Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Vorrede. sententien/ gleichnissen/ und hohen erfindungensich höchst-glücklich erwiesen. Seine Tragoedien sind von den besten. Seine geistliche gedancken voller krafft/ und seine begräbniß-gedichte unvergleich- lich. In seinem Arminius aber hat er sich als einen rechten Poeten erwiesen/ und so viel artige/ kur- tze und geist-volle dinge ersonnen/ daß wir uns nicht schämen dürffen/ dieselbigen allen heutigen Fran- tzosen entgegen zusetzen. Ich weiß wohl/ daß die wenigsten ihnen die mühe nehmen/ dieses herrliche buch durchzulesen. Darum werde ich hoffentlich nicht unrecht thun/ wenn ich einige sinn-gedichte allhier zum exempel anführe/ um denenjenigen/ welche die Deutschen so hoher gedancken unfähig achten/ dadurch die augen zu öffnen. Part. 1. p. 243. hat er über die Olympia/ welche zu bewahrung [i]h- rer keuschheit den Armenischen König Artabaces und sich selbst erstach/ folgende gedancken: Heb Rom Lucretien biß an das stern-gerüste! Weil sie in adern-brunn den kalten stahl gesteckt/ Nachdem sie vom Tarqvin durch ehbruch war befleckt/ Hier dringt ein reiner dolch durch unbefleckte brüste. Lucretia ließ zu vorher die schnöden lüste. Olympia hat nichts von geiler brunst geschmeckt/ Die ihren helden-arm zu strenger rach ausstreckt/ Ch/ als zum ersten mahl sie Artabazes küßte. Lucretia verschrenckt dem schänder nur den thron; Hier büßt der fürsatz ein lust/ ehre/ leben/ kron. Die nachwelt wird gestehn/ die beyder bild wird sehen; Gold/ ertzt und marmol sey Olympien zu schlecht/ Lucretzen holtz zu gut; Lucretzen sey nur recht/ Olympien zu viel durch ihren stich geschehen. Uber b 4
Vorrede. ſententien/ gleichniſſen/ und hohen erfindungenſich hoͤchſt-gluͤcklich erwieſen. Seine Tragœdien ſind von den beſten. Seine geiſtliche gedancken voller krafft/ uñ ſeine begraͤbniß-gedichte unvergleich- lich. In ſeinem Arminius aber hat er ſich als einen rechten Poeten erwieſen/ und ſo viel artige/ kur- tze und geiſt-volle dinge erſonnen/ daß wir uns nicht ſchaͤmen duͤrffen/ dieſelbigen allen heutigen Fran- tzoſen entgegen zuſetzen. Ich weiß wohl/ daß die wenigſten ihnen die muͤhe nehmen/ dieſes herrliche buch durchzuleſen. Darum werde ich hoffentlich nicht unrecht thun/ wenn ich einige ſinn-gedichte allhier zum exempel anfuͤhre/ um denenjenigen/ welche die Deutſchen ſo hoher gedancken unfaͤhig achten/ dadurch die augen zu oͤffnen. Part. 1. p. 243. hat er uͤber die Olympia/ welche zu bewahrung [i]h- rer keuſchheit den Armeniſchen Koͤnig Artabaces und ſich ſelbſt erſtach/ folgende gedancken: Heb Rom Lucretien biß an das ſtern-geruͤſte! Weil ſie in adern-brunn den kalten ſtahl geſteckt/ Nachdem ſie vom Tarqvin durch ehbruch war befleckt/ Hier dringt ein reiner dolch durch unbefleckte bruͤſte. Lucretia ließ zu vorher die ſchnoͤden luͤſte. Olympia hat nichts von geiler brunſt geſchmeckt/ Die ihren helden-arm zu ſtrenger rach ausſtreckt/ Ch/ als zum erſten mahl ſie Artabazes kuͤßte. Lucretia verſchrenckt dem ſchaͤnder nur den thron; Hier buͤßt der fuͤrſatz ein luſt/ ehre/ leben/ kron. Die nachwelt wird geſtehn/ die beyder bild wird ſehen; Gold/ ertzt und marmol ſey Olympien zu ſchlecht/ Lucretzen holtz zu gut; Lucretzen ſey nur recht/ Olympien zu viel durch ihren ſtich geſchehen. Uber b 4
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Vorrede.
ſententien/ gleichniſſen/ und hohen erfindungen
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voller krafft/ uñ ſeine begraͤbniß-gedichte unvergleich-
lich. In ſeinem Arminius aber hat er ſich als einen
rechten Poeten erwieſen/ und ſo viel artige/ kur-
tze und geiſt-volle dinge erſonnen/ daß wir uns nicht
ſchaͤmen duͤrffen/ dieſelbigen allen heutigen Fran-
tzoſen entgegen zuſetzen. Ich weiß wohl/ daß die
wenigſten ihnen die muͤhe nehmen/ dieſes herrliche
buch durchzuleſen. Darum werde ich hoffentlich
nicht unrecht thun/ wenn ich einige ſinn-gedichte
allhier zum exempel anfuͤhre/ um denenjenigen/
welche die Deutſchen ſo hoher gedancken unfaͤhig
achten/ dadurch die augen zu oͤffnen. Part. 1. p. 243.
hat er uͤber die Olympia/ welche zu bewahrung ih-
rer keuſchheit den Armeniſchen Koͤnig Artabaces
und ſich ſelbſt erſtach/ folgende gedancken:
Heb Rom Lucretien biß an das ſtern-geruͤſte!
Weil ſie in adern-brunn den kalten ſtahl geſteckt/
Nachdem ſie vom Tarqvin durch ehbruch war befleckt/
Hier dringt ein reiner dolch durch unbefleckte bruͤſte.
Lucretia ließ zu vorher die ſchnoͤden luͤſte.
Olympia hat nichts von geiler brunſt geſchmeckt/
Die ihren helden-arm zu ſtrenger rach ausſtreckt/
Ch/ als zum erſten mahl ſie Artabazes kuͤßte.
Lucretia verſchrenckt dem ſchaͤnder nur den thron;
Hier buͤßt der fuͤrſatz ein luſt/ ehre/ leben/ kron.
Die nachwelt wird geſtehn/ die beyder bild wird ſehen;
Gold/ ertzt und marmol ſey Olympien zu ſchlecht/
Lucretzen holtz zu gut; Lucretzen ſey nur recht/
Olympien zu viel durch ihren ſtich geſchehen.
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Zitationshilfe: | Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/27>, abgerufen am 23.07.2024. |