Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Vermischte Gedichte. Rothe lippen. Die seelen pflegen hier zusammenkunfft zu haben/ Und speisen sich mit lust durch süssen honigseim: Hier pflantzet die natur den reichthum ihrer gaben/ Und Venus kocht allhier den allerbesten leim. Ein tropffen recht gebraucht/ leimt geist und geist zusammen; Thut nun der leim zuschlecht des mundes kräffte kund/ Und zeiget nicht genung die funcken meiner flammen/ So küsse man alsbald doch einen schönen mund. Weisse brüste. Diß/ was ihr itzt gerühmt/ das findt ihr hier begraben; Des himmels rundes bild/ der rosen lieblichkeit/ Des frühlings bunte lust/ des sommers süsse gaben/ Die sind mit reicher hand hier kräfftig eingestreut. Der brand-befreyte schnee kan felsen selbst entzünden/ Und unsre blumen tilgt kein heisser sonnenschein; Cupido wird sich uns zu loben unterwinden/ Die feder wird sein pfe[i]l/ wir werden blätter seyn. Auff den einzug tit. Herrn Abraham von Stosch in Groß-Tschirnau. ROm ehre den August mit tausend wunder-bogen/ Pariß erhebe sich durch seinen Ludewig; Wir streiten/ grosser Stosch mit beyden um den sieg/ Nachdem du wiederum in Tschirnau eingezogen. Denn ihre pracht bestund in marmol und porphir/ Hier aber opffern sich die hertzen selber dir. Ach strahle/ wie du pflegst/ auch mit geneigten augen Diß liebes-volle pfand vor deinen füssen an! Denn endlich bricht der stein wie mürber porcellan/ Aus büchern kan die zeit die dinte wieder saugen/ Und wo man vor den ruhm Pompejus ließ erhöh'n/ Da sieht man heute nichts als trübes wasser stehn; Was
Vermiſchte Gedichte. Rothe lippen. Die ſeelen pflegen hier zuſammenkunfft zu haben/ Und ſpeiſen ſich mit luſt durch ſuͤſſen honigſeim: Hier pflantzet die natur den reichthum ihrer gaben/ Und Venus kocht allhier den allerbeſten leim. Ein tropffen recht gebraucht/ leimt geiſt und geiſt zuſammen; Thut nun der leim zuſchlecht des mundes kraͤffte kund/ Und zeiget nicht genung die funcken meiner flammen/ So kuͤſſe man alsbald doch einen ſchoͤnen mund. Weiſſe bruͤſte. Diß/ was ihr itzt geruͤhmt/ das findt ihr hier begraben; Des himmels rundes bild/ der roſen lieblichkeit/ Des fruͤhlings bunte luſt/ des ſommers ſuͤſſe gaben/ Die ſind mit reicher hand hier kraͤfftig eingeſtreut. Der brand-befreyte ſchnee kan felſen ſelbſt entzuͤnden/ Und unſre blumen tilgt kein heiſſer ſonnenſchein; Cupido wird ſich uns zu loben unterwinden/ Die feder wird ſein pfe[i]l/ wir werden blaͤtter ſeyn. Auff den einzug tit. Herrn Abraham von Stoſch in Groß-Tſchirnau. ROm ehre den Auguſt mit tauſend wunder-bogen/ Pariß erhebe ſich durch ſeinen Ludewig; Wir ſtreiten/ groſſer Stoſch mit beyden um den ſieg/ Nachdem du wiederum in Tſchirnau eingezogen. Denn ihre pracht beſtund in marmol und porphir/ Hier aber opffern ſich die hertzen ſelber dir. Ach ſtrahle/ wie du pflegſt/ auch mit geneigten augen Diß liebes-volle pfand vor deinen fuͤſſen an! Denn endlich bricht der ſtein wie muͤrber porcellan/ Aus buͤchern kan die zeit die dinte wieder ſaugen/ Und wo man vor den ruhm Pompejus ließ erhoͤh’n/ Da ſieht man heute nichts als truͤbes waſſer ſtehn; Was
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div n="1"> <sp who="#schwaAuge"> <pb facs="#f0256" n="212"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Vermiſchte Gedichte.</hi> </fw><lb/> </sp><lb/> <sp who="#rotLippe"> <speaker> <hi rendition="#fr">Rothe lippen.</hi> </speaker><lb/> <lg type="poem"> <l>Die ſeelen pflegen hier zuſammenkunfft zu haben/</l><lb/> <l>Und ſpeiſen ſich mit luſt durch ſuͤſſen honigſeim:</l><lb/> <l>Hier pflantzet die natur den reichthum ihrer gaben/</l><lb/> <l>Und Venus kocht allhier den allerbeſten leim.