Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Galante Gedichte. Als Flavia auff das land reisete. EIlstu denn/ Flavia/ so schleunig auff das land? Wilstu zu dieser zeit dich in die rosen setzen? So hüte dich doch auch/ daß deine schöne hand Der rosen nachbarin/ die dornen/ nicht verletzen. Die Flora/ die dich nicht genugsam rühmen kan/ Wirfft ihre lieblichkeit zu deinen zarten füssen/ Sie legt mit eigner hand dir einen sässel an/ Und wünschet nichts so sehr als deinen mund zu küssen. Sie spricht: Ich bin beschämt daß mein beblümtes reich Für deiner glieder pracht muß auff die seite weichen; Die rosen werden hier von deinen lippen bleich/ Dir muß die lilie den weissen scepter reichen. Ja selber der Jasmin reucht nicht so gut wie du. Der weisse Isabell läst sich dein haar vertreiben/ Und iede blume rufft dir/ schönste blume/ zu: Wir blumen/ wir vergehn/ du blume kanst verbleiben. Als Flavia einsmahls an einem groben sack arbeitete. WAs macht doch Flavia mit ihrer weissen hand? Bald hebet sie sie auff/ bald sencket sie sie nieder. Mich deucht/ ein grobes tuch/ ein nichtiges gewand Bemüht den schönen arm/ und plagt die zarten glieder. Ach schönste Flavia/ so muß denn deinen muth Ein ungestalter zwirn und schlechte leinwand binden? Doch weil dein werther leib im sacke busse thut/ So sage mir doch auch den zufall deiner sünden. Ich irre. Flavia will lebens-göttin seyn; Der faden/ den sie zeucht/ trägt tausend männer leben/ Doch führt sie ihn mit fleiß nicht allzu zart und klein/ Es möchte sonst zu viel allhier der leichen geben. Grab-
Galante Gedichte. Als Flavia auff das land reiſete. EIlſtu denn/ Flavia/ ſo ſchleunig auff das land? Wilſtu zu dieſer zeit dich in die roſen ſetzen? So huͤte dich doch auch/ daß deine ſchoͤne hand Der roſen nachbarin/ die dornen/ nicht verletzen. Die Flora/ die dich nicht genugſam ruͤhmen kan/ Wirfft ihre lieblichkeit zu deinen zarten fuͤſſen/ Sie legt mit eigner hand dir einen ſaͤſſel an/ Und wuͤnſchet nichts ſo ſehr als deinen mund zu kuͤſſen. Sie ſpricht: Ich bin beſchaͤmt daß mein bebluͤmtes reich Fuͤr deiner glieder pracht muß auff die ſeite weichen; Die roſen werden hier von deinen lippen bleich/ Dir muß die lilie den weiſſen ſcepter reichen. Ja ſelber der Jaſmin reucht nicht ſo gut wie du. Der weiſſe Iſabell laͤſt ſich dein haar vertreiben/ Und iede blume rufft dir/ ſchoͤnſte blume/ zu: Wir blumen/ wir vergehn/ du blume kanſt verbleiben. Als Flavia einsmahls an einem groben ſack arbeitete. WAs macht doch Flavia mit ihrer weiſſen hand? Bald hebet ſie ſie auff/ bald ſencket ſie ſie nieder. Mich deucht/ ein grobes tuch/ ein nichtiges gewand Bemuͤht den ſchoͤnen arm/ und plagt die zarten glieder. Ach ſchoͤnſte Flavia/ ſo muß denn deinen muth Ein ungeſtalter zwirn und ſchlechte leinwand binden? Doch weil dein werther leib im ſacke buſſe thut/ So ſage mir doch auch den zufall deiner ſuͤnden. Ich irre. Flavia will lebens-goͤttin ſeyn; Der faden/ den ſie zeucht/ traͤgt tauſend maͤnner leben/ Doch fuͤhrt ſie ihn mit fleiß nicht allzu zart und klein/ Es moͤchte ſonſt zu viel allhier der leichen geben. Grab-
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Galante Gedichte.
Als Flavia auff das land reiſete.
C. H. v. H.
EIlſtu denn/ Flavia/ ſo ſchleunig auff das land?
Wilſtu zu dieſer zeit dich in die roſen ſetzen?
So huͤte dich doch auch/ daß deine ſchoͤne hand
Der roſen nachbarin/ die dornen/ nicht verletzen.
Die Flora/ die dich nicht genugſam ruͤhmen kan/
Wirfft ihre lieblichkeit zu deinen zarten fuͤſſen/
Sie legt mit eigner hand dir einen ſaͤſſel an/
Und wuͤnſchet nichts ſo ſehr als deinen mund zu kuͤſſen.
Sie ſpricht: Ich bin beſchaͤmt daß mein bebluͤmtes reich
Fuͤr deiner glieder pracht muß auff die ſeite weichen;
Die roſen werden hier von deinen lippen bleich/
Dir muß die lilie den weiſſen ſcepter reichen.
Ja ſelber der Jaſmin reucht nicht ſo gut wie du.
Der weiſſe Iſabell laͤſt ſich dein haar vertreiben/
Und iede blume rufft dir/ ſchoͤnſte blume/ zu:
Wir blumen/ wir vergehn/ du blume kanſt verbleiben.
Als Flavia einsmahls an einem
groben ſack arbeitete.
C. H. v. H.
WAs macht doch Flavia mit ihrer weiſſen hand?
Bald hebet ſie ſie auff/ bald ſencket ſie ſie nieder.
Mich deucht/ ein grobes tuch/ ein nichtiges gewand
Bemuͤht den ſchoͤnen arm/ und plagt die zarten glieder.
Ach ſchoͤnſte Flavia/ ſo muß denn deinen muth
Ein ungeſtalter zwirn und ſchlechte leinwand binden?
Doch weil dein werther leib im ſacke buſſe thut/
So ſage mir doch auch den zufall deiner ſuͤnden.
Ich irre. Flavia will lebens-goͤttin ſeyn;
Der faden/ den ſie zeucht/ traͤgt tauſend maͤnner leben/
Doch fuͤhrt ſie ihn mit fleiß nicht allzu zart und klein/
Es moͤchte ſonſt zu viel allhier der leichen geben.
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Zitationshilfe: | Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/58>, abgerufen am 16.02.2025. |