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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Aus zunder reiner lieb entsprang mein erstes kraut/
Und eine staud umschloß den schönen Cyparissen/
Drauff ließ mein buhler thau und endlich thränen fliessen
Biß daß er solchen strauch in solcher bl[ü]te schaut.
Und daß ich eingedenck des ursprungs ewig bliebe/
So trag ich einig nur zu gräbern meine liebe.
Narciß.
Ein brunn hat mir den tod durch einen spiegel bracht.
Nein/ meine schönheit ist mein todten-gräber worden:
Das auge müst das hertz/ das hertz die seel ermorden.
Ich schönster von der welt/ bin jämmerlich verschmacht/
Als mein holdselig bild ich brünstig angelacht/
Verflog mein westen wind in einen schwartzen norden/
Nunmehr ich/ wie man sieht/ verliebter blumen orden
Und meine seuffzer sind zur süssen ruh gemacht.
Wie schön mein rother mund und mein gesicht gewesen/
Bezeugt der purpur-krantz/ der meine stengel ziert:
Man kan die jungferschafft auff weissen blättern lesen/
Und daß mein reiner geist nichts als sich selbst berührt.
Die braut war mein gesicht/ der braut-schmuck meine zierde/
Das weiche hochzeit-bett ein hertz voller begierde.
Hyacinth.
Der sonnen liebster sohn/ holdselig von gestalt/
Und zarter jahre lentz ist auff dem spiel geblieben:
Ein eintzig wurff zerstieß das ewig treue lieben.
Ich schöne Hyacinth ward augenblicklich kalt.
Und ob mein liebster zwar in heisser liebs-gewalt
Mich tausendmal geküst/ und mund auff mund gerieben/
So muste doch der geist hin in die lufft verstieben.
Der Phöbus nahms in acht/ und änderte mich bald.
Er sprach: mein trost und licht! du solt noch weiter schimmern/
Ich gebe dir ein kleid/ als wie mein himmel trägt/
Die hochverpflichte gunst bleibt bey dir unbewegt.
Wachs/ edle blume/ wachs in Cloris holden zimmern!
Mein gnaden-auge soll dich unabläßlich sehn/
Der west wird lebhafft warm um deine stengel wehn.
Rose.
Welch irrlicht/ thörichte! führt euch auff diesen wahn/
Daß ihr um vorder recht aus übermuth wolt gleichen?
Es darff kein Paris euch den göldnen apffel reichen/
Denn alle welt beut mir ja kron und inful an.
Die
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Vermiſchte Gedichte.
Aus zunder reiner lieb entſprang mein erſtes kraut/
Und eine ſtaud umſchloß den ſchoͤnen Cypariſſen/
Drauff ließ mein buhler thau und endlich thraͤnen flieſſen
Biß daß er ſolchen ſtrauch in ſolcher bl[uͤ]te ſchaut.
Und daß ich eingedenck des urſprungs ewig bliebe/
So trag ich einig nur zu graͤbern meine liebe.
Narciß.
Ein brunn hat mir den tod durch einen ſpiegel bracht.
Nein/ meine ſchoͤnheit iſt mein todten-graͤber worden:
Das auge muͤſt das hertz/ das hertz die ſeel ermorden.
Ich ſchoͤnſter von der welt/ bin jaͤmmerlich verſchmacht/
Als mein holdſelig bild ich bruͤnſtig angelacht/
Verflog mein weſten wind in einen ſchwartzen norden/
Nunmehr ich/ wie man ſieht/ verliebter blumen orden
Und meine ſeuffzer ſind zur ſuͤſſen ruh gemacht.
Wie ſchoͤn mein rother mund und mein geſicht geweſen/
Bezeugt der purpur-krantz/ der meine ſtengel ziert:
Man kan die jungferſchafft auff weiſſen blaͤttern leſen/
Und daß mein reiner geiſt nichts als ſich ſelbſt beruͤhrt.
Die braut war mein geſicht/ der braut-ſchmuck meine zierde/
Das weiche hochzeit-bett ein hertz voller begierde.
Hyacinth.