</l><lb/> <l>Ein tropffen recht gebraucht/ leimt geiſt und geiſt zuſammen;</l><lb/> <l>Thut nun der leim zuſchlecht des mundes kraͤffte kund/</l><lb/> <l>Und zeiget nicht genung die funcken meiner flammen/</l><lb/> <l>So kuͤſſe man alsbald doch einen ſchoͤnen mund.</l> </lg><lb/> </sp><lb/> <sp who="#weissBrust"> <speaker> <hi rendition="#fr">Weiſſe bruͤſte.</hi> </speaker><lb/> <lg type="poem"> <l>Diß/ was ihr itzt geruͤhmt/ das findt ihr hier begraben;</l><lb/> <l>Des himmels rundes bild/ der roſen lieblichkeit/</l><lb/> <l>Des fruͤhlings bunte luſt/ des ſommers ſuͤſſe gaben/</l><lb/> <l>Die ſind mit reicher hand hier kraͤfftig eingeſtreut.</l><lb/> <l>Der brand-befreyte ſchnee kan felſen ſelbſt entzuͤnden/</l><lb/> <l>Und unſre blumen tilgt kein heiſſer ſonnenſchein;</l><lb/> <l>Cupido wird ſich uns zu loben unterwinden/</l><lb/> <l>Die feder wird ſein pfe<supplied>i</supplied>l/ wir werden blaͤtter ſeyn.</l> </lg> </sp> </div> </body> </floatingText><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#b">Auff den einzug tit. Herrn Abraham</hi><lb/> von Stoſch in Groß-Tſchirnau.</head><lb/> <byline> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Im namen des Raths.</hi> </hi> </byline><lb/> <byline> <hi rendition="#c">B. N.</hi> </byline><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">R</hi>Om ehre den Auguſt mit tauſend wunder-bogen/</l><lb/> <l>Pariß erhebe ſich durch ſeinen Ludewig;</l><lb/> <l>Wir ſtreiten/ groſſer Stoſch mit beyden um den ſieg/</l><lb/> <l>Nachdem du wiederum in Tſchirnau eingezogen.</l><lb/> <l>Denn ihre pracht beſtund in marmol und porphir/</l><lb/> <l>Hier aber opffern ſich die hertzen ſelber dir.</l><lb/> <l>Ach ſtrahle/ wie du pflegſt/ auch mit geneigten augen</l><lb/> <l>Diß liebes-volle pfand vor deinen fuͤſſen an!</l><lb/> <l>Denn endlich bricht der ſtein wie muͤrber porcellan/</l><lb/> <l>Aus buͤchern kan die zeit die dinte wieder ſaugen/</l><lb/> <l>Und wo man vor den ruhm Pompejus ließ erhoͤh’n/</l><lb/> <l>Da ſieht man heute nichts als truͤbes waſſer ſtehn;</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [212/0256]
Vermiſchte Gedichte.
Rothe lippen.
Die ſeelen pflegen hier zuſammenkunfft zu haben/
Und ſpeiſen ſich mit luſt durch ſuͤſſen honigſeim:
Hier pflantzet die natur den reichthum ihrer gaben/
Und Venus kocht allhier den allerbeſten leim.
Ein tropffen recht gebraucht/ leimt geiſt und geiſt zuſammen;
Thut nun der leim zuſchlecht des mundes kraͤffte kund/
Und zeiget nicht genung die funcken meiner flammen/
So kuͤſſe man alsbald doch einen ſchoͤnen mund.
Weiſſe bruͤſte.
Diß/ was ihr itzt geruͤhmt/ das findt ihr hier begraben;
Des himmels rundes bild/ der roſen lieblichkeit/
Des fruͤhlings bunte luſt/ des ſommers ſuͤſſe gaben/
Die ſind mit reicher hand hier kraͤfftig eingeſtreut.
Der brand-befreyte ſchnee kan felſen ſelbſt entzuͤnden/
Und unſre blumen tilgt kein heiſſer ſonnenſchein;
Cupido wird ſich uns zu loben unterwinden/
Die feder wird ſein pfeil/ wir werden blaͤtter ſeyn.
Auff den einzug tit. Herrn Abraham
von Stoſch in Groß-Tſchirnau.
Im namen des Raths.
B. N.
ROm ehre den Auguſt mit tauſend wunder-bogen/
Pariß erhebe ſich durch ſeinen Ludewig;
Wir ſtreiten/ groſſer Stoſch mit beyden um den ſieg/
Nachdem du wiederum in Tſchirnau eingezogen.
Denn ihre pracht beſtund in marmol und porphir/
Hier aber opffern ſich die hertzen ſelber dir.
Ach ſtrahle/ wie du pflegſt/ auch mit geneigten augen
Diß liebes-volle pfand vor deinen fuͤſſen an!
Denn endlich bricht der ſtein wie muͤrber porcellan/
Aus buͤchern kan die zeit die dinte wieder ſaugen/
Und wo man vor den ruhm Pompejus ließ erhoͤh’n/
Da ſieht man heute nichts als truͤbes waſſer ſtehn;
Was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/256 |
Zitationshilfe: | Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/256>, abgerufen am 22.07.2024. |