Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Vermischte Gedichte. Vergnügung sein selbst/ die man bey der verachtung schöpffen kan. WAs überzieht mich vor ein wetter? Wo stürmet alle mißgunst her? Ich bin ein ziel-zweck tausend spötter/ Mich überschwemmt ein tadel-meer. Verleumdung speyet auff mich gallen/ Und haucht mit schwefel-dunst mich an; Ich soll der gantzen welt mißfallen/ Ob keinen gleich ich was gethan. Der eine tadelt das geblüte/ Dem ist die herkunfft allzu klein; Der findet was in dem gemüthe; Dem seynd die minen zu gemein; Dem taugt der leib nicht; dems gesichte; Dem mangelt reichthum und ein stand/ Biß endlich auch an dem gerüchte Ein laster-fleckmahl wird gebrannt. Frisch auff/ mein muth/ bey dem gewitter! Du kennest/ wo dein hafen sey. Wer an dir sieht dergleichen splitter/ Ist selbst nicht von dem balcken frey. Verachtung kan kein mensch entkommen/ Man stellt auch göttern fehler aus. Wenn tugend du zum schutz genommen/ Behauptestu genug dein haus. Bin ich kein hoher vom geblüte/ Bin ich doch auch der schlechste nicht. Der adel stecket im gemüthe/ Wer weiß ob mirs daran gebricht? Die ersten seynd nur schlecht gebohren/ Und schwungen sich durch kunst empor. Wenn tugend ich mein hertz geschworen/ Was hält man die geburt mir vor? Hab
Vermiſchte Gedichte. Vergnuͤgung ſein ſelbſt/ die man bey der verachtung ſchoͤpffen kan. WAs uͤberzieht mich vor ein wetter? Wo ſtuͤrmet alle mißgunſt her? Ich bin ein ziel-zweck tauſend ſpoͤtter/ Mich uͤberſchwemmt ein tadel-meer. Verleumdung ſpeyet auff mich gallen/ Und haucht mit ſchwefel-dunſt mich an; Ich ſoll der gantzen welt mißfallen/ Ob keinen gleich ich was gethan. Der eine tadelt das gebluͤte/ Dem iſt die herkunfft allzu klein; Der findet was in dem gemuͤthe; Dem ſeynd die minen zu gemein; Dem taugt der leib nicht; dems geſichte; Dem mangelt reichthum und ein ſtand/ Biß endlich auch an dem geruͤchte Ein laſter-fleckmahl wird gebrannt. Friſch auff/ mein muth/ bey dem gewitter! Du kenneſt/ wo dein hafen ſey. Wer an dir ſieht dergleichen ſplitter/ Iſt ſelbſt nicht von dem balcken frey. Verachtung kan kein menſch entkommen/ Man ſtellt auch goͤttern fehler aus. Wenn tugend du zum ſchutz genommen/ Behaupteſtu genug dein haus. Bin ich kein hoher vom gebluͤte/ Bin ich doch auch der ſchlechſte nicht. Der adel ſtecket im gemuͤthe/ Wer weiß ob mirs daran gebricht? Die erſten ſeynd nur ſchlecht gebohren/ Und ſchwungen ſich durch kunſt empor. Wenn tugend ich mein hertz geſchworen/ Was haͤlt man die geburt mir vor? Hab
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0330" n="286"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Vermiſchte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#b">Vergnuͤgung ſein ſelbſt/ die man bey</hi><lb/> der verachtung ſchoͤpffen kan.</head><lb/> <byline> <hi rendition="#c">C. H. V. H.</hi> </byline><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>As uͤberzieht mich vor ein wetter?</l><lb/> <l>Wo ſtuͤrmet alle mißgunſt her?</l><lb/> <l>Ich bin ein ziel-zweck tauſend ſpoͤtter/</l><lb/> <l>Mich uͤberſchwemmt ein tadel-meer.</l><lb/> <l>Verleumdung ſpeyet auff mich gallen/</l><lb/> <l>Und haucht mit ſchwefel-dunſt mich an;</l><lb/> <l>Ich ſoll der gantzen welt mißfallen/</l><lb/> <l>Ob keinen gleich ich was gethan.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Der eine tadelt das gebluͤte/</l><lb/> <l>Dem iſt die herkunfft allzu klein;</l><lb/> <l>Der findet was in dem gemuͤthe;</l><lb/> <l>Dem ſeynd die minen zu gemein;</l><lb/> <l>Dem taugt der leib nicht; dems geſichte;</l><lb/> <l>Dem mangelt reichthum und ein ſtand/</l><lb/> <l>Biß endlich auch an dem geruͤchte</l><lb/> <l>Ein laſter-fleckmahl wird gebrannt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Friſch auff/ mein muth/ bey dem gewitter!</l><lb/> <l>Du kenneſt/ wo dein hafen ſey.</l><lb/> <l>Wer an dir ſieht dergleichen ſplitter/</l><lb/> <l>Iſt ſelbſt nicht von dem balcken frey.</l><lb/> <l>Verachtung kan kein menſch entkommen/</l><lb/> <l>Man ſtellt auch goͤttern fehler aus.</l><lb/> <l>Wenn tugend du zum ſchutz genommen/</l><lb/> <l>Behaupteſtu genug dein haus.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Bin ich kein hoher vom gebluͤte/</l><lb/> <l>Bin ich doch auch der ſchlechſte nicht.</l><lb/> <l>Der adel ſtecket im gemuͤthe/</l><lb/> <l>Wer weiß ob mirs daran gebricht?</l><lb/> <l>Die erſten ſeynd nur ſchlecht gebohren/</l><lb/> <l>Und ſchwungen ſich durch kunſt empor.</l><lb/> <l>Wenn tugend ich mein hertz geſchworen/</l><lb/> <l>Was haͤlt man die geburt mir vor?</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Hab</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [286/0330]
Vermiſchte Gedichte.
Vergnuͤgung ſein ſelbſt/ die man bey
der verachtung ſchoͤpffen kan.
C. H. V. H.
WAs uͤberzieht mich vor ein wetter?
Wo ſtuͤrmet alle mißgunſt her?
Ich bin ein ziel-zweck tauſend ſpoͤtter/
Mich uͤberſchwemmt ein tadel-meer.
Verleumdung ſpeyet auff mich gallen/
Und haucht mit ſchwefel-dunſt mich an;
Ich ſoll der gantzen welt mißfallen/
Ob keinen gleich ich was gethan.
Der eine tadelt das gebluͤte/
Dem iſt die herkunfft allzu klein;
Der findet was in dem gemuͤthe;
Dem ſeynd die minen zu gemein;
Dem taugt der leib nicht; dems geſichte;
Dem mangelt reichthum und ein ſtand/
Biß endlich auch an dem geruͤchte
Ein laſter-fleckmahl wird gebrannt.
Friſch auff/ mein muth/ bey dem gewitter!
Du kenneſt/ wo dein hafen ſey.
Wer an dir ſieht dergleichen ſplitter/
Iſt ſelbſt nicht von dem balcken frey.
Verachtung kan kein menſch entkommen/
Man ſtellt auch goͤttern fehler aus.
Wenn tugend du zum ſchutz genommen/
Behaupteſtu genug dein haus.
Bin ich kein hoher vom gebluͤte/
Bin ich doch auch der ſchlechſte nicht.
Der adel ſtecket im gemuͤthe/
Wer weiß ob mirs daran gebricht?
Die erſten ſeynd nur ſchlecht gebohren/
Und ſchwungen ſich durch kunſt empor.
Wenn tugend ich mein hertz geſchworen/
Was haͤlt man die geburt mir vor?
Hab
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |