.



Noch

Galante Gedichte.
Itzt ſah man allererſt/ wie ſich die hertzen regten/
So bald der kleine ſchalck in die verſammlung trat/
Wie man die Phillis hier um ihre liebe bat/
Die augen aber dort ſich gantz erhitzt bewegten/
Und wie dem einem blieb die zunge ſtille ſtehn/
Beym andern ſeuffzer ließ an ſtatt der worte gehn.
Man ſagt: Er haͤtte ſich den abend feſt verſchworen:
Es ſolte keiner nicht von liebe ſeyn befreyt;
Dem krocher in den mund durch kuͤß und ſuͤßigkeit/
Ein andrer fieng ihn auff mit auffgeſpitzten ohren;
Dem kam er in den fuß/ und jenem in die hand/
Und vielen ward er auch durchs auge nur bekandt.
So ward das ſtrenge feur der liebe nun gebohren/
Und machte/ daß mein hertz auch ſtille flammen fing;
Doch/ als man wiederum nun von einander gieng/
Schien es/ als haͤtte ſich Cupido gar verlohren/
Cupido/ welcher doch beym ſcheiden gerne bleibt/
Und ſonderlich zuletzt noch ſeine poſſen treibt.
So bald ich aber drauff nach hauſe wieder kommen/
Da fuͤhlt ich allererſt/ wie wider die natur
Mir ein erhitztes feur durch alle glieder fuhr/
Und daß ich unvermerckt den vogel mitgenommen.
Hier klagt ich/ doch zu ſpaͤt/ daß freude ſonder pein
So wenig als ein ſtern kan ohne flecken ſeyn.
Nun fuͤrcht ich/ Phillis/ ſehr/ er moͤchte beym ſtudieren/
(Man weiß doch allzuwohl/ was dieſer bube kan/)
Bald meinen federkiel von der gelehrten bahn/
Bald/ wie ein kind gewohnt/ die buͤcher mir entfuͤhren.
Und dieſes duͤrffte leicht nebſt andern urſach ſeyn/
Daß ich ihm ſtuͤndlich nur mit ruthen muͤſte draͤuen.
Drum muß ich endlich wohl ein ander mittel faſſen:
Denn Muſen ſchicken ſich zu keiner liebes-pein.
Was aber iſt hier rath? bey dir nahm ich ihn ein/
Bey dir will ich ihn auch nun wieder ſitzen laſſen/
Ich habe nichts wie du/ das ihn vergnuͤgen kan/
Denn goͤttern ſtehen doch nur ſchoͤne lager an.



Noch
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[24/0068] Galante Gedichte. Itzt ſah man allererſt/ wie ſich die hertzen regten/ So bald der kleine ſchalck in die verſammlung trat/ Wie man die Phillis hier um ihre liebe bat/ Die augen aber dort ſich gantz erhitzt bewegten/ Und wie dem einem blieb die zunge ſtille ſtehn/ Beym andern ſeuffzer ließ an ſtatt der worte gehn. Man ſagt: Er haͤtte ſich den abend feſt verſchworen: Es ſolte keiner nicht von liebe ſeyn befreyt; Dem krocher in den mund durch kuͤß und ſuͤßigkeit/ Ein andrer fieng ihn auff mit auffgeſpitzten ohren; Dem kam er in den fuß/ und jenem in die hand/ Und vielen ward er auch durchs auge nur bekandt. So ward das ſtrenge feur der liebe nun gebohren/ Und machte/ daß mein hertz auch ſtille flammen fing; Doch/ als man wiederum nun von einander gieng/ Schien es/ als haͤtte ſich Cupido gar verlohren/ Cupido/ welcher doch beym ſcheiden gerne bleibt/ Und ſonderlich zuletzt noch ſeine poſſen treibt. So bald ich aber drauff nach hauſe wieder kommen/ Da fuͤhlt ich allererſt/ wie wider die natur Mir ein erhitztes feur durch alle glieder fuhr/ Und daß ich unvermerckt den vogel mitgenommen. Hier klagt ich/ doch zu ſpaͤt/ daß freude ſonder pein So wenig als ein ſtern kan ohne flecken ſeyn. Nun fuͤrcht ich/ Phillis/ ſehr/ er moͤchte beym ſtudieren/ (Man weiß doch allzuwohl/ was dieſer bube kan/) Bald meinen federkiel von der gelehrten bahn/ Bald/ wie ein kind gewohnt/ die buͤcher mir entfuͤhren. Und dieſes duͤrffte leicht nebſt andern urſach ſeyn/ Daß ich ihm ſtuͤndlich nur mit ruthen muͤſte draͤuen. Drum muß ich endlich wohl ein ander mittel faſſen: Denn Muſen ſchicken ſich zu keiner liebes-pein. Was aber iſt hier rath? bey dir nahm ich ihn ein/ Bey dir will ich ihn auch nun wieder ſitzen laſſen/ Ich habe nichts wie du/ das ihn vergnuͤgen kan/ Denn goͤttern ſtehen doch nur ſchoͤne lager an. Noch

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/68>, abgerufen am 28.11.2024.