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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Es fraß diß süsse weh mehr/ als ein nagend wurm/
Ja als der krebs um sich. Denn dieser donner-sturm
Der liebes-pfeile traff den Jupiter nicht minder/
Als Beerezinthien und ihre götter-kinder.
Ja auch das stumme vieh/ das wild/ das gleich der pfeil
Dianens sonst nicht traff/ empfand den liebes-keil/
Was durch die lufft/ durch meer und ströhme pflegt zu schwimmen
Fieng voll von liebes-glut/ und hertzens-loh zu glimmen;
Die qvelle brannten selbst/ die flüsse wurden heiß/
Und diß/ was sonsten gleich den brand zu leschen weiß.
Denn als die Ziprie den thier-kreyß rings ummessen/
Sprach sie/ wir müssen auch der mutter nicht vergessen/
Und ihrer Najaden. Damit so sänckte sie
Den wagen auff die see/ so durch kein holtz noch nie
Der Thyfis war bepflügt/ den Colchos so gepriesen;
Des Zephyrs säusseln trieb durch die gesaltznen wiesen
Diß neue muschel-schiff. Cupido ließ voran
Die schwanen schwimmen fort. Er selbst war steuer-mann/
Sein göldner bogen war der ancker/ seine pfeile
Die rüder/ seine sehn' und stricke waren seile.
Zum seegel brauchete die schürtze dieses kind/
Und mit der flatterung der flügel macht es wind.
Sie aber/ Ziprie/ die mutter aller zierden/
Die schönheits-göttin schwang die fackel der begierden
Und schüttete den plitz/ den schwefel ihrer lust/
Die flammen ihrer brunst in Nereus kalte brust/
Und in sein schuppen-vieh/ die lichten liebes-funcken/
Als strahlen ihrer huld. Die gantze welt lag truncken
In liebe; hertz und schmertz war eines. Kein galen
Vermochte selber nicht der seuche zu entgehn.
Als nun die gantze welt in liebe lag gefangen/
Zog Azidalie mit grossen sieges-prangen
Den sternen wieder zu/ und trat den lichten plitz
Dem vater wieder ab. Der gleichfalls einen ritz
In seine brust empfing. Hier/ spr[ach] sie/ sind die keile/
Du grosser götter-printz/ die du [nur] eine weile
Zu brauchen hast vergönt. Ich habe nun bereit
Mein göttlich amt verricht. Der dinge brunn/ die zeit
Wird von sich selbst hinfort schon meine flamme sämen.
Wie aber werd' ich mich hingegen dir beqvemen?
Den zweck hab ich erlangt/ wenn/ sagte sie/ und fiel
Ihm zitternd um den halß/ wenn dir gefallen will/
Daß ich dein liebstes kind/ die dir mit nichts kan dancken/
Dich einmahl küssen darff. Diß hieß der kindheit schrancken

Zu[m]

Vermiſchte Gedichte.
Es fraß diß ſuͤſſe weh mehr/ als ein nagend wurm/
Ja als der krebs um ſich. Denn dieſer donner-ſturm
Der liebes-pfeile traff den Jupiter nicht minder/
Als Beerezinthien und ihre goͤtter-kinder.
Ja auch das ſtumme vieh/ das wild/ das gleich der pfeil
Dianens ſonſt nicht traff/ empfand den liebes-keil/
Was durch die lufft/ durch meer und ſtroͤhme pflegt zu ſchwimmen
Fieng voll von liebes-glut/ und hertzens-loh zu glimmen;
Die qvelle brannten ſelbſt/ die fluͤſſe wurden heiß/
Und diß/ was ſonſten gleich den brand zu leſchen weiß.
Denn als die Ziprie den thier-kreyß rings ummeſſen/
Sprach ſie/ wir muͤſſen auch der mutter nicht vergeſſen/
Und ihrer Najaden. Damit ſo ſaͤnckte ſie
Den wagen auff die ſee/ ſo durch kein holtz noch nie
Der Thyfis war bepfluͤgt/ den Colchos ſo geprieſen;
Des Zephyrs ſaͤuſſeln trieb durch die geſaltznen wieſen
Diß neue muſchel-ſchiff. Cupido ließ voran
Die ſchwanen ſchwimmen fort. Er ſelbſt war ſteuer-mann/
Sein goͤldner bogen war der ancker/ ſeine pfeile
Die ruͤder/ ſeine ſehn’ und ſtricke waren ſeile.
Zum ſeegel brauchete die ſchuͤrtze dieſes kind/
Und mit der flatterung der fluͤgel macht es wind.
Sie aber/ Ziprie/ die mutter aller zierden/
Die ſchoͤnheits-goͤttin ſchwang die fackel der begierden
Und ſchuͤttete den plitz/ den ſchwefel ihrer luſt/
Die flammen ihrer brunſt in Nereus kalte bruſt/
Und in ſein ſchuppen-vieh/ die lichten liebes-funcken/
Als ſtrahlen ihrer huld. Die gantze welt lag truncken
In liebe; hertz und ſchmertz war eines. Kein galen
Vermochte ſelber nicht der ſeuche zu entgehn.
Als nun die gantze welt in liebe lag gefangen/
Zog Azidalie mit groſſen ſieges-prangen
Den ſternen wieder zu/ und trat den lichten plitz
Dem vater wieder ab. Der gleichfalls einen ritz
In ſeine bruſt empfing. Hier/ ſpr[ach] ſie/ ſind die keile/
Du groſſer goͤtter-printz/ die du [nur] eine weile
Zu brauchen haſt vergoͤnt. Ich habe nun bereit
Mein goͤttlich amt verricht. Der dinge brunn/ die zeit
Wird von ſich ſelbſt hinfort ſchon meine flamme ſaͤmen.
Wie aber werd’ ich mich hingegen dir beqvemen?
Den zweck hab ich erlangt/ wenn/ ſagte ſie/ und fiel
Ihm zitternd um den halß/ wenn dir gefallen will/
Daß ich dein liebſtes kind/ die dir mit nichts kan dancken/
Dich einmahl kuͤſſen darff. Diß hieß der kindheit ſchrancken

