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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Nicht aber folgt/ daß ich nicht zu erleschen bin.
Ich will die flügel zwar des plitzes schicken hin/
Wie weit die sonne kan die blauen hügel röthen;
Mein plitz soll aber wohl nicht eine seele tödten/
Die nicht den tod selbst wünscht. Die wunden/ die mein pfeil
Soll schneiden in das hertz/ wird der verwundten heil/
Der krancken artzney seyn; du selber wirst begehren/
Daß/ vater/ ich auff dich soll meine köcher leeren.
Mein plitz wird ohne noth/ mein donnern voller lust/
Mein schmertzen wollust seyn; mein ziel ist eine brust/
Nicht eines riesen kopff. So sey dirs denn verliehen/
Daß dir nach wunsch/ sprach er/ der lichte plitz soll glüen/
Es mag dein zarter arm nun lassen feuer schneyn/
Dein mund den donner sturm. Hiermit räumt er ihr ein
Die schwartze wolcken-burg/ sammt allen zorn-sturms-waffen/
Durch die Enceladus geschwister seine straffen
Für seinen hochmuth kriegt. Die göttin aber trat
Diß neue donner-werck mit wohlbedachtem rath
Und ernsten eyfer an; denn bald ließ sie die strahlen
Des göttlichen gesichts/ die erden-kugel mahlen/
Und rieff den lauen west/ als sie ihn durch die lufft
So sanffte sahe spieln ans Lielibenens klufft/
Nechst ihr gestirntes zelt; Geh/ rieff sie/ heb die flügel/
Du lentzens vater auff/ fleuch über thal und hügel/
Fleuch/ fleuch/ und sammle mir in deine purpur-schürtz
Aus Nebatheen gold/ Pachaniens gewürtz/
Hydaspischen geruch/ aus Sapphar weyrauch-körner/
Aus Hyblens kräuter brust/ von rosen schwere dörner/
Von allen gräfern thau/ aus allen reben safft/
Den geist aus dem metall/ und aller kräuter krafft.
Der zephyr segelte durch die zertheilten lüffte/
Nach Paphiens befehl/ und suchte berg und krüffte
Der holen erden durch; denn kehrt er seinen flug
Den himmel wieder zu. In seiner schürtze trug
Er aller kräuter art; die nassen federn troffen
Voll balsam und voll thaus. Ja er bracht über hoffen
Mehr/ als ihr wunsch erst war/ und sie von anfang bat/
So viel/ als ost und west/ und süd und nord kaum hat.
Die göttin aber zog aus diesen sachen allen
Ein köstlich wasser aus/ und schloß es in crystallen
Vermischt mit nectar ein. Ja/ sie ließ selbst dabey
Viel fremder künste stehn/ und neue zauberey.
Nach diesem splitterte sie die geborgten keile
Mit eigner hand entzwey/ und schärffte sie/ wie pfeile.

Dar

Vermiſchte Gedichte.
Nicht aber folgt/ daß ich nicht zu erleſchen bin.
Ich will die fluͤgel zwar des plitzes ſchicken hin/
Wie weit die ſonne kan die blauen huͤgel roͤthen;
Mein plitz ſoll aber wohl nicht eine ſeele toͤdten/
Die nicht den tod ſelbſt wuͤnſcht. Die wunden/ die mein pfeil
Soll ſchneiden in das hertz/ wird der verwundten heil/
Der krancken artzney ſeyn; du ſelber wirſt begehren/
Daß/ vater/ ich auff dich ſoll meine koͤcher leeren.
Mein plitz wird ohne noth/ mein donnern voller luſt/
Mein ſchmertzen wolluſt ſeyn; mein ziel iſt eine bruſt/
Nicht eines rieſen kopff. So ſey dirs denn verliehen/
Daß dir nach wunſch/ ſprach er/ der lichte plitz ſoll gluͤen/
Es mag dein zarter arm nun laſſen feuer ſchneyn/
Dein mund den donner ſturm. Hiermit raͤumt er ihr ein
Die ſchwartze wolcken-burg/ ſammt allen zorn-ſturms-waffen/
Durch die Enceladus geſchwiſter ſeine ſtraffen
Fuͤr ſeinen hochmuth kriegt. Die goͤttin aber trat
Diß neue donner-werck mit wohlbedachtem rath
Und ernſten eyfer an; denn bald ließ ſie die ſtrahlen
Des goͤttlichen geſichts/ die erden-kugel mahlen/
Und rieff den lauen weſt/ als ſie ihn durch die lufft
So ſanffte ſahe ſpieln ans Lielibenens klufft/
Nechſt ihr geſtirntes zelt; Geh/ rieff ſie/ heb die fluͤgel/
Du lentzens vater auff/ fleuch uͤber thal und huͤgel/
Fleuch/ fleuch/ und ſammle mir in deine purpur-ſchuͤrtz
Aus Nebatheen gold/ Pachaniens gewuͤrtz/
Hydaſpiſchen geruch/ aus Sapphar weyrauch-koͤrner/
Aus Hyblens kraͤuter bruſt/ von roſen ſchwere doͤrner/
Von allen graͤfern thau/ aus allen reben ſafft/
Den geiſt aus dem metall/ und aller kraͤuter krafft.
Der zephyr ſegelte durch die zertheilten luͤffte/
Nach Paphiens befehl/ und ſuchte berg und kruͤffte
Der holen erden durch; denn kehrt er ſeinen flug
Den himmel wieder zu. In ſeiner ſchuͤrtze trug
Er aller kraͤuter art; die naſſen federn troffen
Voll balſam und voll thaus. Ja er bracht uͤber hoffen
Mehr/ als ihr wunſch erſt war/ und ſie von anfang bat/
So viel/ als oſt und weſt/ und ſuͤd und nord kaum hat.
Die goͤttin aber zog aus dieſen ſachen allen
Ein koͤſtlich waſſer aus/ und ſchloß es in cryſtallen
Vermiſcht mit nectar ein. Ja/ ſie ließ ſelbſt dabey
Viel fremder kuͤnſte ſtehn/ und neue zauberey.
Nach dieſem ſplitterte ſie die geborgten keile
Mit eigner hand entzwey/ und ſchaͤrffte ſie/ wie pfeile.

