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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Begräbniß-Gedichte.
So sah ihr geist hierauff auch GOtt und himmel an/
Und sprach: du feuer-brunn des ewigen verstandes/
Du dämpffst durch deinen sirahl den nebel unsers brandes/
Und kanst alleine thun/ was ich nur wollen kan.
O HErr/ erleuchte mich und lehre meine sinnen
Diß eine: daß sie dich und Christum lieb gewinnen.

In diesem stande nun fand der ergrimmte tod/
Bey seiner wiederkunfft das lager ihrer seelen;
Wie? schrie er/ weiß man hier von keiner höllen-noth/
Und herrscht der himmel noch in dieser bettel-hölen?
Verschmitzte furien/ beweiset eure that.
Was aber müh ich mich? mein wüten ist vergebens.
Ein frommer tadelt stets den zucker dieses lebens/
Der in dem hause selbst noch keine myrrhen hat:
Doch dürfft ich einmahl nur am leibe sie versuchen/
Was gilts/ sie solte GOtt in sein gesichte fluchen.
GOtt (rieff der engel drauff) hat dieses auch erlaubt.
Den augenblick verschwand das feuer ihrer glieder;
Die nerven wurden matt und ihrer krafft beraubt/
Die füsse suncken so wie schwache blumen nieder.
Und also lag nunmehr diß wunderwerck der welt/
Als wie ein marmol-fels/ in den die donner schlagen:
Gleich wie ein ceder-baum/ der/ wenn er frucht getragen/
Des abends durch den stoß der winde niederfällt.
Der tochter hatte sie durch die geburt das leben/
Ihr selber unvermerckt den halben todt gegeben.
Wer weiß/ was für ein schatz in der gesundheit steckt/
Wer von der ungedult des Polemons gelesen/
Wie er lebendig sich mit erde zugedeckt/
Womit er sterbend nur von seiner gicht genesen/
Wer glaubt/ was Heraclit/ was Chiron hat gethan/
Der kan ihm leicht ein bild von ihrem hertzen machen.
Es wanckte/ wie ein mensch auff einem engen nachen/
Den weder hand noch müh vom sturme retten kan.
Bald seufftzte sie zu GOtt/ bald ließ sie was verschreiben;
Doch beydes war umsonst/ sie muste lahm verbleiben.
Und damit stellte sich nun die verzweifflung ein/
Und bließ ihr nach und nach den kummer in die ohren:
Der himmel fragte nichts nach ihrer schweren pein/
Und hätte sie vielleicht zur straffe nur gebohren.
Den

Begraͤbniß-Gedichte.
So ſah ihr geiſt hierauff auch GOtt und himmel an/
Und ſprach: du feuer-brunn des ewigen verſtandes/
Du daͤmpffſt durch deinen ſirahl den nebel unſers brandes/
Und kanſt alleine thun/ was ich nur wollen kan.
O HErr/ erleuchte mich und lehre meine ſinnen
Diß eine: daß ſie dich und Chriſtum lieb gewinnen.

In dieſem ſtande nun fand der ergrimmte tod/
Bey ſeiner wiederkunfft das lager ihrer ſeelen;
Wie? ſchrie er/ weiß man hier von keiner hoͤllen-noth/
Und herrſcht der himmel noch in dieſer bettel-hoͤlen?
Verſchmitzte furien/ beweiſet eure that.
Was aber muͤh ich mich? mein wuͤten iſt vergebens.
Ein frommer tadelt ſtets den zucker dieſes lebens/
Der in dem hauſe ſelbſt noch keine myrrhen hat:
Doch duͤrfft ich einmahl nur am leibe ſie verſuchen/
Was gilts/ ſie ſolte GOtt in ſein geſichte fluchen.
GOtt (rieff der engel drauff) hat dieſes auch erlaubt.
Den augenblick verſchwand das feuer ihrer glieder;
Die nerven wurden matt und ihrer krafft beraubt/
Die fuͤſſe ſuncken ſo wie ſchwache blumen nieder.
Und alſo lag nunmehr diß wunderwerck der welt/
Als wie ein marmol-fels/ in den die donner ſchlagen:
Gleich wie ein ceder-baum/ der/ wenn er frucht getragen/
Des abends durch den ſtoß der winde niederfaͤllt.
Der tochter hatte ſie durch die geburt das leben/
Ihr ſelber unvermerckt den halben todt gegeben.
Wer weiß/ was fuͤr ein ſchatz in der geſundheit ſteckt/
Wer von der ungedult des Polemons geleſen/
Wie er lebendig ſich mit erde zugedeckt/
Womit er ſterbend nur von ſeiner gicht geneſen/
Wer glaubt/ was Heraclit/ was Chiron hat gethan/
Der kan ihm leicht ein bild von ihrem hertzen machen.
Es wanckte/ wie ein menſch auff einem engen nachen/
Den weder hand noch muͤh vom ſturme retten kan.
Bald ſeufftzte ſie zu GOtt/ bald ließ ſie was verſchreiben;
Doch beydes war umſonſt/ ſie muſte lahm verbleiben.
Und damit ſtellte ſich nun die verzweifflung ein/
Und bließ ihr nach und nach den kummer in die ohren:
Der himmel fragte nichts nach ihrer ſchweren pein/
Und haͤtte ſie vielleicht zur ſtraffe nur gebohren.
Den
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[141/0185] Begraͤbniß-Gedichte. So ſah ihr geiſt hierauff auch GOtt und himmel an/ Und ſprach: du feuer-brunn des ewigen verſtandes/ Du daͤmpffſt durch deinen ſirahl den nebel unſers brandes/ Und kanſt alleine thun/ was ich nur wollen kan. O HErr/ erleuchte mich und lehre meine ſinnen Diß eine: daß ſie dich und Chriſtum lieb gewinnen. In dieſem ſtande nun fand der ergrimmte tod/ Bey ſeiner wiederkunfft das lager ihrer ſeelen; Wie? ſchrie er/ weiß man hier von keiner hoͤllen-noth/ Und herrſcht der himmel noch in dieſer bettel-hoͤlen? Verſchmitzte furien/ beweiſet eure that. Was aber muͤh ich mich? mein wuͤten iſt vergebens. Ein frommer tadelt ſtets den zucker dieſes lebens/ Der in dem hauſe ſelbſt noch keine myrrhen hat: Doch duͤrfft ich einmahl nur am leibe ſie verſuchen/ Was gilts/ ſie ſolte GOtt in ſein geſichte fluchen. GOtt (rieff der engel drauff) hat dieſes auch erlaubt. Den augenblick verſchwand das feuer ihrer glieder; Die nerven wurden matt und ihrer krafft beraubt/ Die fuͤſſe ſuncken ſo wie ſchwache blumen nieder. Und alſo lag nunmehr diß wunderwerck der welt/ Als wie ein marmol-fels/ in den die donner ſchlagen: Gleich wie ein ceder-baum/ der/ wenn er frucht getragen/ Des abends durch den ſtoß der winde niederfaͤllt. Der tochter hatte ſie durch die geburt das leben/ Ihr ſelber unvermerckt den halben todt gegeben. Wer weiß/ was fuͤr ein ſchatz in der geſundheit ſteckt/ Wer von der ungedult des Polemons geleſen/ Wie er lebendig ſich mit erde zugedeckt/ Womit er ſterbend nur von ſeiner gicht geneſen/ Wer glaubt/ was Heraclit/ was Chiron hat gethan/ Der kan ihm leicht ein bild von ihrem hertzen machen. Es wanckte/ wie ein menſch auff einem engen nachen/ Den weder hand noch muͤh vom ſturme retten kan. Bald ſeufftzte ſie zu GOtt/ bald ließ ſie was verſchreiben; Doch beydes war umſonſt/ ſie muſte lahm verbleiben. Und damit ſtellte ſich nun die verzweifflung ein/ Und bließ ihr nach und nach den kummer in die ohren: Der himmel fragte nichts nach ihrer ſchweren pein/ Und haͤtte ſie vielleicht zur ſtraffe nur gebohren. Den

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/185>, abgerufen am 22.11.2024.