Der ſonnen liebſter ſohn/ holdſelig von geſtalt/
Und zarter jahre lentz iſt auff dem ſpiel geblieben:
Ein eintzig wurff zerſtieß das ewig treue lieben.
Ich ſchoͤne Hyacinth ward augenblicklich kalt.
Und ob mein liebſter zwar in heiſſer liebs-gewalt
Mich tauſendmal gekuͤſt/ und mund auff mund gerieben/
So muſte doch der geiſt hin in die lufft verſtieben.
Der Phoͤbus nahms in acht/ und aͤnderte mich bald.
Er ſprach: mein troſt und licht! du ſolt noch weiter ſchimmern/
Ich gebe dir ein kleid/ als wie mein himmel traͤgt/
Die hochverpflichte gunſt bleibt bey dir unbewegt.
Wachs/ edle blume/ wachs in Cloris holden zimmern!
Mein gnaden-auge ſoll dich unablaͤßlich ſehn/
Der weſt wird lebhafft warm um deine ſtengel wehn.
Roſe.
Welch irrlicht/ thoͤrichte! fuͤhrt euch auff dieſen wahn/
Daß ihr um vorder recht aus uͤbermuth wolt gleichen?
Es darff kein Paris euch den goͤldnen apffel reichen/
Denn alle welt beut mir ja kron und inful an.
Die
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[225/0269] Vermiſchte Gedichte. Aus zunder reiner lieb entſprang mein erſtes kraut/ Und eine ſtaud umſchloß den ſchoͤnen Cypariſſen/ Drauff ließ mein buhler thau und endlich thraͤnen flieſſen Biß daß er ſolchen ſtrauch in ſolcher bluͤte ſchaut. Und daß ich eingedenck des urſprungs ewig bliebe/ So trag ich einig nur zu graͤbern meine liebe. Narciß. Ein brunn hat mir den tod durch einen ſpiegel bracht. Nein/ meine ſchoͤnheit iſt mein todten-graͤber worden: Das auge muͤſt das hertz/ das hertz die ſeel ermorden. Ich ſchoͤnſter von der welt/ bin jaͤmmerlich verſchmacht/ Als mein holdſelig bild ich bruͤnſtig angelacht/ Verflog mein weſten wind in einen ſchwartzen norden/ Nunmehr ich/ wie man ſieht/ verliebter blumen orden Und meine ſeuffzer ſind zur ſuͤſſen ruh gemacht. Wie ſchoͤn mein rother mund und mein geſicht geweſen/ Bezeugt der purpur-krantz/ der meine ſtengel ziert: Man kan die jungferſchafft auff weiſſen blaͤttern leſen/ Und daß mein reiner geiſt nichts als ſich ſelbſt beruͤhrt. Die braut war mein geſicht/ der braut-ſchmuck meine zierde/ Das weiche hochzeit-bett ein hertz voller begierde. Hyacinth. Der ſonnen liebſter ſohn/ holdſelig von geſtalt/ Und zarter jahre lentz iſt auff dem ſpiel geblieben: Ein eintzig wurff zerſtieß das ewig treue lieben. Ich ſchoͤne Hyacinth ward augenblicklich kalt. Und ob mein liebſter zwar in heiſſer liebs-gewalt Mich tauſendmal gekuͤſt/ und mund auff mund gerieben/ So muſte doch der geiſt hin in die lufft verſtieben. Der Phoͤbus nahms in acht/ und aͤnderte mich bald. Er ſprach: mein troſt und licht! du ſolt noch weiter ſchimmern/ Ich gebe dir ein kleid/ als wie mein himmel traͤgt/ Die hochverpflichte gunſt bleibt bey dir unbewegt. Wachs/ edle blume/ wachs in Cloris holden zimmern! Mein gnaden-auge ſoll dich unablaͤßlich ſehn/ Der weſt wird lebhafft warm um deine ſtengel wehn. Roſe. Welch irrlicht/ thoͤrichte! fuͤhrt euch auff dieſen wahn/ Daß ihr um vorder recht aus uͤbermuth wolt gleichen? Es darff kein Paris euch den goͤldnen apffel reichen/ Denn alle welt beut mir ja kron und inful an. Die P

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/269>, abgerufen am 25.11.2024.