Dar
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[239/0283] Vermiſchte Gedichte. Nicht aber folgt/ daß ich nicht zu erleſchen bin. Ich will die fluͤgel zwar des plitzes ſchicken hin/ Wie weit die ſonne kan die blauen huͤgel roͤthen; Mein plitz ſoll aber wohl nicht eine ſeele toͤdten/ Die nicht den tod ſelbſt wuͤnſcht. Die wunden/ die mein pfeil Soll ſchneiden in das hertz/ wird der verwundten heil/ Der krancken artzney ſeyn; du ſelber wirſt begehren/ Daß/ vater/ ich auff dich ſoll meine koͤcher leeren. Mein plitz wird ohne noth/ mein donnern voller luſt/ Mein ſchmertzen wolluſt ſeyn; mein ziel iſt eine bruſt/ Nicht eines rieſen kopff. So ſey dirs denn verliehen/ Daß dir nach wunſch/ ſprach er/ der lichte plitz ſoll gluͤen/ Es mag dein zarter arm nun laſſen feuer ſchneyn/ Dein mund den donner ſturm. Hiermit raͤumt er ihr ein Die ſchwartze wolcken-burg/ ſammt allen zorn-ſturms-waffen/ Durch die Enceladus geſchwiſter ſeine ſtraffen Fuͤr ſeinen hochmuth kriegt. Die goͤttin aber trat Diß neue donner-werck mit wohlbedachtem rath Und ernſten eyfer an; denn bald ließ ſie die ſtrahlen Des goͤttlichen geſichts/ die erden-kugel mahlen/ Und rieff den lauen weſt/ als ſie ihn durch die lufft So ſanffte ſahe ſpieln ans Lielibenens klufft/ Nechſt ihr geſtirntes zelt; Geh/ rieff ſie/ heb die fluͤgel/ Du lentzens vater auff/ fleuch uͤber thal und huͤgel/ Fleuch/ fleuch/ und ſammle mir in deine purpur-ſchuͤrtz Aus Nebatheen gold/ Pachaniens gewuͤrtz/ Hydaſpiſchen geruch/ aus Sapphar weyrauch-koͤrner/ Aus Hyblens kraͤuter bruſt/ von roſen ſchwere doͤrner/ Von allen graͤfern thau/ aus allen reben ſafft/ Den geiſt aus dem metall/ und aller kraͤuter krafft. Der zephyr ſegelte durch die zertheilten luͤffte/ Nach Paphiens befehl/ und ſuchte berg und kruͤffte Der holen erden durch; denn kehrt er ſeinen flug Den himmel wieder zu. In ſeiner ſchuͤrtze trug Er aller kraͤuter art; die naſſen federn troffen Voll balſam und voll thaus. Ja er bracht uͤber hoffen Mehr/ als ihr wunſch erſt war/ und ſie von anfang bat/ So viel/ als oſt und weſt/ und ſuͤd und nord kaum hat. Die goͤttin aber zog aus dieſen ſachen allen Ein koͤſtlich waſſer aus/ und ſchloß es in cryſtallen Vermiſcht mit nectar ein. Ja/ ſie ließ ſelbſt dabey Viel fremder kuͤnſte ſtehn/ und neue zauberey. Nach dieſem ſplitterte ſie die geborgten keile Mit eigner hand entzwey/ und ſchaͤrffte ſie/ wie pfeile. Dar

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/283>, abgerufen am 09.05.2024.