Zu[m]
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[242/0286] Vermiſchte Gedichte. Es fraß diß ſuͤſſe weh mehr/ als ein nagend wurm/ Ja als der krebs um ſich. Denn dieſer donner-ſturm Der liebes-pfeile traff den Jupiter nicht minder/ Als Beerezinthien und ihre goͤtter-kinder. Ja auch das ſtumme vieh/ das wild/ das gleich der pfeil Dianens ſonſt nicht traff/ empfand den liebes-keil/ Was durch die lufft/ durch meer und ſtroͤhme pflegt zu ſchwimmen Fieng voll von liebes-glut/ und hertzens-loh zu glimmen; Die qvelle brannten ſelbſt/ die fluͤſſe wurden heiß/ Und diß/ was ſonſten gleich den brand zu leſchen weiß. Denn als die Ziprie den thier-kreyß rings ummeſſen/ Sprach ſie/ wir muͤſſen auch der mutter nicht vergeſſen/ Und ihrer Najaden. Damit ſo ſaͤnckte ſie Den wagen auff die ſee/ ſo durch kein holtz noch nie Der Thyfis war bepfluͤgt/ den Colchos ſo geprieſen; Des Zephyrs ſaͤuſſeln trieb durch die geſaltznen wieſen Diß neue muſchel-ſchiff. Cupido ließ voran Die ſchwanen ſchwimmen fort. Er ſelbſt war ſteuer-mann/ Sein goͤldner bogen war der ancker/ ſeine pfeile Die ruͤder/ ſeine ſehn’ und ſtricke waren ſeile. Zum ſeegel brauchete die ſchuͤrtze dieſes kind/ Und mit der flatterung der fluͤgel macht es wind. Sie aber/ Ziprie/ die mutter aller zierden/ Die ſchoͤnheits-goͤttin ſchwang die fackel der begierden Und ſchuͤttete den plitz/ den ſchwefel ihrer luſt/ Die flammen ihrer brunſt in Nereus kalte bruſt/ Und in ſein ſchuppen-vieh/ die lichten liebes-funcken/ Als ſtrahlen ihrer huld. Die gantze welt lag truncken In liebe; hertz und ſchmertz war eines. Kein galen Vermochte ſelber nicht der ſeuche zu entgehn. Als nun die gantze welt in liebe lag gefangen/ Zog Azidalie mit groſſen ſieges-prangen Den ſternen wieder zu/ und trat den lichten plitz Dem vater wieder ab. Der gleichfalls einen ritz In ſeine bruſt empfing. Hier/ ſprach ſie/ ſind die keile/ Du groſſer goͤtter-printz/ die du nur eine weile Zu brauchen haſt vergoͤnt. Ich habe nun bereit Mein goͤttlich amt verricht. Der dinge brunn/ die zeit Wird von ſich ſelbſt hinfort ſchon meine flamme ſaͤmen. Wie aber werd’ ich mich hingegen dir beqvemen? Den zweck hab ich erlangt/ wenn/ ſagte ſie/ und fiel Ihm zitternd um den halß/ wenn dir gefallen will/ Daß ich dein liebſtes kind/ die dir mit nichts kan dancken/ Dich einmahl kuͤſſen darff. Diß hieß der kindheit ſchrancken Zum

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/286>, abgerufen am 25.11.2024.