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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Ein ander schreibe viel von deinen ehren-kertzen:
Wir schencken dir allhier nichts/ als ergebne hertzen.

Ach auserleßner Stryk/ schau unser opffer an!
Was könten wir doch wohl geschickters für dich finden?
Wir kommen/ wie du weist/ dich sämtlich anzubinden/
Und binden/ wie du siehst/ mit lauter hertzen an.
Jedoch was binden wir? Die freyheit ist verschwunden:
Weil du sie schon vorlängst mit ketten selbst gebunden.
Dein angenehmer mund und deine freundlichkeit
Hat auch in diesem uns das können schon benommen.
Wir sind itzt nicht mehr so/ wie wir nach Halle kommen:
Verstand und hertze seyn verändert und verneu't.
Denn deiner lehren krafft erhebt uns von der erden;
Dein anblick aber macht/ daß wir zu sclaven werden.
Was man dem Orpheus vor zeiten beygelegt/
Das thustu würcklich noch. Du rührst die kalten sinnen/
Die offtmahls härter sind als steine zugewinnen.
Wer dich nur einmahl hört/ der wird auch schon bewegt.
Wer dich zum freunde hat und doch nicht will entbrennen/
Der muß ein unmensch seyn und keine regung kennen.
So nimm denn/ grosser Stryk/ das kleinod unsrer brust.
Vor hastu es geraubt/ itzt wollen wir es schencken.
Du darffst nicht/ wie man pflegt/ auff eine lösung dencken:
Denn die gefangenschafft ersetzet keine lust.
Gib/ aber/ wo du wilst/ für unsre treue lieder
Und den verlohrnen schatz/ uns nur dein hertze wieder.


Schwan-

Vermiſchte Gedichte.
Ein ander ſchreibe viel von deinen ehren-kertzen:
Wir ſchencken dir allhier nichts/ als ergebne hertzen.

Ach auserleßner Stryk/ ſchau unſer opffer an!
Was koͤnten wir doch wohl geſchickters fuͤr dich finden?
Wir kommen/ wie du weiſt/ dich ſaͤmtlich anzubinden/
Und binden/ wie du ſiehſt/ mit lauter hertzen an.
Jedoch was binden wir? Die freyheit iſt verſchwunden:
Weil du ſie ſchon vorlaͤngſt mit ketten ſelbſt gebunden.
Dein angenehmer mund und deine freundlichkeit
Hat auch in dieſem uns das koͤnnen ſchon benommen.
Wir ſind itzt nicht mehr ſo/ wie wir nach Halle kommen:
Verſtand und hertze ſeyn veraͤndert und verneu’t.
Denn deiner lehren krafft erhebt uns von der erden;
Dein anblick aber macht/ daß wir zu ſclaven werden.
Was man dem Orpheus vor zeiten beygelegt/
Das thuſtu wuͤrcklich noch. Du ruͤhrſt die kalten ſinnen/
Die offtmahls haͤrter ſind als ſteine zugewinnen.
Wer dich nur einmahl hoͤrt/ der wird auch ſchon bewegt.
Wer dich zum freunde hat und doch nicht will entbrennen/
Der muß ein unmenſch ſeyn und keine regung kennen.
So nimm denn/ groſſer Stryk/ das kleinod unſrer bruſt.
Vor haſtu es geraubt/ itzt wollen wir es ſchencken.
Du darffſt nicht/ wie man pflegt/ auff eine loͤſung dencken:
Denn die gefangenſchafft erſetzet keine luſt.
Gib/ aber/ wo du wilſt/ fuͤr unſre treue lieder
Und den verlohrnen ſchatz/ uns nur dein hertze wieder.


Schwan-
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[294/0338] Vermiſchte Gedichte. Ein ander ſchreibe viel von deinen ehren-kertzen: Wir ſchencken dir allhier nichts/ als ergebne hertzen. Ach auserleßner Stryk/ ſchau unſer opffer an! Was koͤnten wir doch wohl geſchickters fuͤr dich finden? Wir kommen/ wie du weiſt/ dich ſaͤmtlich anzubinden/ Und binden/ wie du ſiehſt/ mit lauter hertzen an. Jedoch was binden wir? Die freyheit iſt verſchwunden: Weil du ſie ſchon vorlaͤngſt mit ketten ſelbſt gebunden. Dein angenehmer mund und deine freundlichkeit Hat auch in dieſem uns das koͤnnen ſchon benommen. Wir ſind itzt nicht mehr ſo/ wie wir nach Halle kommen: Verſtand und hertze ſeyn veraͤndert und verneu’t. Denn deiner lehren krafft erhebt uns von der erden; Dein anblick aber macht/ daß wir zu ſclaven werden. Was man dem Orpheus vor zeiten beygelegt/ Das thuſtu wuͤrcklich noch. Du ruͤhrſt die kalten ſinnen/ Die offtmahls haͤrter ſind als ſteine zugewinnen. Wer dich nur einmahl hoͤrt/ der wird auch ſchon bewegt. Wer dich zum freunde hat und doch nicht will entbrennen/ Der muß ein unmenſch ſeyn und keine regung kennen. So nimm denn/ groſſer Stryk/ das kleinod unſrer bruſt. Vor haſtu es geraubt/ itzt wollen wir es ſchencken. Du darffſt nicht/ wie man pflegt/ auff eine loͤſung dencken: Denn die gefangenſchafft erſetzet keine luſt. Gib/ aber/ wo du wilſt/ fuͤr unſre treue lieder Und den verlohrnen ſchatz/ uns nur dein hertze wieder. Schwan-

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/338>, abgerufen am 27.08.2024.