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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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gepocht. Baptiste, von dem nächtlichen Besuch unterrichtet, öffnete. Eiskalter Schauer überlief die Scudery, als sie an den leisen Tritten, an dem dumpfen Gemurmel wahrnahm, daß die Wächter, die den Brusson gebracht, sich in den Gängen des Hauses vertheilten.

Endlich ging leise die Thüre des Gemachs auf. Desgrais trat herein, hinter ihm Olivier Brusson, fesselfrei, in anständigen Kleidern. Hier ist, sprach Desgrais, sich ehrerbietig verneigend, hier ist Brusson, mein würdiges Fräulein, und verließ das Zimmer.

Brusson sank vor der Scudery nieder auf beide Kniee, flehend erhob er die gefalteten Hände, indem häufige Thränen ihm aus den Augen rannen.

Die Scudery schaute erblaßt, keines Wortes mächtig, auf ihn herab. Selbst bei den entstellten, ja durch Gram, durch grimmen Schmerz verzerrten Zügen strahlte der reine Ausdruck des treusten Gemüths aus dem Jünglingsantlitz. Je länger die Scudery ihre Augen auf Brusson's Gesicht ruhen ließ, desto lebhafter trat die Erinnerung an irgend eine geliebte Person hervor, auf die sie sich nur nicht deutlich zu besinnen vermochte. Alle Schauer wichen von ihr, sie vergaß, daß Cardillac's Mörder vor ihr kniee, sie sprach mit dem unmuthigen Ton des ruhigen Wohlwollens, der ihr eigen: Nun, Brusson, was habt Ihr mir zu sagen? Dieser, noch immer knieend, seufzte auf vor tiefer inbrünstiger Wehmuth und sprach dann: O mein würdiges, mein hochverehrtes Fräulein, ist denn jede Spur der Erinnerung an mich verflogen?

gepocht. Baptiste, von dem nächtlichen Besuch unterrichtet, öffnete. Eiskalter Schauer überlief die Scudery, als sie an den leisen Tritten, an dem dumpfen Gemurmel wahrnahm, daß die Wächter, die den Brusson gebracht, sich in den Gängen des Hauses vertheilten.

Endlich ging leise die Thüre des Gemachs auf. Desgrais trat herein, hinter ihm Olivier Brusson, fesselfrei, in anständigen Kleidern. Hier ist, sprach Desgrais, sich ehrerbietig verneigend, hier ist Brusson, mein würdiges Fräulein, und verließ das Zimmer.

Brusson sank vor der Scudery nieder auf beide Kniee, flehend erhob er die gefalteten Hände, indem häufige Thränen ihm aus den Augen rannen.

Die Scudery schaute erblaßt, keines Wortes mächtig, auf ihn herab. Selbst bei den entstellten, ja durch Gram, durch grimmen Schmerz verzerrten Zügen strahlte der reine Ausdruck des treusten Gemüths aus dem Jünglingsantlitz. Je länger die Scudery ihre Augen auf Brusson's Gesicht ruhen ließ, desto lebhafter trat die Erinnerung an irgend eine geliebte Person hervor, auf die sie sich nur nicht deutlich zu besinnen vermochte. Alle Schauer wichen von ihr, sie vergaß, daß Cardillac's Mörder vor ihr kniee, sie sprach mit dem unmuthigen Ton des ruhigen Wohlwollens, der ihr eigen: Nun, Brusson, was habt Ihr mir zu sagen? Dieser, noch immer knieend, seufzte auf vor tiefer inbrünstiger Wehmuth und sprach dann: O mein würdiges, mein hochverehrtes Fräulein, ist denn jede Spur der Erinnerung an mich verflogen?

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[0069] gepocht. Baptiste, von dem nächtlichen Besuch unterrichtet, öffnete. Eiskalter Schauer überlief die Scudery, als sie an den leisen Tritten, an dem dumpfen Gemurmel wahrnahm, daß die Wächter, die den Brusson gebracht, sich in den Gängen des Hauses vertheilten. Endlich ging leise die Thüre des Gemachs auf. Desgrais trat herein, hinter ihm Olivier Brusson, fesselfrei, in anständigen Kleidern. Hier ist, sprach Desgrais, sich ehrerbietig verneigend, hier ist Brusson, mein würdiges Fräulein, und verließ das Zimmer. Brusson sank vor der Scudery nieder auf beide Kniee, flehend erhob er die gefalteten Hände, indem häufige Thränen ihm aus den Augen rannen. Die Scudery schaute erblaßt, keines Wortes mächtig, auf ihn herab. Selbst bei den entstellten, ja durch Gram, durch grimmen Schmerz verzerrten Zügen strahlte der reine Ausdruck des treusten Gemüths aus dem Jünglingsantlitz. Je länger die Scudery ihre Augen auf Brusson's Gesicht ruhen ließ, desto lebhafter trat die Erinnerung an irgend eine geliebte Person hervor, auf die sie sich nur nicht deutlich zu besinnen vermochte. Alle Schauer wichen von ihr, sie vergaß, daß Cardillac's Mörder vor ihr kniee, sie sprach mit dem unmuthigen Ton des ruhigen Wohlwollens, der ihr eigen: Nun, Brusson, was habt Ihr mir zu sagen? Dieser, noch immer knieend, seufzte auf vor tiefer inbrünstiger Wehmuth und sprach dann: O mein würdiges, mein hochverehrtes Fräulein, ist denn jede Spur der Erinnerung an mich verflogen?

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:42:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/69>, abgerufen am 22.11.2024.