Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Vermischte Gedichte. 6. Küsse sind schweigende reden der lippen/ Seuffzer der seelen und strahlen der gunst; Welche von ihren corallenen klippen Sämen ins hertze die qvelle der brunst; Derer gebraucht sich der wütende schütze/ Daß er mit ihnen gemüther zerritze. 7. O der unendlich-erqvickenden schmertzen/ Wenn man die küsse mit seuffzern vermengt! Bald die lieb-äugelnden sternen und kertzen Auff die geküsseten rosen versenckt/ Wenn sich gemüthe/ gedancken und leben Haben auff äuserste lippen begeben. 8. Lachet ihr lippen/ ihr pförtner des lachens/ Schöpffer der worte/ du perlerner mund/ Schieß-platz der liebe/ des feurigen drachens/ Köcher der pfeile/ durch die man wird wund. Höle/ wo Zipripor wangen erröthet/ Hertzen uns stiehlet/ und seelen uns tödtet. 9. Lippen die scharlach und rosen bedecken/ Welche der marmol der wangen umflicht/ Rühret von purpurnem schaume der schnecken/ Euere göttliche lieblichkeit nicht? Nein/ nein/ ihr habt euch in thränen und aschen/ Und in dem blute der buhler gewaschen. 10. Erstlich zwar wolten die milchernen wangen Geben an farbe/ dem munde nicht nach; Aber seit purpur die milch hat umfangen/ Und das vor lauter- und schneerne dach Ward von halbfarbichter röthe besämet/ Stehet die pralende hoffart beschämet. 11. Wo
Vermiſchte Gedichte. 6. Kuͤſſe ſind ſchweigende reden der lippen/ Seuffzer der ſeelen und ſtrahlen der gunſt; Welche von ihren corallenen klippen Saͤmen ins hertze die qvelle der brunſt; Derer gebraucht ſich der wuͤtende ſchuͤtze/ Daß er mit ihnen gemuͤther zerritze. 7. O der unendlich-erqvickenden ſchmertzen/ Wenn man die kuͤſſe mit ſeuffzern vermengt! Bald die lieb-aͤugelnden ſternen und kertzen Auff die gekuͤſſeten roſen verſenckt/ Wenn ſich gemuͤthe/ gedancken und leben Haben auff aͤuſerſte lippen begeben. 8. Lachet ihr lippen/ ihr pfoͤrtner des lachens/ Schoͤpffer der worte/ du perlerner mund/ Schieß-platz der liebe/ des feurigen drachens/ Koͤcher der pfeile/ durch die man wird wund. Hoͤle/ wo Zipripor wangen erroͤthet/ Hertzen uns ſtiehlet/ und ſeelen uns toͤdtet. 9. Lippen die ſcharlach und roſen bedecken/ Welche der marmol der wangen umflicht/ Ruͤhret von purpurnem ſchaume der ſchnecken/ Euere goͤttliche lieblichkeit nicht? Nein/ nein/ ihr habt euch in thraͤnen und aſchen/ Und in dem blute der buhler gewaſchen. 10. Erſtlich zwar wolten die milchernen wangen Geben an farbe/ dem munde nicht nach; Aber ſeit purpur die milch hat umfangen/ Und das vor lauter- und ſchneerne dach Ward von halbfarbichter roͤthe beſaͤmet/ Stehet die pralende hoffart beſchaͤmet. 11. Wo
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Vermiſchte Gedichte.
6.
Kuͤſſe ſind ſchweigende reden der lippen/
Seuffzer der ſeelen und ſtrahlen der gunſt;
Welche von ihren corallenen klippen
Saͤmen ins hertze die qvelle der brunſt;
Derer gebraucht ſich der wuͤtende ſchuͤtze/
Daß er mit ihnen gemuͤther zerritze.
7.
O der unendlich-erqvickenden ſchmertzen/
Wenn man die kuͤſſe mit ſeuffzern vermengt!
Bald die lieb-aͤugelnden ſternen und kertzen
Auff die gekuͤſſeten roſen verſenckt/
Wenn ſich gemuͤthe/ gedancken und leben
Haben auff aͤuſerſte lippen begeben.
8.
Lachet ihr lippen/ ihr pfoͤrtner des lachens/
Schoͤpffer der worte/ du perlerner mund/
Schieß-platz der liebe/ des feurigen drachens/
Koͤcher der pfeile/ durch die man wird wund.
Hoͤle/ wo Zipripor wangen erroͤthet/
Hertzen uns ſtiehlet/ und ſeelen uns toͤdtet.
9.
Lippen die ſcharlach und roſen bedecken/
Welche der marmol der wangen umflicht/
Ruͤhret von purpurnem ſchaume der ſchnecken/
Euere goͤttliche lieblichkeit nicht?
Nein/ nein/ ihr habt euch in thraͤnen und aſchen/
Und in dem blute der buhler gewaſchen.
10.
Erſtlich zwar wolten die milchernen wangen
Geben an farbe/ dem munde nicht nach;
Aber ſeit purpur die milch hat umfangen/
Und das vor lauter- und ſchneerne dach
Ward von halbfarbichter roͤthe beſaͤmet/
Stehet die pralende hoffart beſchaͤmet.
11. Wo
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